Politik - Die Teil-Sperrung des Fahrlachtunnels löst eine Debatte über den ab August geplanten Verkehrsversuch in der Innenstadt aus

Verschieben oder machen? Das sagen die Fraktionen

Von 
Timo Schmidhuber
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Mannheim. Der Fahrlachtunnel auf Mannheims Süd-Umfahrung ist bis auf Weiteres nur einspurig nutzbar. Das führt dazu, dass viele Autofahrer den Weg über den Innenstadt-Ring nutzen. Doch dort sind die Straßen – gerade rund um die Kurt-Schumacher-Brücke – heute schon oft dicht. Vor allem, weil an der anderen Querung nach Ludwigshafen, der Konrad-Adenauer-Brücke, noch bis Ende Oktober gebaut wird. Macht unter diesen Bedingungen der ab August geplante einjährige Verkehrsversuch für eine autofreiere Innenstadt überhaupt Sinn?

Bei dem vom Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossenen Projekt sollen Fressgasse und Kunststraße an zwei Stellen gesperrt werden (siehe Grafik). Die Planer wollen sehen, welche Auswirkungen das auf den Verkehr auf dem Innenstadt-Ring hat. Kritiker monieren, das Projekt sei wenig aussagekräftig, wenn auf dem Ring heute schon mehr los ist als sonst. Dazu kommt, dass die Durchfahrt der Fressgasse an Wochenenden bereits gesperrt ist – was zu mehr Belastung anderer Innenstadt-Straßen führt und zu Ärger bei Anwohnern. Wir haben die Fraktionen im Gemeinderat nach Lösungen gefragt.

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Grüne

Die größte Fraktion im Rat will auf jeden Fall am Verkehrsversuch festhalten. „Wir müssen endlich Erkenntnisse darüber gewinnen, wie in einem ersten Schritt zu einer autoberuhigten Innenstadt der Durchfahrtsverkehr zu stoppen ist. Auch wenn die Zahlen eine Situation widerspiegeln werden, die nicht der Regelfall sein mag“, betont der verkehrspolitische Sprecher Gerhard Fontagnier. Eingriffe in den Innenstadt-Verkehr seien „bitter notwendig“ – aus vielen Gründen. „Den Bewohnerinnen und Bewohnern, den Geschäften und nicht zuletzt dem Klima zuliebe.“ Von der Stadt erwarten sich die Grünen noch im Juli ein „konsequentes Begleitprogramm“ zum Verkehrsversuch „mit Plakatierung, Ordnungskräften und deutlichen und klaren Beschilderungen“.

SPD

Die Sozialdemokraten halten den Verkehrsversuch ebenfalls weiter für sinnvoll – „um die Innenstadt langfristig vom Durchgangsverkehr zu entlasten und mehr Raum für die Menschen zu schaffen“, wie die verkehrspolitische Sprecherin Isabel Cademartori betont. In einer Region mit kompliziertem Verkehrsnetz sollten Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt nicht jedes Mal in Frage gestellt werden, wenn an anderer Stelle saniert werde, findet sie. „Irgendwo wird immer gerade saniert oder gebaut werden.“ Auch die SPD hält es für zentral, Autofahrer umfassend über den Verkehrsversuch zu informieren. Die Situation am Fahrlachtunnel werde man „gegebenenfalls in die Bewertung der Ergebnisse des Versuchs einfließen lassen“.

CDU

Im Gegensatz zu Grünen und SPD spricht sich die CDU dafür aus, den Verkehrsversuch auszusetzen. Dieser könne „keinesfalls während einer längeren Teil- oder Vollsperrung des Fahrlachtunnels stattfinden“, findet Fraktionschef Claudius Kranz. Aktuell seien dadurch schon Ausweichverkehre etwa auf dem Innenstadt-Ring feststellbar. „Da die Mehrverkehre zu Ein- und Ausfahrproblemen aus den Quadraten auf den Ring führen, macht ein Verkehrsversuch keinen Sinn. Das Ergebnis wäre massiv verzerrt.“ Die „Doppelbelastung“ aus Tunnel-Teilsperrung und Verkehrsversuch bewerten die Christdemokraten als „massiv schädlich“ für Handel, Gastronomie und Innenstadt-Bewohner.

LI.PAR.Tie

Es gebe wohl nie den „richtigen“ Zeitpunkt für einen solchen Verkehrsversuch, sagt LI.PAR.Tie-Fraktionschef Dennis Ulas. Er plädiert deshalb dafür, trotz der aktuellen Beeinträchtigungen daran festzuhalten. Im Sommer sei das Verkehrsaufkommen wegen der Urlaubszeit und der stärkeren Nutzung des Fahrrads ohnehin geringer als im Winter, argumentiert Ulas. Und Ende Oktober würden dann auch die Arbeiten an der Adenauer-Brücke abgeschlossen sein, was zu einer Entspannung führe. „In die Innenstadt sollen nur diejenigen fahren, die dort auch ein Ziel haben.“

AfD

Die AfD lehnt den Verkehrsversuch ab – nicht erst seit der jüngsten Entwicklung im Fahrlachtunnel. „Ludwigshafen ist ein Beispiel dafür, wie man eine Innenstadt ruiniert. In Mannheim wollen wir das vermeiden“, sagt Fraktionschef Bernd Siegholt. Deshalb soll es in Mannheim so lange keine Änderungen geben, bis die Hochstraßen-Arbeiten in Ludwigshafen beendet seien. Man müsse „die Bedürfnisse des motorisierten Individualverkehrs“ beachten.

FDP/Mittelstand für Mannheim

Der Verkehrsversuch sei prinzipiell sinnvoll, findet die Fraktion von FDP/Mittelstand für Mannheim. Belastbare Ergebnisse könne er aber nur bei einer „halbwegs normalen“ Ausgangssituation bringen. Die sei aber durch die zahlreichen Beeinträchtigungen im Stadtgebiet, zu der auch die Sperrung des „Suezkanals“ gehöre, nicht gegeben. Daher solle der Versuch verschoben werden. Nach Ansicht der Liberalen „rächt“ sich jetzt, „dass über Jahrzehnte Straßen- und Brückensanierung so sträflich vernachlässigt wurden“.

Mannheimer Liste (ML)

Die Teil-Sperrung des Fahrlachtunnels allein wäre für die Freien Wähler/Mannheimer Liste (ML) kein Grund, den Verkehrsversuch abzublasen. Diesen Effekt könnte man sicher aus dem Ergebnis herausrechnen, argumentieren sie. Aber wegen der vielen anderen „Baustellen und Umleitungsverkehre“ bezweifelt die ML, dass der Versuch jetzt „verlässliche Zahlen zu den gewünschten Effekten“ bringt. Ihr Vorschlag: Verschieben aufs nächste Frühjahr.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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