Mannheim. Mannheim und die Vereinigten Staaten von Amerika pflegen ein besonderes Verhältnis zueinander. Vor allem wegen der zahlreichen US-Soldaten, für die die Quadratestadt viele Jahre eine Heimat war. So etwa auf Franklin, der ehemaligen Fläche des US-Militärs, wo der amerikanische Generalkonsul in Frankfurt, Norman Thatcher Scharpf, sich am Dienstag ein Bild vom Wandel des Stadtteils machte. „Hier auf dem ehemaligen Gelände des Benjamin Franklin Village treffen Vergangenheit und Gegenwart auf wunderbare Weise aufeinander“, sagte Thatcher Scharpf, der vom Salon Diplomatique nach Mannheim eingeladen wurde, in seiner Ansprache im Alten Kino.
Zuvor war Thatcher Scharpf, derseit August 2021 US-Generalkonsul in Frankfurt ist, von Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) empfangen worden. „Der Wandel auf Franklin spiegelt auch unsere lokalen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten wider. Sie wachsen trotz - oder vielleicht gerade wegen - der Veränderungen um uns herum weiter“, sagte Specht in seiner Begrüßungsrede. Es gebe keinen besseren Ort als das Alte Kino, „um unsere engen Beziehungen zu den USA zu feiern“.
Mannheim-Franklin: „2011 ist der letzte Vorhang dieses Kapitels gefallen“
Einst war das Alte Kino das Lichtspielhaus für die US-Soldaten, in dem sie Hollywood-Streifen zu sehen bekamen. „2011 ist der letzte Vorhang dieses Kapitels in der Geschichte Franklins gefallen, als die amerikanischen Truppen wegzogen“, sagte Specht. Gleichzeitig sei es aber auch ein Startschuss für Mannheim gewesen, schließlich entsteht auf Franklin ein neuer Stadtteil. „Wir erwarten am Ende des Konversionsprozesses etwa 10 000 Mannheimer, die Franklin ihr neues Zuhause nennen.“
Mit dem Wandel auf Franklin soll das Verhältnis zwischen Mannheim und den USA aber kein Ende haben. „Die transatlantische Zusammenarbeit ist hier in Mannheim, wo unsere Geschichte so eng miteinander verbunden ist, besonders lebendig. Mannheim war 70 Jahre lang Heimat von mehr als 500 000 US-Soldaten und ihre Familien, ihre Gastfreundschaft und Freundschaft besteht auch heute noch“, hatte Thatcher Scharpf in seiner Rede gesagt.
Specht schlug in die gleiche Kerbe: „Die USA sind nach wie vor ein wichtiger Verbündeter und Partner in der Region.“ Der Krieg in der Ukraine und weitere Konflikte auf der Welt sowie die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen würden verdeutlichen, „wie sehr unsere Volkswirtschaften miteinander verbunden sind“. Dabei spricht Specht auch die amerikanischen Unternehmen an, die in Mannheim einen Sitz haben, etwa John Deere, Caterpillar oder Westinghouse. Specht hoffe, die wirtschaftlichen Beziehungen trotz der schwierigen Lage weiter ausbauen zu können.
Schließlich führte Specht den Generalkonsul noch ein wenig über Franklin. Zu sehen bekam Thatcher Scharpf die alte Sportsarena, in der jahrelang das traditionelle Albert-Schweitzer-Basketballturnier ausgetragen wurde und in der sich jetzt eine Boulderhalle befindet. Zudem durfte Thatcher Scharpf den Ausblick über Mannheim vom zehnten Stock des E-Hochhauses genießen - und dabei auch sehen, wie sich das ehemalige Benjamin Franklin Village in den vergangenen Jahren verändert hat.
Empfang von Free-Palestine-Demonstration begleitet
Begleitet wurde der rund zweistündige Empfang durchgehend von einer Demonstration der pro-palästinensischen Gruppen Free Palestine und Zaytouna. Die etwa 20 bis 25 Teilnehmer kritisierten die US-Politik in Bezug auf den Krieg im Nahen Osten. Specht wurde am Ende des Empfangs mit der Kritik der Demonstranten direkt konfrontiert. Dabei sollte er sich auch für den Besuch des Generalkonsuls erklären. Der Oberbürgermeister ließ sich nicht darauf ein.
Bei seinem nächsten Stopp bei John Deere im Stadtteil Lindenhof ist man dem Generalkonsul freundlicher gesinnt. Der Werkführer Ryan Rimmler hat eine Firmenpräsentation vorbereitet, Thatcher Scharpf hört gespannt zu, macht Notizen. 2023 ist der zweimillionste Traktor bei John Deere in Mannheim vom Band gelaufen. Mannheim ist der größte Standort außerhalb der USA, aktuell hier rund 3650 Menschen beschäftigt.
Später tauscht Thatcher Scharpf sich mit dem Vizepräsidenten der Produktion, Christian Eichholtz, über Themen aus, die Unternehmen zurzeit bewegen. Sie sprechen über Konkurrenz aus China, Fachkräftemangel, die Schwierigkeiten während Corona und die Auswirkungen der Energiekrise auf das Unternehmen. Interessiert zeigt sich der Generalkonsul an der Entwicklung von elektrobetriebenen Traktoren. Hier steht der Landmaschinenhersteller vor einem noch ungelösten Problem, denn „bisher haben Elektromotoren nur acht Stunden Laufzeit und Landwirte brauchen die Maschinen oft 20 Stunden am Tag“, wie Eichholtz ausführt.
Intelligente Landmaschinen arbeiten effizient
An der nächsten Station, dem John Deere Forum, erklärt dessen Manager, Heiner Ehmer, einen Traktorsimulator. Diese Maschine bringt Dünger aus, angepasst an den Bedarf. „Durch gesammelte Daten, die eingegeben werden, weiß die Maschine, an welcher Stelle wie viel Dünger ausgebracht werden muss“, sagt Ehmer.
Zum Abschluss führt Rimmler Thatcher Scharpf durch die Produktion. Er erklärt die einzelnen Fertigungsschritte, wie die einzelnen Komponenten zum fertigen Traktor zusammengesetzt werden. Besonders beeindruckt zeigt sich der amerikanische Generalkonsul davon, wie viele „verschiedene Traktoren das Unternehmen in einem Jahr produzieren kann“.
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