Kulturpolitik - Stadträte begrüßen Konzept

Evangelische Kirche will Vertrag für das Eintanzhaus in G 4 verlängern

Von 
Peter W. Ragge
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Große Tanzfläche, Kirchenbänke fürs Publikum, zusätzliche Einbauten für Licht- und Tontechnik: die zum Eintanzhaus umgebaute Trinitatiskirche. © Thomas Tröster

Mannheim. Die Trinitatiskirche soll Eintanzhaus bleiben. „Wir sind hochzufrieden und würden die Zusammenarbeit gerne fortsetzen“, kündigte Ralph Hartmann, der Dekan der Evangelischen Kirche, im Kulturausschuss an. Die Kirche werde den 2017 zunächst für fünf Jahre geschlossenen Vertrag über die kulturelle Nutzung des zuvor lange leerstehenden Sakralbaus in G 4 als Tanzzentrum gerne verlängern. Auch bei den Stadträten gibt es eine Mehrheit dafür.

„Eindrucksvoll, was daraus inzwischen geworden ist“, kommentierte etwa ML-Fraktionsvorsitzender Achim Weizel den Bericht über die Entwicklung des Eintanzhauses. Den legte Vera Hennefeld vom Zentrum für Evaluation in Saarbrücken vor. Sie hatte 2017 den Auftrag erhalten, die Entwicklung der Kirche zu einem Zentrum für zeitgenössischen Tanz wissenschaftlich zu begleiten. Dabei gewann sie einen „sehr positiven Gesamteindruck“, fasste sie ihre Untersuchung von Veranstaltungen und die Befragung von 521 Besuchern sowie Gastkünstlern zusammen.

Trinitatiskirche

  • Die ursprüngliche Trinitatiskirche, 1709 in G 4 für die an 1652 bestehende lutherische Gemeinde in Mannheim gebaut, wird im Zweiten Weltkrieg September 1943 als einzige Mannheimer Kirche total zerstört.
  • Der von dem Mannheimer Architekten Helmut Striffler entworfene Nachfolgebau wird auf dem drei Meter hohen Trümmerschutt des Zweiten Weltkrieges errichtet und am 1. März 1959 eingeweiht.
  • Sichtbeton und buntes Glas dominieren den Bau mit seinem Stahlbetonskelett, das eine weiträumige Halle umfasst. In die Betongusssteine der Wände ist farbiges Dickglas nach Entwürfen von Emil Kiess eingelassen – Vorbild für die Farbglasfenster in der Gedächtniskirche Berlin.
  • Mit der Trinitatiskirche wurde Striffler weit über Mannheim hinaus bekannt und baute daraufhin die Versöhnungskapelle im ehemaligen KZ Dachau. Die Trinitatiskirche gilt als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung, wird aber seit 1995 nicht mehr regelmäßig genutzt. 

Die Auslastung liege – vor Corona – bei 62 Prozent und damit über dem Soll von 60 Prozent. Von den Besuchern würden „künstlerische Qualität, Ambiente und Service positiv bewertet“. Etwa zehn Prozent der Besucher kämen regelmäßig, also ein- bis zweimal im Monat, so Hennefeld. Das Eintanzhaus, das 150 Zuschauern Platz auf hölzernen Kirchenbänken bietet, habe sich „als Raum für Tanz und Choreographie etabliert“, sich zudem „gut in die Mannheimer Tanzszene eingefügt und da eine spezielle Lücke gefüllt“, sowie sich positiv auf die Entwicklung des Quartiers ausgewirkt.

Hennefeld bescheinigte dem Haus nicht allein eine „überregionale und internationale Ausstrahlung“, sondern bezeichnete es zudem as „Bereicherung der Veranstaltungs- und Kulturszene“ Mannheims: „Es hat alle Ziele umfänglich erreicht, eine Weiterführung ist wichtig und sinnvoll“.

„Für uns hat sich erfüllt, was wir damals erhofft haben“, bekräftigte Dekan Hartmann. Die Evangelische Kirche hatte 2016 einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben, wie der kaum noch genutzte Sakralbau in der Innenstadt wiederbelebt werden kann. „Uns war ein Konzept wichtig, dessen Inhalt sich mit Würde und Geschichte der Kirche verträgt“, so Hartmann. Das sei erreicht worden.

Stadtteil bereichert

„Der Stadtteil wurde massiv bereichert, das Gebäude mit Leben erfüllt“, lobte auch Stadtrat Gerhard Fontagnier (Grüne), der die von der Kirche zugesagte Fortsetzung des Vertrags über 2022 hinaus ebenso ausdrücklich begrüßte wie SPD-Stadträtin Helen Heberer und Kulturbürgermeister Michael Grötsch. „Unsere Hoffnung hat sich realisiert“, sagte er im Namen der Stadt und würdigte die Entscheidung der Evangelischen Kirche. Für sie sei es 2016 ja „ein Riesenschritt“ gewesen, der kulturellen Nutzung des Gotteshauses zuzustimmen

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Grötsch erinnerte aber auch daran, dass es im Eintanzhaus „zwischendurch ganz schön geknistert“ habe. Seit 2019 ist Daria Holme, die das Tanzzentrum mit dem kanadischen Choreographen Eric Trottier gegründet und geleitet hatte, alleinige künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin – wenn auch die Kompanie La Trottier Dance ihre Premieren weiter auf der in G 4 eingerichteten 200 Quadratmeter großen Tanzfläche zeigt, aber nun anderswo probt. Die, so Grötsch, „zwischenzeitliche Neuorientierung“ habe sich bewährt, so Grötsch, und auch Hennefeld lobte eine „Professionalisierung der Leitung“.

Daria Holme zeigte sich erfreut über die Anerkennung. „Wir sind froh und stolz, dass wir einiges von den Erwartungen einlösen konnten“, sagte sie. Zugleich zeigte sie sich dankbar, dass die Stadt das Eintanzhaus in die institutionelle Förderung aufgenommen habe. Zudem erhalte das Eintanzhaus Fördermittel aus dem Tanzpakt Stadt-Land-Bund. Nachdem die Kirche den Mietvertrag verlängern wolle, werde sie sich auch für die Fortführung der Bundeszuschüsse bis 2025 bewerben, berichtete Holme.

Redaktion Chefreporter

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