Fahrradklima-Test

Warum Mannheim bei Radfahrern so schlecht abschneidet

Wer oft und gerne mit dem Rad fährt, fühlt sich in Mannheim offensichtlich nicht sicher, wie eine Umfrage des ADFC zeigt. Über die schlechten Noten zeigt sich die Stadt verwundert, die Grünen allerdings nicht.

Von 
Valerie Gerards
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An der Baustelle New7 (ehemals Kaufhof) in Mannheim wird es richtig eng für Radfahrer: Der Radweg endet hier und Radfahrer müssen sich die ohnehin enge Fahrbahn mit Autos und Lkws teilen. © Christoph Blüthner

Mannheim. Mannheim erhält beim ADFC-Fahrradklimatest 2024 erneut schlechte Noten. Mit der Gesamtnote 4,0 landet die Stadt auf Platz 12 von 25 in der Kategorie der mittelgroßen Städte. Damit bleibt sie im unteren Mittelfeld – trotz zahlreicher Ankündigungen zur Verbesserung der Radinfrastruktur.

Der Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) gilt als wichtiges Stimmungsbarometer für die Zufriedenheit von Radfahrenden in deutschen Städten. In Mannheim beteiligten sich 1.175 Personen an der Umfrage. Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Die Bedingungen für Radfahrende gelten weiterhin als unzureichend.

Diese Punkte werden von vielen Radfahrern in Mannheim besonders kritisch gesehen

Besonders schlecht schneidet Mannheim bei der Kontrolle von Falschparkern ab. Mit der Note 5,1 bildet dieser Bereich das Schlusslicht der Bewertung. Auch die Führung an Baustellen (5,0), die Ampelschaltungen für Radfahrende (4,9) sowie die Breite und Oberflächenqualität der Radwege (jeweils 4,9 und 4,7) werden kritisch gesehen. Konflikte mit dem motorisierten Verkehr und das Fahren im Mischverkehr erhielten ebenfalls nur die Note 4,7.

Falschparkende Pkws auf Radwegen müssen endlich konsequent abgeschleppt werden
Gerhard Fontagnier Fraktion Grünen/Die Partei

Ein Lichtblick zeigt sich bei der Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung (Note 2,1) und beim Angebot öffentlicher Fahrräder (Note 2,2). Diese beiden Aspekte wurden von den Teilnehmenden positiv bewertet.

Die Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat reagieren mit deutlicher Kritik. Die Fraktion der Grünen/Die Partei fordert konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrssicherheit. Der verkehrspolitische Sprecher Gerhard Fontagnier betont: „Falschparkende Pkws auf Radwegen müssen endlich konsequent abgeschleppt werden. Sie gefährden Leib und Leben von Radfahrenden.“ Er verweist auf das bald startende Falschparker-Scan-Auto, das gezielt gegen solche Verstöße eingesetzt werden soll.

Die Berliner Straße ist eine Fahrradstraße. Trotz Vorrecht ist für Radfahrer die Durchfahrt nicht immer einfach. © Christoph Blüthner

Darüber hinaus fordert die Fraktion die Einrichtung einer Koordinierungsstelle für Rad- und Fußverkehr. Diese solle Problemstellen systematisch erfassen und Verbesserungen umsetzen. Das Land Baden-Württemberg unterstützt solche Stellen inzwischen finanziell über das Landesmobilitätsgesetz. Fontagnier warnt: „Die Verkehrswende darf nicht unter Sparmaßnahmen leiden. Sie ist essenziell, um die Stadt zukunfts-, klima- und sozialgerecht aufzustellen.“

LTK-Fraktion wirft der Stadt Mannheim beim Thema Radverkehr Schönfärberei vor

Auch die Fraktion LTK äußert sich kritisch. Jessica Martin wirft der Stadtverwaltung vor, die Situation für Radfahrende systematisch zu beschönigen: „Jahr für Jahr werden uns angeblich große Fortschritte präsentiert. Die Realität sieht jedoch anders aus: Mannheim erhält seit Jahren konstant schlechte Noten.“

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Die LTK-Fraktion fordert tägliche Kontrollen von Falschparkern, drastisch erhöhte Bußgelder und den gezielten Einsatz des Scan-Autos zur Überwachung von Radwegen. Zudem brauche es baulich getrennte, breite Radwege mit besserer Oberflächenqualität sowie fahrradfreundliche Ampelschaltungen mit kürzeren Wartezeiten.

Besonders eng ist es in der Mannheimer Kunststraße. © Christoph Blüthner

Ein weiterer Kritikpunkt: In der Vergangenheit seien Verbesserungen für den Radverkehr häufig zulasten des Fußverkehrs erfolgt. Stattdessen müssten Flächen vom motorisierten Individualverkehr umgewidmet werden. „Für eine sozial gerechte Verkehrswende dürfen Fuß- und Radverkehr nicht gegeneinander ausgespielt werden“, so Martin. „Mannheim hat das Potenzial, eine echte Fahrradstadt zu werden. Dazu braucht es aber einen echten politischen Willen und konkrete Taten statt wohlklingender Ankündigungen.“

Stadt Mannheim ist verwundert über die Verschlechterung der Note beim Fahrradklimatest

Verwundert zeigt sich die Stadt über die Verschlechterung der Note für die Fahrradinfrastruktur (aktuell 3,5). Trotz des Ausbaus mehrerer Radschnellwege und Lückenschlüsse sei der Fortschritt offenbar nicht wahrgenommen worden. „Es ist überraschend, dass die erzielten Fortschritte der Umsetzung der Radschnellwege offenbar keinen positiven Einfluss auf die Bewertung der Fahrradinfrastruktur hatten. Die aktuelle Note von 3,5 fällt schlechter aus als noch vor zwei Jahren mit 3,2. Angesichts der zahlreichen Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur ist dies schwer nachvollziehbar“, erklärt Stadtsprecherin Corinna Hiss.

In der Seckenheimer Straße aus Richtung Planetarium kommend hört der Fahrradweg plötzlich kurz vor der Abzweigung nach rechts in die Mühldorfstraße auf. © Christoph Blüthner

Sie betont, dass viele Faktoren der Gesamtbewertung außerhalb ihres direkten Einflusses liegen. Subjektive Wahrnehmungen und individuelle Erfahrungen spielten eine große Rolle. Positiv hervorgehoben wird die Neuordnung des Straßenrandparkens in der Innenstadt, die zur besseren Durchlässigkeit des Radnetzes beigetragen habe. Im Mai 2025 wurden über 81.000 Ausleihen im Fahrradverleihsystem gezählt – ein neuer Rekord.

An der Verbesserung der Radführung an Baustellen werde gearbeitet. Baustellen seien notwendig, müssten aber für alle Verkehrsarten sicher gestaltet werden. Für die kommenden Jahre kündigt die Stadt die erste Fahrradzone Mannheims in der Neckarstadt-West an.

Freie Autorin

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