Mannheim. Erst ein vorsichtiges Hineinschauen, dann werden die Türen ganz geöffnet. Behutsam und kontrolliert gehen die Einsatzkräfte am Mittwochnachmittag im Hafen vor, als sie jenen Container öffnen, auf den seit mehr als einer Woche Mannheim schaut: Unter den Augen von Christian Specht, Erster Bürgermeister und Sicherheitsdezernent, beginnt in diesem Moment die Bergung der Fässer. „Es läuft alles nach Plan“, sagt am Abend Jens Stiegel, stellvertretender Amtsleiter Feuerwehr Mannheim, dieser Redaktion. Vom Containerinhalt gehe keine Gefahr mehr aus.
Die Einsatzkräfte der BASF-Werksfeuerwehr arbeiten sich Schritt für Schritt vor. Bei der Öffnung hätten sie einen leichten Schwefelgeruch vernommen – vielmehr habe es aber schlicht und ergreifend verbrannt gerochen. In der Mitte des Behälters, heißt es, sei die Hitze am größten gewesen. An dieser Stelle habe wohl am Dienstag vergangener Woche die chemische Reaktion stattgefunden. Je näher die Hitzequelle komme, umso weniger sei von den Fässer noch vorhanden – sie sind in der Hitze der Reaktion geschmolzen. Jene Fässer, die noch nicht geschmolzen sind, stehen offen: Entweder habe der Druck die Deckel weggeschleudert – oder die Hitze habe sie zum Platzen gebracht, schildern Einsatzkräfte.
Die Fässer triefen, weil das Löschwasser durch den beschädigten Container ins Innere gelangt ist. An den Seiten kleben unterdessen gelb-braune Brocken von elementarem Schwefel, der sich an den kühleren Innenwänden des Containers abgesetzt hat. Um den Behälter selbst sind weitere Häufchen von Schwefel verstreut.
Von Hektik keine Spur
Am Unglücksort herrscht unterdessen Stille – von Hektik ist nichts zu spüren. Beruhigend. Hin und wieder ist ein Funkspruch zu hören, ansonsten aber gibt lediglich das Piepsen des Baggers den Takt vor. Gegen 19.30 Uhr sind 15 Fässer geborgen. Wobei, sind das noch Fässer? Teilweise erinnern sie eher an von Schwefel und Asche gezeichnete gelb-braune Klumpen, die nun vorsichtig mit dem Greifarm des Baggers vom Container aus in die Luft gehoben und dann wieder auf den Boden gesetzt werden.
Ein Chemiker der Feuerwehr Mannheim erklärt, dass sich im Inneren des Containers kein Gefahrstoff mehr befinde, sondern nur noch Natriumsulfat, das auch in Waschpulver enthalten ist, und das aus der Entwicklung von Fotos bekannte Natriumthiosulfat.
Die Einsatzkräfte der BASF-Werksfeuerwehr und des Landeskriminalamts (LKA) tragen blaue und weiße Schutzanzüge. Weil es für die Atemschutzausrüstung eine Ausbildung brauche, hat das LKA Ermittler und Ermittlerinnen geschickt. So kommt es, dass sich auch der in Heddesheim wohnende LKA-Präsident Andreas Stenger am Abend auf dem Fahrrad ein Bild der Lage macht.
Immer im Blick haben die Einsatzkräfte den Container mit mehreren Messgeräten: Ein Spezialgerät mit Infrarotsensoren etwa schlägt im Ernstfall innerhalb von Zehntelsekunden Alarm. Bis gegen 22 Uhr dauert die Bergung am ersten Tag an – am Donnerstag arbeiten sich die Expertinnen und Experten weiter voran. Schritt für Schritt. Fass für Fass. Bis Freitagabend, so die Hoffnung, soll der Einsatz beendet sein.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Nach Chemieunfall im Mannheimer Jungbusch: Die Arbeit kommt erst noch