Mannheim. Vor einem „Schildbürgerstreich, der dem Image Mannheims großen Schaden zufügen würde“ hat Architekt Bernd Strobel im Namen des Vereins Stadtbild gewarnt. Er meinte damit den drohenden Abriss des Turms der Trinitatiskirche in G 4. Seit die Evangelische Kirche in Mannheim Ende 2020 offiziell einen Abrissantrag für den Turm stellte, versuche der Verein den Abriss als „Vermittler und Unterstützer“ zu verhindern, ergänzte Stadtbild-Vorsitzende Helen Heberer.
Der Turm ist schon lange baufällig, der Beton bröckelt und ein Gerüst schützt ihn. Eine Funktion hat er nicht mehr, seit die Kirche 2017 als Eintanzhaus umgewidmet worden ist. Andere Nutzungsversuche hätten sich wegen Brandschutzauflagen als „schwer umsetzbar und nicht wirtschaftlich darstellbar“ erwiesen, so Strobel in der Mitgliederversammlung. Die Evangelische Kirche, die wegen zurückgehender Kirchensteuereinnahmen und einem enormen Sanierungsstau ohnehin ein Konzept erarbeitet, Gebäude abzugeben, kann die Sanierung des für sie nicht mehr nötigen Turms nicht finanzieren. Die Sanierungskosten wurden zuletzt auf eine bis 1,4 Millionen Euro, der Abriss noch mit einer halben Million Euro beziffert. Als die Nachricht von dem beantragten Abriss bekannt wurde, meldeten sofort das Landesdenkmalamt, aber auch Johannes Striffler, der Sohn des Architekten Helmut Striffler (1927-2015), heftigen Widerstand an. Seit 1994 haben Kirche und Turm den Status eines Kulturdenkmals.
Plädoyer für Buga
Der Verein Stadtbild ist dem Freundeskreis der Bundesgartenschau 2023 beigetreten.
„Unser Vereinszweck ist die Pflege und Verbesserung des Mannheimer Stadtbildes sowie die Steigerung des Ansehens der Stadt insbesondere durch die Erhaltung und Wiederherstellung historischer Substanz“, so Vorstandsmitglied Dietmar von Hoyningen-Huene.
Dies gelte „auch für eine Ergänzung und Erneuerung des Stadtbildes wie sie durch die Bundesgartenschau nachhaltig realisiert werden soll“, so Hoyningen-Huene.
„Untrennbares Ensemble“
„Kirche, Turm und Vorplatz bilden ein untrennbares Ensemble“, so Strobel, „und sind ein frühes Beispiel des Neubeginns im Kirchenbau nachdem Zweiten Weltkrieg“. Ja sogar von einer „Ikone des Kirchenbaus, das weltweit publiziert wurde“, sprach der Architekt. Mit seiner Höhe von 55 Metern und der charakteristischen Waschbetonkasetten und Metalldiagonalen samt Kreuz sei er „stadtbildprägend und damit im Sinne des Vereinsziels im höchsten Masse erhaltenswert“, so Bernd Strobel und Helen Heberer.
Beide sehen auch durchaus Chancen. Schließlich gebe es bereits Zuwendungszusagen von Bund und Land in Höhe von 405 000 Euro. Man hoffe und bemühe sich um weitere Unterstützer bei der Stadt, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie Sponsoren. „Die Egon Eiermann Gesellschaft hat bereits zumindest ideelle Unterstützung zugesagt“, so Strobel, war Striffler doch ein bekannter Eiermann-Schüler. Was es aber noch nicht gibt, ist ein Verwendungszweck für den Turm.
Dass es aber gelingen kann, vom Abriss bedrohte Kirchengebäude zu erhalten, das zeigt der Blick nach Feudenheim. Die dortige Epiphaniaskirche, die auch von der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde aufgegeben wurde, dient nun als Kulturkirche. Werner Besier habe „mit seinem Team und unermüdlichem Einsatz für den Erhalt der Kirche gekämpft hat“, lobte Helen Heberer. Das Konzept sei „beeindruckend, weil weiter Gottesdienste stattfinden können, aber eine neue gesellschaftliche Nutzung möglich geworden ist“, so die Vorsitzende. Sie überreichte Besier für die Kulturkirche einen Scheck über 3000 Euro. Dazu hat der Verein Stadtbild eine private, zweckgebundene Spende von 1400 Euro aufgestockt. Ein Konzert des Kurpfälzischen Kammerorchesters gab den Mitgliedern an dem Abend gleich einen Eindruck von der kulturellen Nutzung des Gotteshauses.
Volker Keller, der zweite Vorsitzende des Vereins, berichtete zuvor aber noch über laufende Projekte. Dazu zählt der Brunnen auf dem Marktplatz. Derzeit gibt es die Idee, eine Hinweistafel anzubringen, um die Bedeutung der Wappen und der ganzen Figurengruppe zu erklären. Wichtig wäre dem Verein die Wiederherstellung der Wassertechnik („Seit Jahren ist der Brunnen trocken“, so Keller) und der Taubenschutz. Da habe die Stadt zugesagt, die Figurengruppe im jährlichen Rhythmus zu reinigen - anstelle wie bisher im zweijährigen Abstand.
Zufrieden berichtete Keller auch, dass er nach langen Gesprächen und vielen Briefen erreicht hat, dass am 1914 erbauten, schon über fünf Jahre leerstehenden ehemaliges Haus der Friedhofsgärtnerei Karcher der Portikus aus dorischen Säulen und Pfeilern und aus symmetrisch angeordneten, seitlichen Treppenaufgängen mit Zierkugeln abgebaut und erhalten werden darf. Das Gebäude gehört inzwischen dem Land und soll im Frühjahr 2024 für Zwecke des Klinikums abgerissen werden.
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