Staatsanwaltschaft sieht keinen Vorsatz

Vorfall in Mannheim-Schönau: Katze ohne Absicht ins Auge geschossen?

Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat die Ermittlungen im Falle der mit einem Luftgewehr verletzten Katze auf der Schönau eingestellt. Die Begründung ist durchaus eine Überraschung

Von 
Steffen Mack
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Aus Foxis rechtem Auge musste ein Tierarzt ein Luftdruckgeschoss entfernen, das im Lid feststeckte. © Christoph Blüthner

Mannheim. Der Brief, den Katzenhalter auf der Schönau nun erhalten haben, kommt wenig überraschend. Dass die Ermittlungen im Falle ihrer am Auge verletzten Foxi eingestellt werden, war seit Anfang September absehbar. Da wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft einen Antrag der Polizei abgelehnt hatte, mit einer Hausdurchsuchung die mutmaßliche Tatwaffe zu beschlagnahmen. Dann hätte eine ballistische Untersuchung klären können, ob daraus das im Auge der Katze gefundene Projektil stammt. Warum die Justizbehörde darauf verzichtete, wollte eine Sprecherin dem „MM“ nicht sagen. Nun wird in dem Schreiben eine Begründung genannt. Und die ist durchaus eine Überraschung.

Darin steht, es sei zwar zu vermuten, dass der beschuldigte Nachbar - den Polizisten nach Zeugenhinweisen bei angeblichen Schießübungen in seinem Garten kontrollierten - Wochen zuvor die Katze verletzt habe. Aber dass er vorsätzlich gehandelt haben könnte, sei „nicht ersichtlich“. Es liege daher kein Anfangsverdacht für eine Straftat vor.

Schon mehrfach Streitigkeiten

Das kommt den Eheleuten, denen Foxi gehört, sehr merkwürdig vor. Zumal der Beschuldigte ihres Wissens schon mehrfach in nachbarschaftliche Streitigkeiten verwickelt war. Sie wundern sich auch über den Hinweis der Staatsanwaltschaft, selbst sie hätten nicht „behauptet“, dass der Täter das Tier gezielt verletzten gewollt oder dies zumindest billigend in Kauf genommen habe. „Wir haben doch Anzeige gegen Unbekannt erstattet“, sagt der Katzenhalter. Und das direkt, nachdem ein Tierarzt Mitte Juni das im Augenlid der Katze steckende Geschoss entdeckt hatte. Selbstverständlich seien sie da von Absicht ausgegangen. Und in dieser Auffassung habe sie später der Name des mutmaßlichen Täters nur noch bestätigt.

Der Mannheimer Juraprofessor und Tierschutz-Experte Jens Bölte erklärt auf Anfrage, ohne Kenntnis der Akte könne er zum konkreten Fall nichts sagen. „Grundsätzlich entspricht es aber meiner Erfahrung, dass Staatsanwaltschaften zu Ermittlungszwecken zunächst einmal eine vorsätzliche Begehung unterstellen. Demnach läge es nahe, bei Schüssen auf eine Katze als Ermittlungshypothese von Tierquälereivorsatz auszugehen.“

Wenn jemand ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder diesem aus Rohheit erhebliche Schmerzen zufügt, ist das laut Paragraf 17 Tierschutzgesetz mit einer Geldstrafe zu ahnden, maximal sogar mit drei Jahren Haft. Diese Vorschrift sei in erster Linie für Fälle im privaten Bereich gedacht, sagt Bölte. Und bei einer mit einem Luftgewehr im Auge verletzten Katze handele es sich nicht um einen Bagatellfall.

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Nach Erfahrung des Juraprofessors gehen Staatsanwaltschaften normalerweise Verstößen gegen Artikel 17 im Privaten gründlicher nach als in der Agrarwirtschaft, obwohl dort ebenfalls strafbar. Und selbst wenn man nur von Sachbeschädigung ausgehe, werde zuweilen ein erheblicher Ermittlungsaufwand betrieben. Auch wenn es da immer auf den Einzelfall ankomme.

Nicht mal Sachbeschädigung?

Im konkreten Fall sieht die Staatsanwaltschaft aber auch hier keinen Anfangsverdacht. Fahrlässig begangene Sachbeschädigungen seien nicht strafbar, und Ordnungswidrigkeiten fielen in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde. An die - also das Mannheimer Ordnungsamt - habe man das Ganze nun weitergegeben. Dass dabei mehr herauskommt als bei den Ermittlungen der Polizei, ist indes eher nicht zu erwarten.

Theoretisch könnten die Katzenhalter wohl gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Beschwerde einlegen. Aber das haben sie nicht vor. „Das bringt doch eh’ nichts“, sagt der Mann frustriert. Foxi immerhin gehe es jetzt wieder besser, nach ihrer zwischenzeitlichen Netzhaut-Operation müsse sie aber immer noch Medikamente zur Stärkung des Auges nehmen.

Offenbar keine Rolle spielte bei den Ermittlungen ein weiterer Fall, der sich keine zwei Wochen nach dem ersten auf der Vogelstang ereignete. Dort wurde ein Kater mit einem Luftgewehr an der Schulter verletzt. Die Besitzerin ging nicht zur Polizei, setzte aber via Aushänge eine Belohnung von 50 Euro für Hinweise auf den Täter aus. Das Gleiche taten nach der Berichterstattung im „MM“ zwei Leser bei der Katze von der Schönau. Dass sie ihr Geld noch loswerden, ist nun äußerst unwahrscheinlich geworden.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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