Wie sollten sich Bürgerinnen und Bürger derzeit verhalten?
Mannheim. Fenster und Türen sollen laut Stadt weiterhin geschlossen bleiben. Das teilte die Verwaltung auch am Donnerstag erneut in einer Pressemitteilung mit. „Das ist eine rein präventive Maßnahme“, betonte Erster Bürgermeister und Sicherheitsdezernent Christian Specht bereits am Mittwoch. Auch wenn ein weiterer Austritt der Chemikalie nun unwahrscheinlich sei, sollten die Bürger Fenster und Türen nicht offen stehenlassen, solange sie nicht zuhause sind. Hintergrund sei, dass im Falle einer weiteren giftigen Wolke nur eine Vorwarnzeit von zwei Minuten bestehe. Lüften und das Haus verlassen sei derzeit ohne Gefahr möglich.
Was ist im Mannheimer Hafen passiert?
Am Dienstagnachmittag gegen 15 Uhr ist ein Container mit knapp 200 Fässern Hydrosulfit im Mannheimer Hafen geborsten. Das Gefahrgut wird seit Jahrzehnten als Bleichmittel in der Textilindustrie verwendet und gilt als hochreaktiv. Dadurch kann es sich selbst entzünden. Das sei bei dem Unfall am Handelshafen passiert, erklärte Linda von dem Bussche, Leiterin Sicherheit und Umwelt bei der BASF Ludwigshafen, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. In der Folge ist zunächst eine Wolke aus Schwefeloxid und anderen Schwefelsalzen bis zu 150 Meter in die Höhe gestiegen. Insgesamt wurden 17 Personen verletzt. 35 Menschen im unmittelbaren Umfeld zum Hafen wurden evakuiert, erklärte Erster Bürgermeister Specht. Die Bevölkerung im Umkreis von bis zu 1,3 Kilometern sollte Fenster und Türen geschlossen halten, um die giftigen und ätzenden Stoffe nicht einzuatmen. Am Abend wurde gegen 18 Uhr ein Sirenenalarm ausgelöst, um Bürgerinnen und Bürger zu warnen.
Wie gefährlich war und ist die Chemikalie für die Bevölkerung?
„In niedrigen Konzentrationen ist nicht von einer Gefahr auszugehen“, erklärt von dem Bussche. Da das Schwefeloxid an der frischen Luft stark verdünnt worden sei, habe keine schwerwiegende Gefahr für die Bevölkerung bestanden. Die Verwaltung hat fünf Messwagen in der Stadt verteilt, die auch weiter die Luftqualität überwachen. Es konnten bisher keine relevanten Werte gemessen werden, erklärte Specht. Auch im Abwasser seien nur geringe und ungefährliche Mengen der Chemikalie zu finden, sagte der Sachgebietsleiter des Labors des Klärwerks, Jürgen Schönung. Auch das zur Kühlung verwendete Wasser sei als unproblematisch eingestuft worden, teilte die Mannheimer Hafengesellschaft in Berufung auf die Stadt am Donnerstag in einer Pressemitteilung mit. Weitere Austritte des Hydrosulfits könne die Feuerwehr durch die Kühlung verhindern, heißt es auch am Donnerstag weiterhin von der Feuerwehr. Während des Austretens der Rauchwolke habe zudem nie die Gefahr einer Explosion bestanden, sagte Specht.
Wie geht der Einsatz der Feuerwehr weiter?
Derzeit seien noch 15 Kräfte der Feuerwehr vor Ort im Einsatz, die die Lage unter Kontrolle halten. Am Dienstagabend seien es bis zu 150 Feuerwehrleute und 100 Polizisten gewesen. Der Einsatz werde noch weitere Tage andauern, prognostizierte die Stadt am Donnerstag. Der Container wird weiterhin gekühlt - an verschiedenen Orten im Stadtgebiet werden Luftmessungen durchgeführt, so die Stadt am Donnerstagnachmittag. Bevor der Container geöffnet werden kann, müsse die Chemikalie selbstständig unter einer Temperatur von 50 Grad Celsius bleiben. Am Donnerstagmorgen sei sie noch etwa bei 80 Grad Celsius gewesen, teilte der Kommandant der Feuerwehr, Thomas Näther, mit. Geplante Unterbrechungen der Kühlung führten auch am Nachmittag noch zum erneuten Erhitzen des Containers.
Was passiert nach dem Öffnen des Containers?
Erst nachdem der Container geöffnet wurde, kann mit der Bergung der Chemiefässer begonnen werden. Ob oder wie viele der Fässer entsorgt werden müssen, sei noch nicht klar, erklärten BASF und Stadt am Mittwoch. Hier werde derzeit an einem Entsorgungskonzept gearbeitet, teilte Specht dieser Redaktion mit. Wie viele Kräfte für das Öffnen benötigt werden und ob es vorher wieder zu Evakuierungen oder Straßensperrungen kommt, sei Teil der derzeitigen Überlegungen der Stadt und der BASF. Bis zum Öffnen werde es keine Verkehrsbehinderungen mehr geben, hieß es am Mittwoch bei der Pressekonferenz.
Wie geht es den verletzten Personen?
Aufseiten der Polizei wurden 16 Beamte verletzt. Es handle sich um die Kräfte, die zuerst am Hafen eingetroffen waren, erklärte der Polizeidirektor Dirk Herzbach am Mittwoch. Zwei der Verletzten wurden über Nacht in einem Krankenhaus behalten, seien am Mittwoch jedoch bereits wieder entlassen worden. Die restlichen Polizisten wollten einen privaten Arzt aufsuchen, erklärte ein Sprecher am Donnerstag. Ob die Beamten bereits wieder dienstfähig sind, konnte er noch nicht mitteilen. Auch ein Hafenmitarbeiter sei leicht verletzt worden. Hier handle es sich um den Kranfahrer, der den bereits rauchenden Container aus der Lagerkette an einen Ort umsetzte, an dem die Feuerwehr weitere Maßnahmen ergreifen konnte. Dem Mann gehe es inzwischen wieder gut - er habe bereits zwei Stunden nach seinem Einsatz das Krankenhaus wieder verlassen.
Läuft der Betrieb am Hafen weiter?
Der Betrieb von Contargo, die das Terminal betreibt, sei wieder zu „90 Prozent mit Einschränkungen“ aufgenommen. Das teilte der Geschäftsführer Marco Speksnijder auf Anfrage mit. Alle vier Kräne seien wieder im Einsatz, allerdings fehle ein Teil des Terminals, da der Container mit dem Giftstoff auf der Fahrstraße stehe. Die Einfahrt zum Hafen sei ebenfalls weiter gesperrt und könne nur im Einzelfall und in Absprache mit dem Krisenstab zu Umschlagszwecken geöffnet werden, heißt es von der Mannheimer Hafengesellschaft. Auch das Mühlaubecken werde für die mobilen Pumpstationen der Feuerwehr freigehalten, um eine ausreichende Wasserzufuhr zum Kühlen zu gewährleisten. Die Zufahrt zum Mühlauhafen sei für ankommende Schiffe seit dem ersten Chemikalienaustritt am Dienstagnachmittag gesperrt, bestätigte Specht am Donnerstag.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Nach Chemieunfall im Mannheimer Jungbusch: Die Arbeit kommt erst noch