Ppppodcast- Folge 10

Warum der Erfolg einer Stottertherapie nicht hörbar sein muss

Von 
Sebastian Koch
Lesedauer: 
Therapeut Thilo Müller. © David Lemanski

Wann ist eine Stottertherapie erfolgreich? Die überwältigende Mehrheit wird, so ist anzunehmen, eine klare Antwort auf diese doch so einfach klingende Frage geben: „Wenn der Stotternde nach der Therapie flüssig und ohne Blockaden spricht.“

Die Antwort aber ist vielschichtiger, ja, sie ist sogar sehr viel komplexer. Denn den Erfolg einzig auf das Hörbare, also auf das blockadefreie, flüssige Sprechen, zu begrenzen, greift zu kurz, erklärt Thilo Müller. Der 35-Jährige stottert selbst. Er arbeitet als Sprachtherapeut an der Klinik des Landschaftsverbands Rheinland in Bonn und für die dortige renommierte Stottertherapie. In der zehnten Episode des Stotterer-„Ppppodcast“ ist Müller Gesprächspartner von „MM“-Redakteur Sebastian Koch, der selbst stottert.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.

Im Buch „Kein Berg ohne Täler“ beschäftigt sich Müller zusammen mit anderen Autorinnen und Autoren wissenschaftlich mit dem Erfolg von Stottertherapien und den Rückfällen, die viele Klienten erleiden. „Zu meiner großen Verärgerung wird es in Medien häufig so dargestellt, dass Therapien nur dann erfolgreich sind, wenn der Stotternde hinterher nicht mehr stottert“, kritisiert er im Gespräch. Von der „Symptomfreiheit als einzig wahres Ziel“ rät Müller Betroffenen und ihrem Umfeld deshalb ab. 99 von 100 Klienten erleiden nach einer Therapie einen hörbaren Rückfall. Vielmehr ist es die Angst vor dem Sprechen, die erfolgreich behandelt werden soll. Den psychischen, also den für viele nicht hörbaren Erfolg, stuft Müller höher ein als den des Flüssigsprechens. „Ab einem gewissen Alter ist Heilung absolut keine realistische Option mehr.“ Deshalb gelte es, aus Therapien selbstbewusst herauszugehen. „Der Erfolg ist es nicht, dauerhaft normal, schön zu sprechen, sondern mit der Restsymptomatik mutig umzugehen.“

Doch wie kommt es, dass sich bei Stotternden, die nach einer Therapie zunächst mehrere Wochen, Monate oder gar Jahre (fast) flüssig sprechen, das Stottern nach einer Zeit wieder einstellt? „Da ist es mit ein bisschen Üben und bisschen schön sprechen jeden Tag nicht getan“, sagt Müller. Die Gründe liegen tiefer - und nicht immer sind sie auf mangelnden Fleiß oder fehlende Disziplin des Betroffenen zurückzuführen. Die tatsächlichen Gründe für Rückfälle und wie Betroffene und ihr Umfeld damit umgehen sollen, das ist ab diesem Mittwoch im Morgenweb sowie auf Spotify, Apple Podcast und Deezer zu hören.

Kein Berg ohne Täler, Stottern & Selbsthilfe, 190 S., 12,50 Euro.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Thema : Podcast zum Thema "Stottern"

  • Ppppodcast - Folge 27 Wie es mit dem Ppppodcast weiter geht

    Ein Kollege, der kein Blatt vor dem Mund nimmt und eine Hörerin, die nun weiß, wie sie mit Stottern umgehen kann: Sebastian Koch und Karsten Kammholz blicken auf zwei Staffeln zurück - und verraten, wie es weiter geht.

    Mehr erfahren
  • Ppppodcast - Folge 26 Warum Nina Baumann ihr Stottern zehn Jahre lang versteckte

    Mehr als zehn Jahre lang hat Nina Baumann ihr Stottern vor ihrem Umfeld versteckt - bis ein Gespräch mit ihrer Pfarrerin ihr Leben veränderte. Wie aus einer Leidens- eine Erfolgsgeschichte wurde.

    Mehr erfahren
  • Ppppodcast - Folge 25 Wie es ist, Chef zu sein und dabei zu stottern

    Der Mediziner Thomas Grevelhörster hat in seiner Jugend stark gestottert, heute leitet er als Chefarzt die Radiologie eines Krankenhauses im nordrhein-westfälischen Beckum.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen