Investoren auf Turley (mit Video)

Von Malta bis Mannheim über Hamburg und Karlsruhe

Von 
Dirk Lübke
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Mannheim. Mit ihrer Firma Tipico auf Malta verdienen die vier Gründer viel Geld mit Sportwetten – nun sind sie als Investoren auf dem Gelände der früheren amerikanischen Kaserne Turley in Mannheim eingestiegen. Sie übernahmen vom bisherigen Investor Tom Bock aus Frankfurt für 36 Millionen Euro mehrheitlich die Baufelder 4 und 5. Wie die Tipico-Gründer über viele Firmen den Weg nach Mannheim fanden, zeichnen wir in diesem Report nach.

Von Malta nach Mannheim sind es ziemlich genau 1600 Kilometer. Nicht alle Wege verlaufen so gerade wie die Luftlinie zwischen dem Steuerparadies im Mittelmeer und der kurpfälzischen Metropole. Die Verbindungen, die nun von der Insel südlich von Sizilien bis auf das Gelände der ehemaligen Turley-Kaserne in Mannheim führen – genauer gesagt auf die Baufelder 4 und 5 – sind nicht immer auf den ersten Blick sichtbar. Der Weg auf Umwegen beginnt häufig in Portomaso in San Giljan, was auf Englisch St. Julians heißt. Dort steht der etwa 100 Meter hohe Portomaso Business Tower, angeblich das erste und einzige Hochhaus auf Malta. So jedenfalls lässt es sich im Internet nachlesen. In dem Gebäude, das die Einheimischen nicht sonderlich mögen sollen, scheint viel Platz für viele Firmen. Auch der Sportwettenanbieter Tipico hat hier seine Erfolgsgeschichte gestartet – gegründet von Mladen Pavlovic, Dieter Pawlik, Wolfgang Kuentzle und Oliver Voigt im Jahr 2004. Tipico ist inzwischen Arbeitgeber für viele Hundert Menschen, vertreten in mehreren europäischen Ländern, in Deutschland allein mit geschätzt mehr als 1000 Wettbüros.

Maltesische und deutsche Firmen vereint

Diese vier Gründer-Väter sind nun als neue Investoren in Mannheim auf Turley mehrheitlich vertreten. Sie haben, so schrieb es jedenfalls die „Wirtschaftswoche“ im Juni des vorigen Jahres, im Jahr 2016 etwa 60 Prozent ihrer Tipico-Mehrheit an den Finanzinvestor CVC verkauft. Angeblich liegt der Wert des Wettanbieters Tipico bei rund 1,4 Milliarden Euro, was wiederum verschiedene Quellen im Internet behaupten und diese Zeitung nicht nachprüfen konnte.

Bei CVC kümmert sich laut der „Wirtschaftswoche“ Alexander Dibelius um den Wettanbieter. Dibelius ist der frühere Deutschlandchef von Goldman Sachs, einem weltweit tätigen Finanzdienstleister. Es wäre eine Überraschung, wenn die vier Tipico-Gründer für den Verkauf der 60 Prozent an CVC nicht mehrere Hundert Millionen Euro bekommen hätten. Tipico sponsert den Fußball-Zweitligisten Hamburger SV. Der gebürtige Karlsruher und spätere Bayern-Torwart Oliver Kahn wirbt für den Wettanbieter.

Nun haben die Tipico-Gründer, belegt über Handelsregister-Eintragungen, einige ihrer maltesischen Firmen im Jahr 2017 mit ihnen gehörenden deutschen Firmen verschmolzen und in Mannheim eingebracht, was Sie unten in der Infografik zu Baufeld 5 sehen können – etwa dort, wo die Trennlinie zwischen Deutschland und Malta in dem Infogram quer gezogen ist.

Zu Plänen in Mannheim sagte ein Sprecher der Projektentwickler von Qcoon und Fortoon gestern auf Anfrage: „Auf dem Baufeld 4 werden im Rahmen des bestandskräftigen Bebauungsplans in enger Abstimmung mit der Mannheimer Baubehörde etwa 218 Mietwohnungen realisiert und im Bestand der Eigentümer verbleiben. Die Sozialquote gilt für Wohnungen, die zusätzlich durch eine Änderung eines bestehenden, rechtskräftigen Bebauungsplans geschaffen werden können.“ Das Baufeld 5 werde als Misch -und Gewerbegebiet entwickelt.

Bei den Projektentwicklern Fortoon und Qcoon aus Hamburg handelt es sich um Gesellschaften, die wiederum auch aus mehreren Unternehmen bestehen. Projektentwicklung, Anlageberatung und Anlagevermittlung steht an erster Stelle.

Die Firma Qcoon arbeitet auch als Family Office. In solchen Einrichtungen fühlt man sich „einzig den Interessen der Familie/des Vermögensinhabers verpflichtet und ist daher unabhängig von wirtschaftlichen Interessen Dritter“. So steht es auf der Qcoon-Internetseite – und die Vermögensinhaber sind die vier Tipico-Gründer und neuen Mannheim-Turley-Investoren.

Gewinnbesteuerung unter fünf Prozent

Der Professor und Steuerexperte der Universität Mannheim, Christoph Spengel, bewertete die neue Situation auf Turley auf Anfrage so: „Malta ist für alle interessant, die kein oder wenig Interesse haben, Steuern zu zahlen. Durch das Malta-Holding-Modell, das auch offensiv im Internet beworben wird, ist es möglich, die Gewinnbesteuerung auf unter fünf Prozent zu drücken. Innerhalb der EU ist dies die geringste Steuerbelastung. Genutzt wird dieses Modell vor allem von Konzernen der Jacht- und Schiffsregistrierung sowie, wie im Fall von Tipico, der Glücksspiellizenzen. Da Malta Mitglied der EU ist, genießt es außerdem sämtliche EU-Steuerprivilegien. Dadurch ist es möglich, die sehr niedrig besteuerten Gewinne ohne weitere Belastungen in andere Mitgliedstaaten zu verlagern. Wenn man nur ungefähr fünf Prozent Steuern zahlt, hat man natürlich auch mehr Geld zur Verfügung, um, wie im Fall von Turley geschehen, Grundstückskäufe quasi aus der Portokasse zu finanzieren.“


Turley Baufeld 4
Infogram

Grafik: Die Investoren auf dem Turley-Baufeld 4 



Turley Baufeld 5
Infogram


Grafik: Die Investoren auf dem Turley-Baufeld 5

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