Mannheim. Hinter verschlossenen Türen läuft die Diskussion schon lange – länger als angekündigt. Denn im Mai 2022 erklärte die Stadtverwaltung an, bis Herbst 2022 „ergebnisoffen“ alle Möglichkeiten darzustellen, was aus dem Stadthaus N 1 werden kann. Erst jetzt liegt das Ergebnis vor, zum Abschluss der Amtszeit von Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). Er hat das Gebäude und damit auch alle Probleme von seinem Vorgänger Gerhard Widder (SPD) quasi geerbt. Auf den letzten Metern seiner Amtszeit legt Kurz nun die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vor, wonach die beste Lösung ein Umbau von N 1 zum Rathaus wäre.
Stadthaus soll künftig nur einem Zweck dienen
Ziel der Studie sei, „wie wir eine Funktion und eine Nutzung für das Haus finden, die sich mit der Denkmaleigenschaft verträgt“, hatte Kurz im Mai 2022 formuliert. Denn obwohl eine Sanierung „nicht wirtschaftlich und zweckmäßig“ sei, so die Stadtverwaltung im Januar 2021, scheidet ein Abriss aus, seit das Landesamt für Denkmalschutz N 1 als Denkmal eingestuft hat.
Die Vertreter der Behörde saßen mit am Tisch, ebenso die privaten Miteigentümer des Gebäudes, nämlich Diringer & Scheidel, Vertreter der Fraktionen, des Bezirksbeirats, von drei Dezernaten und fünf städtischen Ämtern. Zwei Workshops gab es in dieser Zusammensetzung. Gemeinsam habe man „mögliche Nutzungsvarianten entwickelt, bewertet und einige nacheinander ausgeschlossen“, erläutert Kurz auf Anfrage die Machbarkeitsstudie.
Schnell einig sei man sich laut Kurz gewesen, dass Hybrid- oder Mischnutzungen sich nicht bewährt haben, sondern das Haus künftig nur noch einem Zweck dienen soll. So wurde ein Gesundheitszentrum diskutiert und wieder verworfen, ein Hotel (Kurz: „Kein Bedarf mehr“) und Einzelhandel (Kurz: „Da sind die Flächen in Mannheim ja eher schrumpfend“). Und bei Büroflächen sei halt die Frage erörtert worden, „ob das Sinn macht, wenn das Dritte nutzen – an einer so zentralen, exponierten Stelle der Stadt“.
Für ein Rathaus an zentraler Stelle haben wir echten Bedarf, das wäre die richtige, passende langfristige Nutzung
Dann eben lieber die Stadtverwaltung selbst – darin hätten die Runden übereingestimmt, erklärt der scheidende Oberbürgermeister. „Für ein Rathaus an zentraler Stelle haben wir echten Bedarf, das wäre die richtige, passende langfristige Nutzung“, erklärt Kurz. E 5, derzeit als Rathaus genutzt, ist in der Zeit des Nationalsozialismus 1936 bis 1941 als Technisches Rathaus geplant und gebaut, aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg fertiggestellt worden. Dann bezog die Hauptverwaltung die Räume, da deren Sitz im Alten Kaufhaus in N 1 im Krieg zerstört worden war.
Fassade am Rathaus bröckelt schon lange
Die Fassade bröckelt schon lange, weshalb das Haus ein Schutzgerüst umgibt. Sanierungsarbeiten wären wegen Lärm und Staub im laufenden Rathaus-Betrieb nicht möglich. Die Hauptverwaltung müsste also ohnehin irgendwann – und wenn nur vorübergehend – ausziehen. Zudem ist E 5 längst zu klein. Die Stadtverwaltung hat für zahlreiche Ämter und Fachbereiche Immobilien in den Quadraten angemietet, unter anderem in R 1, K 1, E 3, D 1, D 7 und Q 5 sowie in der Oststadt (Karl-Ludwig-Straße).
Nicht gemietet, sondern im Eigentum der Stadt ist etwa das Dienstgebäude in K 7 (Bürgerdienste). Nicht betroffen von einem Umzug wären auch die ganzen technischen Ämter, die mit den zuständigen Bürgermeistern (Ralf Eisenhauer und Diana Pretzell) im Technischen Rathaus im Glücksteinquartier sitzen.
In E 5 arbeiten derzeit der Oberbürgermeister, die Bürgermeister der Dezernate I, II und III (Christian Specht, Michael Grötsch und Dirk Grunert), der Gesamtpersonalrat, die beiden zentralen Fachbereiche „Demokratie und Strategie“ (zuständig für Strategische Steuerung, Geschäftsstelle des Gemeinderats, Wahlen und Bürgerbeteiligung sowie allerlei Sonderbeauftragte) und „Internationales, Europa und Protokoll“, dazu der Fachbereich Wirtschaftsförderung, ferner die Geschäftsstellen der Fraktionen.
Das ist etwa der Kreis der Beschäftigten, von denen besonders viele an Sitzungen teilnehmen, die jetzt schon in N 1 stattfinden – und die dann immer hinlaufen. „Da würde sich anbieten, sie zu verlegen“, so Peter Kurz. Das bedeute keinesfalls, dass die Stadtverwaltung E 5 aufgeben wolle – aber dorthin könnten dann, nach einer Sanierung, Dienststellen aus angemieteten Räumen umziehen.
Denkmalschutz könnte zum Problem werden
Nicht nur der jetzige OB hält das für ein, wie er sagt, „schlüssiges Konzept“: „Diese Variante wurde am besten im Vergleich aller Varianten bewertet“, sagt er. In den Workshops sei das „einhellige Meinung“ der Teilnehmer gewesen – was aus Teilnehmerkreisen auch bestätigt wird.
Allerdings ist völlig offen, ob sich das realisieren lässt. Formuliert wurde nun nur das Ziel. Schließlich gebe es derzeit „Einschränkungen bei Belichtung, Flächeneffizienz und Flexibilität aufgrund der aktuellen Gebäudegeometrie sowie durch Anforderungen des Denkmalschutzes“, heißt es in der Vorlage für den Gemeinderat. Das bedeutet, dass es ohne Umbauten im Innern nicht geht.
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Klar ist, dass der Denkmalschutz die Fassade, den Ratssaal sowie die „Rotunde“ genannte, hintere Glasfassade als unantastbar betrachtet. Ob und welche Umbauten möglich wären, um etwa genug Büros mit Tageslicht zu schaffen, etwa durch einen Innenhof, ist offen, die Gebäudetiefen derzeit zu groß. Und auch das Tragwerk muss noch mal geprüft werden. Der „Umgang mit dem Bestand“ sei „herausfordernd“, daher „eine vertiefte Untersuchung möglicher Umsetzungsvarianten“ nötig, so das Papier des Oberbürgermeisters.
Zu hohe Kosten und das Projekt scheitert
„Dabei wird auch zu prüfen sein, ob die Vorgaben des Denkmalschutzes noch wirtschaftlich vertretbar umgesetzt werden können und die auf dem Selbstverwaltungsrecht und der kommunalen Planungshoheit basierende Entscheidung für ein Rathaus tragfähig umgesetzt werden kann“, heißt es mit deutlich warnendem Hinweis. Bei zu hohen Auflagen könne das Projekt scheitern. Noch völlig offen ist auch, ob die Stadt dann N 1 komplett kauft oder dessen Teil weiter von Diringer & Scheidel mietet. Auch zur Zukunft des Oststadttheaters an diesem Standort gibt es keine Aussage.
Doch das habe Zeit, sagt Kurz: „Wir können erst an die Umsetzung gehen, wenn die Stadtbibliothek draußen ist – das wird also ein Projekt für das Ende des Jahrzehnts“. Zudem ist noch offen, ob und wann der Neubau für die Stadtbibliothek, geplant in N 2, realisiert werden kann. Eine komplette Unterbringung der Bibliothek in N 1 aber wurde jetzt auch noch mal untersucht und ausgeschieden: Das sei „nicht sinnvoll und funktional darstellbar“.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheimer Stadthaus: Zweitbeste Lösung