Neu im Gemeinderat

Warum Jessica Martin die Stadt Mannheim grüner machen möchte

Mit Jessica Martin ist die Kllimaliste erstmals in den Gemeinderat eingezogen. Die klinische Psychologin lebt gerne in Mannheim, aber die Hitze im Sommer gefällt ihr nicht. Was sie dagegen tun möchte und sonst noch vor hat

Von 
Bertram Bähr
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Große Bäume als Schattenspender wie hier in der Max-Joseph-Straße in der Neckarstadt-Ost – das mag Jessica Martin ganz besonders. © Bertram Bähr

Mannheim. Jessica Martin lebt in der Neckarstadt-Ost. Da liegt es für die neue Stadträtin der Klimaliste nahe, als Treffpunkt für ein Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“ den Alten Meßplatz vorzuschlagen. Die Sonne scheint, das Thermometer ist auf Mitte 20 geklettert. Hochsommerlich ist es also nicht, keine rekordverdächtigen Temperaturen. Trotzdem ist es hier unangenehm, zu heiß für eine längere Unterhaltung. Der Meßplatz bleibt ein Treffpunkt, von dem wir uns direkt wieder entfernen - um einen Spaziergang durch die Max-Joseph-Straße mit ihren hohen Bäumen und dem dichten Blätterdach zu machen.

Genau deshalb wolle sie hier entlanglaufen, sagt Jessica Martin, die als einzige gewählte Vertreterin ihrer Liste mit Linken und Tierschutzpartei im neuen Gemeinderat der LTK-Fraktion angehört. Der Ortswechsel zeige es: „Wir haben uns am Alten Meßplatz getroffen. Dort ist es extrem heiß. Hier unter den Bäumen ist es überall mindestens fünf Grad kühler, vielleicht auch mehr. Ich finde, das macht viel mit einem, das gefällt mir gut.“

Neu im Mannheimer Gemeinderat

  • Nach der Kommunalwahl am 9. Juni sind 17 Männer und Frauen neu in den Gemeinderat eingezogen.
  • In dieser Serie stellen wir die Neuen in loser Folge vor.

 

In der LTK-Fraktion ist die 1988 in der Nähe von Bamberg geborene Psychologin und Neurowissenschaftlerin für Umwelt- und Klimaschutz und damit eng zusammenhängende Bereiche wie Energie und Verkehr zuständig - letzteres gemeinsam mit dem Verkehrsplaner Dennis Ulas. Sie wird die LTK künftig im Ausschuss für Umwelt und Technik und im Betriebsausschuss Technische Betriebe vertreten.

Mannheim als Wohnort Heidelberg vorgezogen

Ihr Berufsweg führte Jessica Martin in die Region, zunächst zum Psychologie-Studium nach Landau, zum Master-Studium „Interdisciplinary Neuroscience“ nach Frankfurt und zur Promotion in den Humanwissenschaften an die Uni Heidelberg. Zu diesem Zeitpunkt - im Jahr 2016 - zog sie nach Mannheim. Zunächst in den Jungbusch, zwei Jahre später in die Neckarstadt-Ost. In die Politik gegangen ist die Mutter wegen ihrer beiden Töchter, die jetzt fünf und elf Jahre alt sind. Schließlich geht es um deren Zukunft. Im Spätjahr 2020 trat Jessica Martin der Klimaliste bei.

„Ich bin nach Mannheim gezogen, weil es mir hier einfach besser gefällt, als in Heidelberg zu wohnen“, sagt sie. In eine Stadt also, die als eine der heißesten in ganz Deutschland gilt. Dem effektiv zu begegnen - Stichwort Entsiegelung und Begrünung - ist eines ihrer Ziele in der Kommunalpolitik. „Wichtig ist, erst mal Flächen zu identifizieren, die entwickelt werden können. Ich denke, da darf man nicht auf Scheinausreden reinfallen wie, da liegt jetzt ein Kabel, deswegen können wir den ganzen Platz nicht entsiegeln“, sagt Jessica Martin.

Schön fände sie es, den Alten Meßplatz naturnaher zu gestalten. Die dort gepflanzten Bäume hätten „extremen Hitzestress“, mit zusätzlichem Grün könne man sie entlasten. „So, wie es jetzt ist, ist es nicht genug.“ Ein weiteres (Negativ-)Beispiel ist für die Politikerin der Klimaliste die Fressgasse, die zurzeit noch nahezu komplett versiegelt sei. „Wenn da mehr Bäume stehen würden, mehr Grün da wäre, wäre es wesentlich angenehmer, auch für die Aufenthaltsqualität. Das kann ganz viele Menschen wieder anziehen, die dann hier Geld lassen und damit Einzelhandel und Gastronomie fördern.“ Das laufende Beteiligungsverfahren gehe in die richtige Richtung, eine mögliche Umgestaltung müsse im Gemeinderat aber mit Geld unterfüttert werden.

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Einen Beitrag zum Hitzeschutz leisteten auch Urban-Gardening-Projekte. Martin engagiert sich da selbst, zum Beispiel bei „Majoga“, einem Garten in der Max-Joseph-Straße. Solche Projekte seien eine wohnortnahe Möglichkeit, mehr Natur zu schaffen. So etwas würde sich Jessica Martin für alle Stadtteile wünschen.

Industrie beim Ausbau des Fernwärmenetzes miteinbeziehen

Als wir die Max-Joseph-Straße entlanglaufen, klingelt es, ein Radfahrer, der den Pflasterbelag in der Mitte scheut, möchte auf dem Gehweg vorbeifahren. „Das ist ein gutes Beispiel, hier teilen sich Fuß- und Radverkehr den Gehsteig“, als Fußgänger sei man häufig im Weg. Nicht nur deshalb wünscht sich die für Mobilität zuständige Politikerin „ein Radwegenetz, das den Namen auch verdient, sodass man sicher auf baulich getrennten Radwegen zum Beispiel zur Arbeit durch ganz Mannheim fahren kann, ohne ständig zwischen schlechten Radwegen und Straßen wechseln zu müssen“.

Um mehr Platz für Fußgänger und Radler zu schaffen, müssten - insbesondere in der Innenstadt - Parkplätze aus dem Straßenraum verbannt und sowohl Besucher als auch Anwohner auf die oft weitgehend leerstehenden Parkhäuser verwiesen werden. Zu einem umfassenden Mobilitätskonzept gehören für die klinische Psychologin auch autofreie Sonntage und stark verbilligter Öffentlicher Nahverkehr - Stichwort 365-Euro-Jahres- oder 35-Euro-Monatskarte. „Welche genauen Initiativen wir starten, werden wir als LTK-Fraktion in unserer Fraktionsklausur Mitte September besprechen.“ Wobei ein verbilligter Nahverkehr „in der Fraktion unstrittig angestrebt wird“.

Was den Ausstieg aus der Kohle angeht, sieht Jessica Martin Mannheim auf einem guten Weg. Aber regenerative Potenziale müssten deutlich stärker und schneller ausgeschöpft werden. Eine Flusswärmepumpe, wie sie die MVV plant, sei nicht genug, um die Fernwärme deutlich auszubauen. Für wichtig hält es die Stadträtin auch, Abwärme aus den Industrien zu nutzen, etwa in Kombination mit städtischen Wärmespeichern. Angesichts des Klimawandels ist für sie klar, dass es schnell weitergehen müsse.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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