Gesellschaft

Umfrage: Wie steht es um das Miteinander in Mannheim?

Der Neujahrsempfang 2025 im Rosengarten fand unter dem Motto „Mannheim Miteinander“ statt. Das kam gut an. Eine Umfrage des "MM" unter den Gästen zeigt: Die Menschen wünschen sich mehr Zusammenhalt

Von 
Kilian Harmening
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Der Neujahrsempfang 2025 im Rosengarten fand unter dem Motto „Mannheim Miteinander“ statt. (In der Mitte OB Christian Specht im Gespräch.) © Kilian Harmening

Mannheim. Wie steht es dieser Tage um das „Miteinander“ in Mannheim? Es ist keine leichte Frage, die der „MM“ auf dem Mannheimer Neujahrsempfang im Rosengarten verschiedenen Besuchern stellte. Und doch waren die Antworten aufschlussreich: Denn dass die Stadtgesellschaft eng zusammenrückt, das wünschen sich viele. Und abseits aller Statistiken ist die Frage, ob man sich in der eigenen Heimatstadt sicher fühlt, eine höchst subjektive.

So gilt es, besonders auf die „Ähms“, „Ehs“ und „Eigentlichs“ zu hören, die verschiedene Besucher am Dreikönigstag äußern, bevor sie ihre Antwort auf die Frage formulieren: Fühlen Sie sich in Mannheim wohl?

Hikmet Ataoglu denk darüber nach, sich ehrenamtlich zu engagieren. © Kilian Harmening

Ja, auf alle Fälle, antworten mehrere. „Eigentlich schon“, antwortet etwa Nermin, ein junger Vater, der seinen Familiennamen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er beginnt, zu konkretisieren: „Im Hellen, ja. Abends nicht sehr. Ich mache mir Gedanken über meine Frau, wenn sie nachts zum Beispiel Straßenbahn fährt.“

„Mannheim Miteinander“ ist das Motto, das OB Christian Specht für den diesjährigen Neujahrsempfang ausgerufen hat. „Mannheim hat es trotz erschütternder Ereignisse wie dem Mord an dem Polizisten Rouven Laur geschafft, ein gutes Miteinander zu bewahren“, erklärt das Stadtoberhaupt im Vorfeld überzeugt. „Gleichwohl dürfen wir nicht nachlassen in unserem Bemühen, unsere Stadt als einen Ort der Begegnung und des Respekts zu gestalten.“

Illegale Einwanderung als Tabuthema?

Dieses „Miteinander“ steht am Montagnachmittag besonders in der zweiten Etage des Rosengartens im Mittelpunkt. Musik, Spiele und lebendiger Austausch locken viele Familien und andere engagierte Bürgerinnen und Bürger in den Gustav-Mahler-Saal, wo Vertreter der Stadt zu Gesprächen anregen und das Gemeinschaftsgefühl fördern wollen.

Und siehe da: „Man fühlt sich wohl!“, findet Nermin. Genau die familiäre Atmosphäre helfe, Angespanntheit zu reduzieren. Hierhin gekommen ist er vor allem wegen der Angebote für Kinder, aber auch, um sich über Mannheims Vereine zu informieren.

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Angesprochen auf den Tod von Rouven Laur platzt es aus dem Familienvater heraus: „Ich habe das Gefühl, dass es Sachen gibt, die passieren, über die man nicht offen reden darf.“ Das gelte nicht speziell für Mannheim. Nermin spricht auch Kritik an den Medien aus. „Wenn man offen über Sachen redet, die offensichtlich sind, wird man ausfiltriert aus dem Gespräch mit entweder Fangfragen oder irgendwelchen Bezeichnungen, als wäre man dies, als wäre man das.“ Illegale Einwanderung werde – weltweit – zunehmend zum Problem, ist er überzeugt. Das auszusprechen bringe ihm Vorwürfe ein, sich auf Rasse oder Religion zu beziehen – darum gehe es ihm aber nicht. Er hat selbst einen Migrationshintergrund.

Der junge Mann arbeitete eine Zeit lang als Schlosser. „Da kann man schon mal offen reden mit den Kollegen, weil die sind eigentlich recht simple Leute“, sagt er. Etwas, das Nermin auch seinem Wohlfühl-Gefühl in Mannheim positiv anrechnet: „Ich wohne noch nicht lange hier. Aber von der Arbeit her, von den Arbeitskollegen, sind die Leute eigentlich sehr gut.“

Vereine, Kirche und Nachbarschaft stärken das Miteinander

Auch das Sicherheitsgefühl von Ludwig Beck, der seit vielen Jahrzehnten in Feudenheim lebt, hinkt. „Mag sein, dass es nur ein Gefühl ist, aber das Gefühl ist halt da“, sagt er. „Die Innenstadt ist nicht mehr das, was sie mal war.“ Er fühle sich dort, besonders um den Marktplatz, schlicht nicht mehr zu Hause. Geht er doch vereinzelt noch dorthin, greift er gemeinsam mit seiner Ehefrau aufs Auto zurück und verzichtet seit Längerem auf die Straßenbahn.

„Ich habe auch überhaupt nichts gegen Migranten“, ist er bemüht, klarzustellen. Im Gegenteil: Vieles habe Mannheims Kultur geprägt, das von außen kam. Vielfalt wünscht sich Beck, sie gehe rund um den Marktplatz aber verloren: „Eigentlich erlebt man dort nur noch eine Kultur, gegen die ich nichts habe, die aber auf der anderen Seite nicht meine eigene ist.“

Jasmin Wilberg (links) vom städtischen Kinderhaus mit Kollegin Johanna Reiser. © Kilian Harmening

In Feudenheim funktioniere das Miteinander sehr gut – Vereine, die Kirche und das nachbarschaftliche Verhältnis trügen dazu bei. Ähnlich in Rheinau-Süd, äußert eine andere Seniorin, die ihren Namen für sich behält. Sorge bereiten auch ihr Straßenbahn-Nutzung und Innenstadt-Besuche: „Was man liest in der Zeitung: Da wird man wach und geht kein Risiko ein. Wenn wir ins Oststadt-Theater gehen, gehen wir in eine Nachmittagsvorstellung“, berichtet sie. Ängstlich sei sie, bei Dunkelheit wegzugehen, egal ob alleine oder in einer Gruppe mit befreundeten Nachbarinnen.

Die Lösung sieht Jasmin Wilberg, die im städtischen Kinderhaus arbeitet, in Aktionen, die die Menschen zusammenbringen. „Der Neujahrsempfang, Feste, die Lichter im Luisenpark, all das sind Dinge, die die Menschen jetzt brauchen, um positive Energie zu bekommen.“ In ihrem Beruf setzt sie sich gemeinsam mit Kollegin Johanna Reiser täglich dafür ein, das Miteinander zu stärken. „Gemeinsam sind wir stark“, formuliert Reiser als Zukunftsvision.

Ehrenamt als wichtiges Thema im Rosengarten

Viel Raum nimmt im Gustav-Mahler-Saal beim Neujahrsempfang ehrenamtliches Engagement ein - auch Rentner Hikmet Ataoglu denkt darüber nach, sich einzubringen. In der Hand hält er den QR-Code zum Mitwirk-O-Mat. Er selbst lebt in Ilvesheim und hebt, auch im positiven Sinne, den Trubel Mannheims hervor. „Mannheim ist ok“, bleibt er auf die Frage nach dem „Miteinander“ vage.

„Zusammenhalt in Mannheim besonders stark“

Dieses als Motto des Neujahrsempfangs zu setzen, trifft einen Nerv und löst bei den Besuchern durchweg Lob und Anerkennung aus. „Gerade nach Ereignissen, die die Stadtgesellschaft spalten sollen, ist der gesellschaftliche Zusammenhalt in Mannheim besonders stark“, hebt Jonathan Sawall positiv hervor, der die Geschehnisse des 31. Mai als Vorsitzender der Jungen Liberalen verfolgt hat. „Die Anteilnahme war groß. Das hat man richtig gespürt, in der Uni auch.“

Ganz dementieren kann Hermann-Hans Lang nicht, dass sich das Miteinander zumindest mehr als bisher hin zu einem Gegeneinander dreht. „Die Gesellschaft hat sich geändert“, beobachtet der Security-Angestellte mit Sorge.

Er berichtet von Vorfällen mit K.O.-Tropfen, die sich in Clubs aktuell sehr häuften. „Jeder Zweite von uns hat Messereinstiche. Deswegen habe ich unter meinem T-Shirt ein schnitt- und stichsicheres T-Shirt“, klagt er an.

Zumindest beim friedlichen Neujahrsempfang – eine glückliche Abwechslung zu den Silvester-Randalen am Wasserturm – musste er davon nun nicht profitieren.

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