Mannheim. Mal zu zweit, mal berauscht oder doch ganz ordnungsgemäß unterwegs: Seit vier Jahren flitzen nun auch E-Scooter durch die Straßen. Tatsächlich ist die Zahl der Unfälle mit diesen leisen Elektro-Rollern auch in Mannheim gestiegen. Waren es 2021 noch 58 Vorfälle, ist die Anzahl der Unfälle mit 77 allein in Mannheim im vergangenen Jahr um mehr als 30 Prozent gewachsen.
Wie oft und warum sind Fahrende in Mannheim in Unfälle verwickelt, wer steigt überhaupt auf diese Gefährte und wie gefährlich ist es, damit unterwegs zu sein - für sich selbst und für andere? „Viele fahren berauscht. E-Scooter sind Kraftfahrzeuge, da gelten die gleichen Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer“, erklärt ein Sprecher des Polizeipräsidiums (PP) Mannheim auf Anfrage. Trotzdem zeigt ein Blick in die Unfallstatistik mit E-Scootern für die Quadratestadt: Berauschtes Fahren ist nur die dritthäufigste Unfallursache. Allerdings geht die Polizei von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus, seien gerade bei Unfallfluchten häufig Alkohol und Drogen im Spiel.
Wie etwa in einem Fall Anfang Juli in Sandhofen. Dort fällt einer Streife ein 52-Jähriger auf, der ohne Versicherungskennzeichen unterwegs ist. Als die Beamten den Mann anhalten wollen, stellt der seine E-Scooter plötzlich zwischen zwei geparkten Autos ab - und flüchtet. Später stellt sich heraus: Der Mann ist nicht ohne Grund geflüchtet, ist mit 1,3 Promille stark alkoholisiert und hat dazu noch Kokain konsumiert. Noch vor Ort beschlagnahmen die Beamten den Roller, dem Mann selbst droht nun unter anderem der Entzug der Fahrerlaubnis sowie eine Anzeige wegen Trunkenheit im Straßenverkehr.
Häufig Trunkenheitsfahrten
Die Scooter würden als schnell verfügbares Transportmittel häufig zu Trunkenheitsfahrten benutzt, kritisierte auch der TÜV-Verband. „Die personellen Kapazitäten für diesen Kernbereich der Polizeiarbeit müssen erhöht werden, um Alkohol- und Drogenverstöße konsequent zu ahnden. E-Scooter sind keine Spielzeuge“, mahnte der Verband.
Denn nicht nur in Mannheim steigen immer öfters Fahrer und Fahrerinnen berauscht auf solche Verleih-Roller. Deutschlandweit gehören Alkohol und Fahren auf dem Bürgersteig zu den häufigsten Unfallursachen, wie aus den Zahlen des Statistischen Bundesamts aus dem Vorjahr hervorgeht. Demnach hat es auch in anderen Großstädten bundesweit im vergangenen Jahr deutlich mehr Unfälle mit E-Scootern gegeben. Bei 8260 Unfällen mit Rollern kamen Menschen zu Schaden, eine Zunahme um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
In der Quadratestadt ist mit dem Anstieg der Unfälle folglich auch die Zahl der Personen gestiegen, die sich dabei leicht oder sogar schwer verletzen (von 29 leicht Verletzte auf 35), ebenso wie die Zahl der Unfälle, bei denen Menschen zu Schaden gekommen sind. So verzeichnet das PP Mannheim 2021 vier schwer Verletzte, ein Jahr später sind es bereits zehn. Zum ersten Mal ist dabei auch ein E-Scooterfahrer ums Leben gekommen. Auf Anfrage erklärt das PP Mannheim: Der tödliche Unfall habe sich Anfang Dezember 2022 ereignet. In der Nacht von Freitag auf Samstag hatte demnach ein 29-jähriger Opelfahrer auf der Neckarauer Straße ein Überholmanöver gestartet. Beim Wiedereinscheren kollidiert der rücksichtlose Raser mit dem überholten Auto, wird dadurch auf den Fahrrad- und Gehweg geschleudert. Dort erfasst der Opel einen 30-Jährigen auf einem E-Scooter, der später seinen schweren Verletzungen in der Klinik erliegt.
2022: Bundesweit elf Menschen ums Leben gekommen
Wie oft E-Scooter-Nutzende ähnlich wie Radfahrende Opfer anderer Verkehrsteilnehmer werden, lässt sich laut PP Mannheim aber nicht nachvollziehen. In der Unfallstatistik würde in den erfassten Fällen nicht zwischen Verursacher und Beteiligten unterschieden. Bundesweit dagegen bietet das statistische Bundesamt konkretere Daten an: So kamen im Vorjahr elf Menschen ums Leben; 2021 waren es fünf Todesopfer. 1 234 Menschen wurden 2022 schwer verletzt und 7651 leicht. Mehr als 80 Prozent der Verunglückten waren selbst mit dem E-Scooter unterwegs, darunter auch zehn der elf Todesopfer. Fünf der zehn getöteten E-Scooter-Fahrenden kamen bei Alleinunfällen ums Leben.
Regeln für E-Tretroller
- E-Scooter sind erst seit Inkrafttreten der Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge am 15. Juni 2019 zum Straßenverkehr in Deutschland zugelassen.
- Elektrokleinstfahrzeuge sind Kraftfahrzeuge und somit versicherungspflichtig. Die Nutzenden müssen, so weit vorhanden, Fahrradwege oder Schutzstreifen nutzen. Ansonsten sollen sie auf Fahrbahnen oder Seitenstreifen ausweichen, Gehwege sind verboten. Einen Führerschein brauchen Fahrende nicht, sie müssen mindestens 14 Jahre alt sein.
- In Bezug auf Alkohol gilt die allgemein übliche 0,5-Promille-Grenze. Unter 21-Jährige und Führerschein-Neulinge dürfen sich keinerlei Alkoholkonsum erlauben, wenn sie E-Scooter fahren wollen.
41,9 Prozent aller verletzten E-Scooter-Fahrenden war auf Alleinunfälle zurückzuführen. An mehr als der Hälfte der E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden dagegen war eine zweite Verkehrsteilnehmerin beteiligt, meistens Autofahrende. Gut ein Drittel verletzte sich beim Zusammenstoß mit einem Pkw. Wer aber steigt in Mannheim am liebsten auf die leisen Flitzer? Laut PP Mannheim handelt es sich bei den meisten Nutzern um fast ausschließlich junge Menschen. Für 2023 zeichnet sich bereits eine Zunahme der Unfälle ab, in denen E-Scootern beteiligt sind. Grund dafür ist laut PP eben auch der Anstieg an Fahrten zu Veranstaltungen, Partys und Konzerten. Am häufigsten verunglücken E-Scooter-Fahrende in Mannheim aber, weil sie zu wenig Abstand halten, am zweit häufigsten, weil sie die Vorfahrt andere missachten. Das Abstandsproblem zeigt sich beispielsweise beim Streifen von geparkten Autos oder dem zu dichten Auffahren von Hindernissen oder anderen Verkehrsteilnehmern.
Was dabei schief gehen kann, zeigt ein Unfall im Juli 2022, bei dem ein E-Scooter in den L-Quadraten mit einem Bus zusammenstößt. Verbotenerweise zu zweit unterwegs, flitzt der E-Scooter nachts entgegen der Fahrtrichtung in Richtung Bismarckstraße. Beim Einbiegen auf die Bismarckstraße missachtet der E-Scooter die Vorfahrt eines Linienbusses, der auf dem Busfahrtreifen in Richtung Parkring unterwegs ist.
Der Scooter stößt gegen die hintere Einstiegstür des Busses, die beiden 22 und 25 Jahre alten Männer stürzen und verletzten sich leicht. Beim Alkoholtest zeigt sich: Die Männer sind berauscht. Beide Führerscheine werden einbehalten. Gegen sie wird wegen des Verdachts der Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. mit dpa
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Berauscht auf dem E-Scooter: Kenn dein Limit!