Mobilität

Ludwigshafen will mit neuen Vorschriften E-Roller-Chaos eindämmen

Ein umfassendes Strategiepapier soll das E-Roller-Aufkommen und das achtlose Abstellen der Fahrzeuge in Ludwigshafen regulieren. Was geplant ist und warum den Anbietern nicht alle Ideen schmecken

Von 
Julian Eistetter
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Achtlos abgestellte E-Roller werden oft zum Hindernis. Hier umkurven Fußgänger im Bereich Kaiser-Wilhelm-Straße/Lorientallee einen umgekippten Scooter. © C. Blüthner

Ludwigshafen. Ganz so rigoros wie in Paris geht man hier in der Region nicht vor. In der französischen Hauptstadt werden die auch hierzulande bestens bekannten Leih-E-Roller nach einer Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger aus dem Verkehr gezogen. Ein zu großes Ärgernis waren sie für viele im Straßenverkehr geworden. Eine Ansicht, die auch in MannheimLudwigshafen und Heidelberg immer stärker vertreten ist.

Der anfängliche Hype ist einer gewissen Frustration gewichen. Vor allem wild herumliegende Fahrzeuge und riskante Trunkenheitsfahrten sind vielen ein Dorn im Auge. Gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) und im Austausch mit den örtlichen Verleihern haben die drei großen Städte der Region deshalb an Lösungen gearbeitet - ohne aber über ein Verbot nachzudenken.

Nachdem Mannheim seine Pläne schon vor Monaten präsentiert hatte, ist nun auch in Ludwigshafen ein Strategiepapier vorgestellt worden, mit dem den Anbietern schärfere Vorschriften gemacht werden, um das Roller-Durcheinander in geordnete Bahnen zu lenken.

So viele Fahrzeuge soll es maximal im Stadtgebiet geben

„Die Stadt beabsichtigt, nach einem Beschluss im Stadtrat im Juli das Vermietsystem für E-Roller künftig als Sondernutzung anzusehen“, sagt ein Rathaussprecher auf Anfrage. Diese sogenannte Sondernutzung ermöglicht es der Kommune, den Anbietern, die eine solche Sondernutzung für ihre Flotten beantragen müssen, klare Vorgaben zu machen - und Gebühren zu erheben. Davon wird auch Ludwigshafen Gebrauch machen, die Gebühr soll am kommenden Montag im Hauptausschuss beschlossen werden.

Nach Vorschlag der Verwaltung soll sie sich an den Gebühren für Carsharing orientieren. Pro Roller und Monat würden dann künftig vier Euro fällig, also 48 Euro pro E-Scooter und Jahr.

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Eine weitere Änderung - und gemessen an der Kritik wohl auch die wichtigste - ist die Einführung fester Abstellzonen für die E-Roller. Bislang können die Fahrzeuge bis auf einige Sperrzonen überall nach Belieben abgestellt werden - damit soll Schluss sein. Die Verwaltung will feste „Parkplätze“ im Stadtgebiet definieren, außerhalb dieser soll das Abstellen „technisch verhindert“ werden. Nach Einschätzung der Stadt soll es mindestens 110 solcher Flächen in Ludwigshafen geben - bemessen an einer künftigen Gesamtflotte von 700 E-Rollern. Aktuell sind nach Angaben des Sprechers 800 bis 900 Scooter der Firmen Tier, Lime und Bird im Stadtgebiet unterwegs.

In diesen Stadtteilen soll es die meisten Stellplätze geben

Die meisten Parkplätze soll es in Ludwigshafen in der Gartenstadt (21), in Mitte (19) sowie in Süd und Rheingönheim (je 17) geben. „Die Definition, Planung und Einrichtung solcher Flächen obliegt der Stadt“, heißt es im Strategiepapier. Die genaue Lage soll mit den Anbietern abgestimmt werden. Auch die Stadt Heidelberg will in den nächsten Wochen feste Parkzonen für E-Scooter einrichten, wie eine Sprecherin sagt. „Dies wird zunächst als Verkehrsversuch ausgewiesen, um Erfahrungen bezüglich der Standorte, der Praktibilität und Akzeptanz zu gewinnen.“ Nach der Sommerpause soll basierend auf diesen Erfahrungen ebenfalls eine Sondernutzungssatzung beschlossen werden.

E-Scooter in LU

  • In Ludwigshafen gibt es aktuell drei verschiedene Anbieter von E-Scooter-Vermiet-Systemen: Tier, Lime und Bird.
  • Die Gesamtzahl der Fahrzeuge in der Stadt liegt laut Verwaltung bei 800 bis 900. Sie variiert je nach Jahreszeit.
  • Mit einem Strategiepapier sollen das Aufkommen sowie das achtlose Abstellen im öffentlichen Raum reguliert werden.
  • Laut Stadt wird die Umsetzung des Konzepts mit festen Abstellflächen erst im ersten Quartal 2024 erfolgen.

Die örtlichen Anbieter der Vermietsysteme stehen den angekündigten Vorschriften durchaus offen gegenüber -äußern sich in manchen Punkten aber auch kritisch. „Wir sind bei der Einführung des Instruments der Sondernutzung bereit, in angemessenem Rahmen die Kosten einer Mobilitätswende mitzutragen“, sagt eine Sprecherin von Lime. „Das gilt insbesondere dann, wenn eingenommene Gebühren zweckgebunden eingesetzt werden - zum Beispiel für den Ausbau flächendeckender Abstellmöglichkeiten.“

Lime spricht sich für „freiwillige“ Stellplätze aus

So wie für Auto und Fahrrad bedürfe es auch für E-Roller entsprechender Parkmöglichkeiten. Nach Vorstellung von Lime sollten diese jedoch freiwillig sein. „Die Erfahrung zeigt, dass diese gut angenommen werden und Gehwege entlasten.“

Die Firma Tier spricht sich dafür aus, dass in Außenbezirken der Stadt das Free-Floating-Modell weiter beibehalten wird und lediglich im verdichteten Zentrum feste Abstellflächen eingeführt werden. Dies sei aus den Erfahrungen in Düsseldorf und München die „optimale Lösung“, betont ein Sprecher. Parkflächen müssten jedoch in der Innenstadt in ausreichender Zahl vorgehalten werden, „zum Beispiel alle 100 bis 150 Meter oder an jeder Straßenecke“, so der Sprecher.

Kritik von Tier: zu viel Platz für Autos?

Dies könne durch Umwidmung von Auto-Parkplätzen erfolgen. „Derzeit wird Autos in Städten nach wie vor mehr Platz eingeräumt als anderen Verkehrsmitteln“, kritisiert er. „Wenn im gesamten Stadtgebiet ausschließlich feste Abstellflächen für E-Scooter zur Verfügung stehen, bietet das System für unsere Kunden nicht ausreichend Flexibilität“, sagt er. Das konterkariere den Zweck der Fahrzeuge als Fortbewegungsmittel für die sogenannte letzte Meile. Auch dass die geplante Gebühr über der für einen Anwohnerparkausweis liegt, sieht Tier kritisch.

Die Stadt will dennoch die Einführung verpflichtender Abstellflächen durchsetzen. „Grund dafür ist, dass in Ludwigshafen auch vermehrt Beschwerden aus den Stadtteilen kommen“, so der Rathaussprecher. Die von den Anbietern gewünschten Entfernungen im Innenstadtbereich seien zudem „kaum zu realisieren“.

Die Unternehmen werden die neuen Voraussetzungen genau beobachten und ihr Angebot gegebenenfalls anpassen, falls es in bestimmten Bereichen nicht mehr wirtschaftlich sein sollte. Das kündigen zumindest Lime und Tier an. Bird hatte bislang keine Stellungnahme abgegeben. Ein kompletter Rückzug der Roller-Anbieter steht aktuell jedoch nicht zur Debatte.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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