Verkehrsversuch

Umstrittene Mannheimer Sportparklets teurer als bislang gedacht

Für Diskussionen und Spott sorgten die Sportparklets in der Mannheimer Innenstadt vom ersten Tag an. Jetzt bezeichnet sie auch noch der Steuerzahlerbund als Steuerverschwendung. Und die Kosten sind höher als bislang angenommen

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Florian Karlein
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Im Grünen statt im Grauen: Die Sportparklets sind Ende November aus der Kunststraße in den Unteren Luisenpark umgezogen. © Florian Karlein

Mannheim. Blätter und Äste auf den Sportgeräten lassen sich noch leicht wegwischen. Der Vogelkot auf den Fitnessbänken dagegen nicht. Überhaupt sehen die drei Sportparklets, die noch bis Ende November in der Innenstadt standen, nicht so aus, als würden sie besonders häufig benutzt. Sonnig, aber kalt ist es an diesem Februar-Nachmittag im Unteren Luisenpark. Ein Jogger dreht seine Runden, junge Männer trainieren an der Calisthenicsanlage und Spaziergängerinnen schlendern durch den Park. Sie alle haben eines gemeinsam: die Sportgeräte aus Metall lassen sie allesamt links liegen. Da stellt sich die Frage: Wie sinnvoll war der Umzug der umstrittenen Sportparklets von der Kunststraße in den Unteren Luisenpark?

„Totaler Blödsinn“, sagt eine Passantin im Vorbeigehen. Sie schüttelt den Kopf, macht mit der Hand eine Scheibenwischer-Geste vor ihrem Gesicht. „Ich habe hier noch nie jemanden trainieren sehen.“ Dabei sei sie oft hier unterwegs. Blanker Hohn sei, sagt sie noch, als sie schnell weitergeht, dass die Sportparklets auf die Anlaufbahn der Weitsprunganlage gestellt wurden.

Was sind Parklets?

  • Parklets sind ehemalige Parkplätze in der Innenstadt, die während des Verkehrsversuchs umgenutzt wurden. Auf manchen stehen Pflanzkübel, auf anderen haben Restaurants ihren Außenbereich erweitert.
  • Mitte Juli wurde die Zahl der Parklets auf 111 beziffert.
  • Dort, wo in der Kunststraße die Sportparklets waren, stehen momentan Pflanzkübel.
  • Im Frühjahr sollen an einem der drei Standorte mobile Fahrradbügel aufgestellt werden, an einem weiteren sei das ebenfalls geplant. Die beiden Anlagen sollen laut Stadtverwaltung über jeweils sieben Stellplätze verfügen. 

Als totalen Blödsinn bezeichnet Daniel Bilaniuk vom Bund der Steuerzahler (BdSt) in Baden-Württemberg die Sportparklets nicht. Aber als Verschwendung von Steuergeld. In der aktuellen Ausgabe von „Der Steuerzahler“ berichtet er über die umstrittenen Geräte: „Der Fitnessparcours in der Mannheimer Innenstadt ist gefloppt“. Das Magazin des BdSt hat eine bundesweite Auflage von 200 000 Exemplaren, die Landesbeilage - mit dem Bericht - war in 40 000 Heften davon enthalten. „Bevor die Geräte aufgestellt wurden, hätte die Stadt eine Evaluierung durchführen müssen“, erklärt Bilaniuk seine Einschätzung. Eine Umfrage unter Passanten oder ein Test mit einem einzelnen Sportgerät schlägt er vor. „Man hätte auch mit den umliegenden Ladenbesitzern sprechen müssen“, sagt er.

Kosten über 120 000 Euro

Bei der Stadtverwaltung geht man nicht direkt auf den BdSt-Vorwurf der Steuerverschwendung ein. Stattdessen erklärt eine Stadtsprecherin erneut den Gedanken hinter den Sportparklets: Man habe damit das Thema Bewegung stärker in die Innenstadt bringen und Möglichkeiten schaffen wollen, „unterschwellig mit dem Thema Bewegung in Berührung zu kommen“.

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Für die Anlagen hatte die Verwaltung bislang von Anschaffungskosten in einem „mittleren fünfstelligen Bereich“ gesprochen - so heißt es auch im Text des „Steuerzahler“ vom BdSt. Auf „MM“-Nachfrage konkretisiert die Verwaltung jetzt die Kosten: 33 000 Euro für ein Parklet, das aus der Unterkonstruktion und vier Sportgeräten besteht. Die Gesamtkosten mit Planung, Montage, TÜV, Transport, Abnahme sowie Baustelleneinrichtung belaufen sich damit sogar auf 116 000 Euro.

Und die ungeliebten Parklets haben noch mehr Geld verschlungen: Umzugskosten. Auf genau 4870 Euro beliefen sich die Transportkosten. Daniel Bilaniuk schreibt im „Steuerzahler“ von Umzugskosten von 7500 Euro. Im Juli des vergangenen Jahres wurden die Sportparklets in der Kunststraße aufgestellt - und sorgten damals sofort für Diskussionen, aber auch für Spott und Häme. Passanten auf der Straße und Nutzer im Internet kritisierten den Standort: Niemand würde mitten in der Innenstadt unter den Augen etlicher anderer Sport treiben. Anstatt für Kraftübungen wurde etwa die „Schwebende Plattform“ eher als Sitzmöglichkeit in der Mittagspause genutzt. Herumliegende Essensreste inklusive.

Bewertung nach der Sommerpause

Auch nach Kritik aus einigen Gemeinderatsfraktionen zog die Stadt die Reißleine: Im Umweltausschuss kündigte der zuständige Bürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) an, dass die Sportparklets abgebaut werden und in den Unteren Luisenpark umziehen. Offiziell begründet wurde das nicht mit mangelndem Interesse an den Geräten, sondern damit, dass die blauen Trennwände die Sicht auf Geschäfte verdeckten. Der neue Standort sei bewusst ausgewählt worden, weil dort - besonders in den warmen Monaten - viele Sportbegeisterte zusammenkommen, erklärt die Sprecherin auf „MM“-Nachfrage: „Die Sportparklets ergänzen an diesem Standort das Angebot und sollen hier besonders Personen ansprechen, die noch nicht so viele Berührungspunkte mit dem Sport haben und einen einfachen Einstieg ermöglichen.“ Nach der Sommerpause soll der Standort neu bewertet werden.

Pflanzkübel haben die Sportparklets in der Kunststraße ersetzt. © Thomas Tröster

Weitsprung weiter möglich

Nachdem im Herbst bekannt wurde, dass die Fitnessgeräte aus der Innenstadt wegziehen, hatten mehrere Schulen, Vereine und Institutionen Interesse angemeldet. Eine Woche nach der Ankündigung waren es bereits rund 20 Anfragen. Im Unteren Luisenpark zeigt sich auch Michael Zapp neugierig. Er testet eines der Sportgeräte schließlich kurz. Er würde womöglich mehr ausprobieren, muss aber wegen einer Hüftoperation vor kurzem langsam machen. Ganz so kritisch wie andere sieht er die Fitnessgeräte nicht. „Hier passen sie doch gut hin“, sagt der 71-Jährige aus der Oststadt. „Jedenfalls besser als in die Kunststraße.“ Abzuwarten bleibe, ob die Geräte trotz einiger anderer Sportmöglichkeiten im Luisenpark genutzt werden. Dafür müsse man den Sommer abwarten, sagt Zapp. Weitsprung könne man übrigens auch weiterhin ausüben, so die Stadtsprecherin: Etwa 20 Meter entfernt befindet sich die Hauptweitsprunganlage.

Daniel Bilaniuk lässt in seinem Text Skepsis durchscheinen, dass die Fitnessgeräte im Luisenpark besser angenommen werden als in der Innenstadt. Und am Telefon sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion: „Und wenn es wieder nicht gut läuft? Dann fallen wieder Versetzungskosten an.“ Wieder aus Steuergeld.

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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