Mannheim. Er gibt nicht auf. „Ich habe nie aufgegeben“, betont Thomas Esser. Seine Idee der Gastronomie- und Eventplattform „Riwwerside“ am Rhein sei zwar „vielleicht ein bisschen liegengeblieben, aber nach wie vor hoch aktuell“. Von der zunehmenden Diskussion über den Wunsch, dass mehr Leben direkt an den Flüssen möglich ist, fühlt er sich vielmehr ermuntert und bestätigt.
Während eine Delegation der Stadt sich erst kürzlich mit Vertretern von Helsinki über Projekte zum Leben und zur Freizeitgestaltung am Wasser austauschte, war Esser schon vor über sieben Jahren mit den Finnen in Kontakt. Das schwimmende Panoramarestaurant in Helsinki stellte nicht nur das Vorbild für „Riwwerside“ dar, sondern Esser hatte auch Ingenieure von dort bei der Konzeption und Genehmigungsplanung zu Rate gezogen und sich konkrete Kostenschätzungen ausarbeiten lassen.
Esser wurde in Mannheim bekannt als einer der Vorkämpfer der Bürgerinitiative, die Mitte der 1970er Jahre die Alte Feuerwache, die einem weiteren Wohnhochhaus weichen sollte, vor dem Abriss bewahrte. Dann baute er die Programmkinos „Odeon“ und „Atlantis“ auf, verkaufte sie 1996 und stieg ins Film-Produktionsgeschäft ein. 2005 ging er mit der Idee „Riwwerside“ an die Öffentlichkeit – was seinerzeit enormes Aufsehen erregte.
Esser wollte an der „Wasserloch“ oder „Hundebad“ genannten Bucht an den Rheinterrassen in Höhe Rheinkilometer 442 eine Fähre über den Strom pendeln lassen, die viermal stündlich Fußgänger und Radfahrer übersetzt. Während auf der pfälzischen Seite nur ein reiner Anleger vorgesehen war, sollte auf Mannheimer Seite nach Entwürfen des Architekturbüros Blocher Partners eine Plattform als „schwimmende Urlaubsinsel“ entstehen, ortsfest an Dalben verankert und mit 1600 Quadratmetern Nutzfläche für ein vollverglastes Restaurant, Sport, Kultur und Wellness auf drei Decks, darunter ein Sonnendeck. Eine Strömungsturbine sollte umweltfreundliche Energie liefern.
Die Serie
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- Das nehmen wir nun zum Anlass für eine Serie mit dem Titel „Leben an zwei Flüssen“. Sie beschäftigt sich in loser Folge mit der Nutzung der Flächen an Neckar und Rhein. Es geht dabei um die Frage, welche Ideen bislang umgesetzt wurden, was noch geplant ist und aus welchen Plänen nichts wurde und warum.
- Was wünschen Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, konkret bei der Nutzung der Flächen an Rhein und Neckar? Schicken Sie uns Ihre Ideen an lokal@mamo.de
Esser versprach sich davon „eine qualitätvolle Aufwertung des Standortes“ sowie eine bessere Verbindung mit der Schwesterstadt Ludwigshafen. „Das war alles noch vor dem Rheinbrücken-Desaster“, denkt Esser zurück. „Damals wurden wir belächelt, aber an der Stelle heute eine Fähre nach Ludwigshafen zu haben – das wäre doch der Knaller“, sagt er. Und dass Mannheim seine Lage an zwei Flüssen als herausragendes Alleinstellungsmerkmal verstärkt entwickeln und das Rheinufer besser nutzen müsse, propagierte er bereits 2005.
Der heutige Oberbürgermeister Peter Kurz, damals Kulturbürgermeister, signalisierte sofort Unterstützung. Er hielt das Konzept für „grundsätzlich genehmigungsfähig“, so Kurz seinerzeit an Bord des Fahrgastschiffs „MS Kurpfalz“. Der Ort hatte – bewusst – starke Symbolkraft, denn mitten auf dem Rhein stellte Esser seine Ideen vor, und Kurz kam ausdrücklich mit an Bord, „um Unterstützung zu signalisieren“, wie er betonte: Die Stadt habe „großes Interesse an dem Projekt“. Und auch zahlreiche weitere prominente Unterstützer aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und von der Metropolregion sowie quer durch die Parteien klatschten Esser Beifall. Das Modell wurde im Modehaus Engelhorn und in einem Container an den Rheinterrassen ausgestellt.
Bis vor dem Zweiten Weltkrieg gab es hier mehrere Fluss- und Sonnenbäder, und an diese Tradition wollte Esser anknüpfen. Mit dem Bau der schwimmenden Plattform werde das „Sehnsuchtsmedium Wasser in einmaliger Premiumlage“ für die Menschen erschlossen. Esser wollte nicht nur Gastronomie, sondern Räume zum Feiern für Privat- und Firmenkunden, für Seminare und kulturelle Events sowie spezielle Angebote zur Umweltbildung bis hin zu einer Wassergütemessstation und einer Schiffsbeobachtungsstation auf dem Oberdeck einrichten.
Doch das zunächst auf vier, dann auf sechs Millionen Euro bezifferte Projekt wurde ewig diskutiert, aber nie realisiert. Bedenken kamen vom benachbarten Ruderclub und dem ihm gehörenden Gasthaus. Anwohner machten sich Sorgen wegen fehlender Parkplätze, die Lindenhöfer Bezirksbeiräte befürchteten zu viel Trubel, und Schifffahrtsexperten bezweifelten stark die Sicherheit der Anlage bei Schiffsunglücken.
Zeitweise sah es so aus, als wäre das Projekt gestorben. Dem widerspricht Esser jetzt vehement. Seit 2014 verfügt er von der Stadt über die „wasserrechtliche Erlaubnis sowie die baurechtliche Genehmigung“, deren Gültigkeit Esser bis 2034 hat verlängern lassen. Und erst im vergangenen Jahr hat ihm die MVV bescheinigt, dass sie weiter Interesse hat, die innovative Energieversorgung per Strömungsturbine zu realisieren.
„Wir könnten also anfangen“, sagt Esser – einerseits. Doch klar ist auch, dass es die Investoren, die 2005 bereitstanden, in der Form nicht mehr gibt. Die langen öffentlichen Diskussionen, die „permanente Zerrederei“, wie er schimpft, unzählige Verzögerungen durch die Behörden mit immer neuen Bedenken und Forderungen nach noch einem und noch einem Gutachten hätten dem Projekt „ganz erheblichen Schaden zugefügt“, klagt Esser und lässt schon sehr deutlich Frust erkennen.
Dennoch wolle er gerne weiter helfen, „Riwwerside“ umzusetzen und bei einer Realisierung vor Ort mitarbeiten, „aber da müssen jetzt auch Jüngere ’ran“, sagt er, alleine gehe er das nicht mehr an. An der Finanzierung werde es nicht scheitern, ist Esser überzeugt: „Investoren sind kein Problem, da gibt es für so ein attraktives Projekt genug Leute, die gerne die Schatulle aufmachen!“
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Ihm reiche aber nicht mehr, wenn ihm „jemand von der Stadt auf die Schulter klopft“, sagt Esser. Vielmehr müsse es „das klare und deutliche Signal der Stadt geben, dass sie das Projekt will, dass sie Aufenthaltsqualität am Fluss will, dann können wir das sofort machen“, so Esser. Darüber liefen Gespräche, über die er im Detail aber nichts sagen könne. Doch der Wunsch der Bürger sei ja da, und der Plan von „Riwwerside“ nach wie vor aktuell und umsetzbar. Man müsse höchstens „ein paar Kleinigkeiten verändern“. So habe bei der Planung der Hochwasserschutz eine große Rolle gespielt, „nun müssen wir bei der Fundamentierung an Niedrigwasser denken“.
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