Mannheim. Leon Hüfner holt die schmutzigen Teller wieder aus der Spülmaschine. Sie funktioniert nicht - kein Strom. Er trägt sie hinüber ins Badezimmer, wo er heißes Wasser hat; am Waschbecken in seiner Küche funktioniert auch das nicht. „Ich habe heute Zweimonatiges. Genau zwei Monate ohne Strom“, berichtet der junge Mann und lächelt tapfer. Aber in Wirklichkeit sei er schon „sehr sauer“.
Es beginnt am 27. Juni, als im Rahmen des Glasfaserausbaus - die Leitung sollte eigentlich über die vorhandenen DSL-Anschlüsse verlegt werden - versehentlich eine Stromleitung beschädigt wird. Diese Beschädigung bleibt bei den Arbeiten unbemerkt und fällt auch dem jungen Studenten erst später am Abend auf. Seitdem ist sein Leben stark eingeschränkt: Kein Herd, keine Spülmaschine, keine Waschmaschine, kein warmes Wasser in der Küche, kein Strom im Bad und Wohnzimmer, und auch die Glasfaserleitung funktioniert nicht.
1&1 und Telekom schieben sich die Verantwortung zu
Als Hüfner den Schaden am nächsten Tag bei seinem Internetanbieter 1&1 meldet, wird er schnell in ein endloses Hin und Her zwischen 1&1 und der Telekom verwickelt. „Beide Unternehmen wiesen die Verantwortung von sich und verwiesen auf Subunternehmen. Von den angegebenen Subunternehmen war eines nicht erreichbar, eines hatte nichts mit dem Ausbau zu tun und ein drittes existierte überhaupt nicht“, sagt Hüfner.
Seit zwei Monaten lebt der Student ohne Beleuchtung in wichtigen Räumen, ohne funktionierende Küche und muss seine Wäsche bei Freunden oder im Waschsalon waschen. Das Geld wird langsam knapp, denn das Essen bestellen und Wäsche im Waschsalon waschen sprengen das Budget des jungen Studenten. Aber auch der fehlende Strom im Wohnzimmer ist für ihn bitter. „Ich bin ein großer Fußball-Fan und konnte die EM nach der Vorrunde nicht mehr schauen.“ Auch ein Serien-Abo hat er sich umsonst geholt - es ist inzwischen abgelaufen.
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„Wir sind alle nur Menschen, so etwas passiert. Mich stört aber, wie es dann weitergegangen ist. Immer wieder wurde bei 1&1 beteuert, man werde sich so schnell wie möglich darum kümmern“, sagt Hüfner. Das sind jedoch nur leere Versprechen. Mal verweist sein Vertragspartner 1&1 ihn an die Telekom, die für das Glasfasernetz zuständig ist. Den Ausbau übernimmt die Telekom wiederum nicht selbst, sondern übergibt das an die Benzina Kommunikation GmbH. Mit den Subunternehmern soll Hüfner sich nun selbst auseinandersetzen, heißt es von der Telekom. Er beißt aber auch dort auf Granit: 1&1 sei zuständig.
„Es ist frustrierend, wenn deren Mitarbeiter einem dann sagt, man solle sich nicht so anstellen. Man könne doch als junger Mensch ein paar Wochen ohne Strom auskommen.“ Warum man das ausgerechnet als junger Mensch können muss, das weiß Hüfner nicht. Nur, dass er inzwischen ziemlich Warteschleifen-erprobt ist. Und dass die stundenlangen Telefonate von seiner Arbeitszeit abgehen: Er arbeitet in den Semesterferien Vollzeit im Homeoffice, inzwischen fährt er aber aufgrund der Umstände häufig die 50 Minuten ins Büro.
„1&1 verspricht mir jede Woche telefonisch aufs Neue, dass der Schaden bald behoben wird und ganz sicher diese Woche jemand kommt“, sagt Hüfner. Im Juli etwa wird ein Elektriker der Telekom angekündigt, der aber nie kommt. Dann wird ihm telefonisch zugesichert, er könne selbst einen Elektriker beauftragen und die Rechnung einreichen. Als Hüfner endlich einen findet und die Kostenübernahme gern schriftlich hätte, wird die Zusage widerrufen. Zwischendurch räumt er hoffnungsvoll seine Teller in die Spülmaschine, um sie am Ende der Woche, wenn wieder kein Elektriker da war und die Maschine zu stinken beginnt, auszuräumen und sein Geschirr im Badezimmer zu spülen.
Stromversorgung wird endlich wiederhergestellt
Ende August kommen endlich zwei Elektriker, von der Telekom, nicht von 1&1. Am angekündigten Tag und sogar eine Stunde zu früh. Sie untersuchen die Leitung, finden und entfernen eine Schraube, die die Leitung beschädigt hat und der Strom funktioniert erstmal wieder. „Darauf werde ich mir als guter Schwabe heute Abend endlich mal wieder Maultaschen mit Ei machen, darauf habe ich schon so lange gewartet“, meint Leon Hüfner.
Auf dem Kabelkanal, das erfährt der junge Mann dann von den beiden Elektrikern, sei eventuell Strom von der Stromleitung über die Schraube übertragen worden. „Ich kann also ziemlich froh sein, dass ich den nicht berührt habe. Einen Zeitplan, bis wann die Leitung final gefixt wird, konnten sie mir aber weiterhin nicht nennen.“
Auf Nachfrage des „MM“ entschuldigt sich 1&1 für die entstandenen Umstände und hinterlegt Leon Hüfner ein Guthaben. Auch die entstandenen Unkosten werden möglicherweise kompensiert. „Sollten uns Belege eingereicht werden, so leiten wir diese entsprechend an unseren Partner weiter“, erklärt eine Unternehmenssprecherin. Einen Grund für die lange Wartezeit konnte 1&1 allerdings nicht nennen.
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