Charity

Ukrainischer Starkoch serviert Mannheimern ein Insekten-Gericht

Der ukrainische Starkoch Ievgen Klopotenko versorgt Geflüchtete aus der Ukraine mit Essen. Aus Mannheim wird er dabei mit Spenden unterstützt. Bei einem Dankes-Essen tischte er jetzt teilweise ungewöhnliche Speisen auf.

Von 
Valerie Gerards
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Der ukrainische Starkoch Ievgen Klopotenko mit seinem Team in der Küche der Weinheimer Sparkassen-Rotunde. © Valerie Gerards

Mannheim. Der wohl berühmteste Koch der Ukraine hat sich am Donnerstagabend in Weinheim die Ehre gegeben: Auf Einladung des französischen Honorarkonsuls Folker Zöller und der Mannheimer Runde verwöhnte Starkoch Ievgen Klopotenko 60 Gäste in der Sparkassenrotunde. „Dieses Essen schafft Nahrung für diejenigen, die nichts zu essen haben“, sagte der Starkoch, der mit seinem Kulturinstitut kostenloses Essen für Geflüchtete aus der Ostukraine bereitstellt, die in Kiew und im Westen der Ukraine ankommen.

Mit dem außergewöhnlichen 7-Gang-Menü bedankte sich die Mannheimer Runde bei den Gästen, die bei der Benefizgala im Palazzo Ende März insgesamt 225 000 Euro für Geflüchtete aus der Ukraine gespendet hatten, sagte Organisator Helmut Augustin, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Rhein Neckar Nord. Einen Teil dieser Spendengelder bekommt nun Klopotenko, um damit Geflüchtete zu versorgen; in seinem Restaurant in Kiew und seinem nach dem russischen Überfall eröffneten Bistro in Lwiw gibt er täglich 350 Essen aus. Die Spendensumme wurde für das Kochevent nicht angetastet, sondern die Kosten erneut von Spendern übernommen.

Auch wenn Klopotenko sich derzeit durch ganz Europa kocht, um Spendengelder einzusammeln, so war es doch auch sein Ansinnen, das Publikum nachhaltig zu beeindrucken. „Ich möchte, dass Sie nach unserem Abendessen rausgehen und nachdenken, die Emotionen mit nach Hause nehmen und darüber reden.“ Das dürfte ihm spätestens nach dem zweiten Gang gelungen sein, in dem er seine Gäste dazu gebracht hat, Bienen zu essen - er hatte ihnen vorher schlichtweg nicht verraten, was sie auf dem Teller haben: Zanderfilet mit einer Mousse aus Rote Beete und weißer Schokolade, garniert mit Bienenpesto.

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Ein schlechtes Gewissen müsse jedoch niemand haben. „Alle Bienen sterben nach vier Monaten, die liegen unten im Bienenstock - und das haben Sie gegessen“, erklärte der Starkoch, während er nebenher Bienen aus einer großen, durchsichtigen Plastiktüte knabberte. Von Bienenstacheln war nichts zu spüren. Klopotenko vermutete grinsend, niemand hätte das probiert, wenn er vorher verraten hätte, dass es Bienen seien. „Es ist dasselbe Spiel wie mit Kindern, die keinen Brokkoli essen wollen.“

Ievgen Klopotenko hat sich auf die Fahne geschrieben, die ursprüngliche Ukrainische Küche zu erkunden. Eine Spurensuche, für die er das Institute of Culture of Ukraine gegründet hat und vier Jahre lang durch sein Heimatland gereist ist, auf der Suche nach mündlich überlieferten, ukrainischen Gerichten. „Jeder ist Kämpfer auf seinem Gebiet“, sagte Klopotenko, der kulinarisch das kulturelle Erbe der Ukraine bewahren will. Viele vermeintlich ukrainische Gerichte seien in Wirklichkeit russische; so wie Russland in vielen anderen Bereichen die ukrainische Identität auslösche. „Ich will nicht nur über den Krieg sprechen, sondern Interesse an unserer Kultur wecken. Wir haben eigene Traditionen und eine eigene Identität.“

Der unter Feinschmeckern bekannte Foodblogger will nun dafür sorgen, dass ukrainische Borscht weltweit berühmt wird - die Rote-Beete-Suppe ist bei all seinen Menüs der erste Gang und ist bereits in die Nationale Liste des immateriellen Kulturerbes der Ukraine aufgenommen worden. Freilich rangierte sie, garniert mit geräucherter Birne, geschmacklich in der Spitzenklasse.

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Er servierte Pastinake mit Pilzmousse und geräucherter Sahne, die den Geschmack einer soeben gerauchten Zigarre im Mund hinterließ. Danach Chicorée mit Weißwurst-Scheibchen, Kapernäpfeln, einer Blauschimmel-Käsesauce und Puderzucker - was so außergewöhnlich schmeckte wie es klingt. Als fünften Gang Haluschka, das ein wenig an Pasta erinnert, mit lang gegartem Kalbfleisch aus dem Ofen und Kirschen. Danach noch Kalbsfilet auf Karottenpüree mit einer Heringmousse und als Dessert Apfelmus, Crumble mit Walnüssen und Brinsa, was harmloser klingt als es schmeckte. Brinsa ist ein intensiver Frischkäse aus Ziegenmilch aus den Karpaten. Der prominente Koch mischt munter, was scheinbar nicht zusammengehört, doch beim Abräumen waren die meisten Teller leer und die Gesichter der Gäste strahlend.

Den Scheck über 10 000 Euro für sein Kulturinstitut nahm Kloptenko sichtlich gerührt entgegen. „Jede Unterstützung ist viel wichtiger als Sie sich vorstellen können. In meine Restaurants kommen jetzt Flüchtlinge, so wie ich.“

Freie Autorin

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