Justiz

Urteil nach Messerattacke an Mannheimer Kurpfalzbrücke: Freispruch und Unterbringung

Der Beschuldigte ist im Prozess vor dem Landgericht Mannheim um die Messerattacke am Kurpfalzkreisel freigesprochen - das Gericht ordnet aber eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Wie es zum Urteil kam

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Der Fall um die Messerattacke am Kurpfalzkreisel wird vor dem Landgericht Mannheim verhandelt. © Christoph Blüthner

Mannheim. Als Erzengel Michael, der im Auftrag des Herrn eine „Mafia-Frau“ beseitigen soll, wähnte sich offenbar jener 29-Jährige, der am Kurpfalzkreisel eine zufällig an der Ampel stehende Fußgängerin niedergestochen und lebensgefährlich verletzt hat. Wegen Schuldunfähigkeit aufgrund psychotischer Wahnvorstellungen spricht das Mannheimer Schwurgericht den Beschuldigten von den zur Last gelegten „erheblichen Körperverletzungen“ frei.

Die Kammer ordnet eine Klinik-Unterbringung an. Im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (Wiesloch) hat der berufslose Mannheimer bereits die Untersuchungshaft verbracht - dort wird er vorerst im Maßregel-Vollzug bleiben.

Während des Verfahrens mit zwei Nebenklägern war die Öffentlichkeit sowohl während der Befragungen von Zeugen wie des Sachverständigen, außerdem bei den Plädoyers ausgeschlossen. Allerdings blitzt am späten Montagvormittag in der mündlichen Urteilsbegründung das Ergebnis der Beweisaufnahme auf.

Verletzte überlebte nur durch zwei Notoperationen

Bei den Ausführungen des Vorsitzenden Richters Gerd Rackwitz wirkt der aufgrund einer paranoid-halluzinatorischen Psychose medikamentös behandelte 29-Jährige abwesend. Als der Kammervorsitzende berichtet, dass die von ihm mit einem Klappmesser an Hals und Kopf massiv verletzte Frau nur durch Eingreifen von Passanten und zwei Notoperationen im Klinikum überlebt hat und bis heute mit den Folgen der Gewaltattacke zu kämpfen hat, zeigt der Beschuldigte keinerlei Regung. Hin und wieder versucht er ein Gähnen zu unterdrücken.

Wie Richter Rackwitz schildert, leidet die niedergestochene Fußgängerin, die bei dem Angriff gerade Mittagspause hatte, an einer Gesichtslähmung. Die Finger einer Hand sind derzeit nicht voll funktionsfähig - was die Rückkehr in den Beruf als Zahnärztin erschwert. Zudem ist die 28-Jährige derart traumatisiert, dass sie Antidepressiva verordnet bekommen hat.

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Laut Urteilsverkündung hatte die psychiatrische Erkrankung am 24. Januar 2024, dem Tattag, eine so „starke Aktivität“ entwickelt, dass weder „Denkprozesse“ noch eine „rationale Kontrolle“ möglich waren. Laut Krankenakte bahnten sich schon im Jugendalter seelische Störungen an.

Gesetz sieht jährlich Überprüfung vor

In dem Prozess ging es auch um einen zeitlich früheren Angriff, der ursprünglich am Amtsgericht anhängig war: Im letztjährigen August betrat der Beschuldigte mit einem Baseballschläger ein Lokal in der Innenstadt und schlug unvermittelt von hinten einem Mann in Nacken und Rücken.

Offenbar hatte der Angreifer bei einer vorherigen Begegnung das Gefühl gehabt, über ihn sei gelästert worden - und sich danach regelrecht in Wut gesteigert. Wegen krankheitsbedingter Schuldunfähigkeit ist der 29-Jährige auch bei dieser Körperverletzung freigesprochen worden.

Eine gerichtlich angeordnete psychiatrische Unterbringung erfolgt grundsätzlich ohne Zeitvorgabe. Allerdings sieht das Gesetz eine jährliche Überprüfung vor. Anwalt Urbanczyk erklärt im Namen seines Mandanten, dass dieser das Urteil akzeptiert. Auf Rechtsmittel wird noch im Gerichtssaal verzichtet.

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