Gesundheitswesen - Gemeinsamer Verein soll Hochschulmedizin im Südwesten stärken / Bessere Patientenversorgung als Ziel

Unikliniken im Südwesten wollen Kräfte bündeln

Von 
Peter Reinhardt
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Gebäude des Heidelberger Universitätsklinikums im Neuenheimer Feld. © Bernhard Zinke

Mannheim. Die Idee für den neuen Verein ist bereits in der Frühphase der Pandemie vor einem Jahr entstanden. Damals hatten die vier Universitätskliniken Heidelberg, Freiburg, Ulm und Tübingen im Eilverfahren untersucht, wie stark das Corona-Virus Kinder trifft. Gemeinsam stand den Kliniken ein viel größerer Datenbestand zur Verfügung. Der Erfolg brachte Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf die Idee, dieser Zusammenarbeit eine dauerhafte Struktur zugeben. Für konkrete Projekte legte die Regierung noch vor der Landtagswahl im März 80 Millionen Euro ins politische Schaufenster. Am Mittwoch stellte der Grünen-Regierungschef in Stuttgart den dafür gegründeten Trägerverein vor.

Land hilft mit mehreren Sonderprogrammen

  • Einen Tag vor der Präsentation des VereinsUniversitätsmedizin Baden-Württemberg hat Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ein weiteres Corona-Sonderprogramm für die Unikliniken auf den Weg gebracht.
  • Noch einmal 100 Millionen Euro sollen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abmildern. Im April und Juni letzten Jahres hatten die vier Häuser der Maximalversorgung schon 77 Millionen Euro bekommen.
  • Vergleichsweise bescheiden nimmt sich dagegen die Unterstützung des von der Stadt Mannheim getragenen Uniklinikums Mannheim aus. Für das Jahr 2020 wurden 12,4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
  • In der Covid-19-Forschung unterstützt das Land 53 Projekte mit elf Millionen Euro. 

Dem Verein mit dem Titel „Universitätsmedizin Baden-Württemberg“ gehören die vier Unikliniken des Landes an. Seine städtische Trägerschaft schließt das Mannheimer Klinikum aus. Mitglied ist nach Angaben von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) aber die Medizinische Fakultät Mannheim, die von Dekan Sergij Goerdt dort vertreten werde. Der Verein soll auch die Unikliniken enger mit den medizinischen Fakultäten verknüpfen. Bauer: „Über engere Zusammenarbeit wird überall viel geredet, wird sorgen für ein stabiles System.“

Patient im Fokus

„Mit der Gründung des Vereins bündeln wir unsere Kompetenzen und geben unserer Zusammenarbeit ein tragfähiges Fundament“, sagte Frederik Wenz, der frühere Geschäftsführer des Mannheimer Klinikums und jetzige Ärztliche Direktor in Freiburg. Er ist der Vorsitzende des neuen Vereins. Das bringe Vorteile für die Versorgung der Patienten. Die Forscher hätten Zugriff auf die Daten von jährlich 300 000 Patienten, die in 7000 Betten behandelt würden. Wenz: „So können wir schneller Erkenntnisse gewinnen und Vorschläge entwickeln.“

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Der Ulmer Dekan Thomas Wirth sieht neben der Vernetzung für klinische Studien weitere Vorteile. Der Verein könne „unnötige Doppelstrukturen vermeiden“. Das sei wichtig, weil es nicht genügend Köpfe für die Forschung gebe. Zu den Aufgaben des Vereins zählt Wirth auch die Digitalisierung der Medizin. Mit neuen Internetportalen und Anwendungen könnten vorbildliche Behandlungsmethoden schnell flächendeckend eingeführt werden.

Beim Blick auf den baden-württembergischen Gesundheitssektor gerät Kretschmann ins Schwärmen. Der sei „extrem leistungsfähig“, aber zu wenig bekannt. Der Verein kann seiner Ansicht nach dazu beitragen, dass Spitzenforschung neue Firmen in den Südwesten lockt. Das Interesse an engerer Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sei riesig. Das von ihm gegründete Forum Gesundheitswirtschaft bringe zwei Jahre nach der Gründung regelmäßig 400 Akteure zusammen. Kretschmann: „Man kann da nur von einem großen Aufbruch und Begeisterung sprechen.“

Wissenschaftsministerin Bauer weist darauf hin, dass die Unikliniken zwar im Wettbewerb zueinanderstünden. Aber die Konkurrenz müsse durch „kluge Kooperationen, gebündelte Aktivitäten und gemeinsames Auftreten ergänzt werden“. Kretschmann beschreibt die Vorteile mit dem Zitat eines Mediziners: „Wenn wir kooperieren, sind wir stärker als die Berliner Charité.“ Die Größenvorteile dienen auch zur Begründung der geplanten Fusion der Unikliniken Mannheim und Heidelberg. Aber die steht an diesem Tag nicht auf der Tagesordnung.

Korrespondent Landespolitischer Korrespondent in Stuttgart

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