Gericht

Urteile nach Messerattacke am Theresienkrankenhaus: Haftstrafen und Bewährung verhängt

Das Verfahren rund um die Messerattacke vor dem Theresienkrankenhaus in Mannheim ist zu Ende gegangen. Die letzten beiden Urteile sind gefallen.

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Vor dem Theresienkrankenhaus in Mannheim hat sich die Messerattacke ereignet. © Thomas Tröster

Mannheim. In dem vor einem Monat auf der Zielgeraden abgekoppelten Landgerichts-Prozess rund um die Messerattacke vor dem Theresienkrankenhaus (TKH) sind nun auch die beiden letzten Urteile verkündet worden. Die Schwurgerichtskammer verhängt wegen Mitttäterschaft bei gefährlicher Körperverletzung eine Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren und spricht im zweiten Fall wegen Beihilfe elf Monate zur Bewährung aus.

Als das Strafverfahren Mitte Februar vor der Schwurgerichtskammer beginnt, sitzen acht Männer im Alter von Anfang 20 bis Mitte 30 – darunter drei Brüder, Cousins und Freunde - auf der Anklagebank. Ihnen wird gemeinschaftlich versuchter Mord zur Last gelegt. Hintergrund: Das vor dem Ordenskrankenhaus niedergestochene, außerdem geschlagene und getretene Opfer überlebte seine schweren Verletzungen, insbesondere im Bauchraum, nur dank einer Not-Operation. Der 46-Jährige, der sich als Nebenkläger durch einen Anwalt vertreten lässt, kämpft bis heute körperlich wie seelisch mit den Folgen der Attacke.

Meinungsverschiedenheit über türkische Politik ist eskaliert

Unstrittig ist bei der schwierigen Beweisaufnahme: Alles hat am Abend des letztjährigen 30. Mai in einem Döner-Imbiss in den Quadraten mit einer Auseinandersetzung um türkische Politik begonnen, die zunächst verbal und dann mit Handgreiflichkeiten eskalierte. Die Anklage geht von einem verabredeten Rachefeldzug mit Tötungsabsicht aus.

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Laut Ermittlungen hat einer der beiden Streitkontrahenten nach medizinischem Versorgen seiner Schnittwunde gegen 23.15 Uhr das TKH wieder verlassen und vor dem etwas tiefer gelegenen seitlichen Klinikeingang (Luisenparkseite) auf einem Stein eine Zigarette geraucht, als aus dem Hinterhalt der Angriff erfolgte. In dem Verfahren gilt es außerdem, einen Schlag zu klären, der einer Zeugin des Geschehens - nämlich der Pförtnerin, die zeitgleich eine Rauchpause eingelegt hat – versetzt worden ist.

Als die Schwurgerichtskammer am 12. Mai (wie berichtet) die ersten sechs Urteile fällt, sind die angeklagten Männer bereits aus der teilweise zehn Monate währenden Untersuchungshaft entlassen worden. Das Gericht geht im Falle des geständigen Haupttäters von versuchtem Mord aus. Es verurteilt den Angreifer, der eingeräumt hat, ein Messer mitgeführt und damit auf das Opfer eingestochen zu haben, zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten. Die fünf anderen Strafen, die zwischen zwei Jahren und sechs Monaten variieren, werden allesamt zur Bewährung ausgesetzt.

Zwei der Verfahren hat die Kammer kurzfristig abgetrennt. Wie der Vorsitzende Richter Gerd Rackwitz nun bei der Verkündung der beiden letzten Urteile erklärt, habe die Verteidigung mit Anträgen und Rügen versucht, den Prozess in die Länge zu ziehen, ja zu torpedieren.

Vorwurf des Mordes hat sich für die Schwurgerichtskammer nicht bestätigt

Den Vorwurf des versuchten Mordes sieht die Schwurgerichtskammer bei den noch verbliebenen beiden Angeklagten nicht von der Beweisaufnahme bestätigt. Sie verurteilt einen der Söhne der Streitbeteiligten im Döner-Imbiss wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit einfacher Körperverletzung bezüglich der Pförtnerin. Dass bei der aus dem Ruder gelaufenen Auseinandersetzung das spätere Opfer zuerst attackiert haben soll, wie von der Verteidigung vorgetragen, sieht die Kammer als keineswegs erwiesen. Es sei unklar geblieben, durch wen genau der Streit wie entbrannte - zumal das Wortgefecht in türkischer Sprache ablief.

Das Gericht betont, keineswegs für glaubhaft zu halten, dass sich einer der Brüder aus der Abrede, den 46-jährigen Konfliktkontrahenten abzustrafen, heraushalten wollte. Der Verteidiger hat im vorausgegangenen Plädoyer ausgeführt, sein Mandant sei zwar entsprechend des in dem Lokal eskalierten Streits sehr aufgebracht gewesen, habe aber bei dem späteren Geschehen vor dem TKH-Portal lediglich beobachtend an der Bassermannstraße gestanden, ohne selbst einzugreifen. Das möglicherweise „aggressive Verhalten“ sei entsprechend der Situation „sozial adäquat“ gewesen.

Verteidiger hat auf Freispruch für beide Angeklagte plädiert

Der Anwalt fordert einen Freispruch beziehungsweise eine bewährungsfähige Strafe. Dies sieht das Gericht anders: Die verhängten zwei Jahre und sechs Monate müssen im Gefängnis verbracht werden. Hingegen ist jener Angeklagte, der im davor abgeschlossenen Verfahren seine Attacke mit Fäusten und Füßen gestanden und freiwillig 10 000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer gezahlt hat, mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe davon gekommen.

Bei dem jetzt verurteilten Cousin geht die Kammer lediglich von Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung aus und bemisst die Bewährungsstrafe auf elf Monate. Die Verteidigung hat auf Freispruch plädiert und eine Wiedergutmachung für die aus ihrer Sicht zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft verlangt.

Die Staatsanwältin bleibt am Vormittag in ihrem detaillierten Schlussvortrag bei ihren Anklagevorwürfen und hält eine Gefängnisstrafe von 13 Jahren sowie von sieben Jahre für angemessen. Gegen die bereits am 12. Mai verkündeten sechs Urteile, die bei der Strafzumessung weit unter ihren Anträgen liegen, hat die Strafverfolgungsbehörde Revision eingelegt.

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