Mannheim/Berlin. Viele „MM“-Leser kennen den Namen Miray Caliskan. Die 29-Jährige hat 2018 und 2019 beim „Mannheimer Morgen“ volontiert und hat - vor allem im Lokalteil - viel geschrieben über Klimawandel, Diskriminierung und das, was die Mannheimer bewegt. Mittlerweile lebt sie in Berlin, seit Mai 2022 arbeitet sie als Wissenschaftsjournalistin beim „Tagesspiegel“. Weil ihr Stil und ihre Themen im Gedächtnis bleiben, wurde sie jetzt vom „Medium Magazin“ zu einer der 30 innovativsten Journalistinnen unter 30 Jahren gewählt.
Miray, herzlichen Glückwunsch! Wir bleiben beim Du, so wie früher als wir auf einem Flur gearbeitet haben. Wie hast Du von der Auszeichnung erfahren?
Miray Caliskan: Ich hatte mich beworben, allerdings ohne Erwartungen. Deshalb war ich dann sehr überrascht, als der Anruf des Chefredakteurs kam. Und das war sehr lustig. Denn Alexander Graf, der das „Medium Magazin“ leitet, kommt auch aus Mannheim und hat sich sehr gefreut, dass jemand aus der Heimat unter den Top 30 ist.
Wie geht’s jetzt nach dieser Auszeichnung für Dich weiter?
Caliskan: Am Montag treffen sich alle 30 ausgewählten Journalistinnen und Journalisten in Frankfurt. Einen Tag lang werden wir bei einer Konferenz mit verschiedenen Vorträgen zu Journalismus teilnehmen und dann bekommt jeder eine Urkunde. Ich freue mich sehr auf den Input, aber auch, die Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen. Der Austausch hat mir in der Corona-Zeit sehr gefehlt.
Welche Erkenntnisse für Deine Arbeit hast Du von Mannheim mit nach Berlin gebracht?
Caliskan: Beim „MM“ habe ich Lokaljournalismus gelernt und erfahren, was die Menschen bewegt. Ich habe gelernt, den Leuten zuzuhören, gerade denjenigen, die eher in der Masse untergehen, und ich habe verinnerlicht, dass ich als Journalistin nah bei den Lesern sein möchte, das heißt: Die Themen nicht abstrakt auswählen oder darstellen will, sondern so, dass sie jeder versteht. Durch das tagesaktuelle Geschäft konnte ich außerdem üben, mit Zeitdruck umzugehen. Das ist bis heute hilfreich.
Du bist in Mannheim aufgewachsen, jetzt lebst Du in Berlin, kommst aber regelmäßig in die Heimat zurück. Was sind denn typische Mannheimer Themen, was zieht nur in Berlin?
Caliskan: Das ist eine schwierige Frage. Es gibt Themen, die bewegen alle Menschen in allen Städten: Mieten, Diskriminierung oder Pflege zum Beispiel. In Berlin wird immer wieder sehr viel geredet über die Rechte des Personals von Lieferdiensten, in Mannheim ist das kein Thema. Dafür spielt dort der Wirtschaftsstandort und die Start-up-Szene eine große Rolle und das ist ja auch sehr spannend und vielfältig.
Wir haben ja jetzt Schwarz auf Weiß, wie innovativ Du bist. Was findest Du denn an Deiner Heimatstadt Mannheim innovativ?
Caliskan: Mannheim wird national sehr beachtet, das beobachte ich jedenfalls. Die Stadt ist laut, kann aber auch ruhig sein; sie ist groß, aber dennoch kompakt. Mannheim ist unglaublich lebendig, schon allein dadurch hat sie großes Potenzial. Ich würde mich freuen, wenn Mannheim diese Chance nutzt und gerade in Sachen Klimaneutralität eine Vorreiterrolle einnimmt.
Wie könnte das aussehen?
Caliskan: Indem die Stadt kleine Veränderungen vorantreibt und sich wagt, zu experimentieren.
Du meinst sowas wie den Verkehrsversuch in der Innenstadt?
Caliskan: Genau. Ausprobieren und bereit sein, das Ganze im Zweifel auch wieder zu korrigieren. Wichtig ist, solche Veränderungen einfach mal zu machen und Mannheim hat da sicher viele Möglichkeiten, vor allem, wenn die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig mitgenommen werden und auch mitreden dürfen. Ich glaube, Mannheim könnte bei dem Thema sogar eine Vorbildfunktion einnehmen – die Stadt will ja bis 2030 klimaneutral werden. Ich wünsche es mir.
Du bist jetzt auf Wissenschaftsjournalismus spezialisiert. Was glaubst Du, wird Dich im Herbst beschäftigen? Wieder Corona?
Caliskan: Ich glaube, es wird eine Mischung aus allem. Die Preissteigerungen, das Leben mit den Auswirkungen des Krieges, aber natürlich auch Corona oder die Affenpocken. Bei Corona wird es spannend, wenn es um die praktischen Fragen geht. Sind die Menschen bereit, noch einmal mit Maßnahmen zu leben? Zum Beispiel mit der Maskenpflicht. Wann kommen die angepassten Impfstoffe, wer soll sie überhaupt bekommen und wie sehr werden sie vor neuen Varianten schützen? Das wird uns noch lange begleiten und die Menschen bewegen. In Berlin und in Mannheim.
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