Rosengarten - Wissenschaftlich begleiteter Großversuch soll wieder Auftrieb für die Veranstaltungsbranche bringen

Testveranstaltung im Rosengarten: Ein Probelauf mit Publikum

Von 
Peter W. Ragge
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Viele Tests, App und Luftmessungen: Der Rosengarten simuliert, wie Events wieder gelingen können. © Michael Ruffler

Mannheim. Von diesem Nachmittag soll „ein Zeichen für die gesamte Kulturbranche in Mannheim ausgehen“. Das erhofft sich Bastian Fiedler, Geschäftsführer der mannheim:congress-gmbh (m:con). Er hat er im Rosengarten einen Großversuch mit dem Namen „SAFE – SimulAtion Für die Eventbranche“ gestartet. 300 Gäste bei einer Generalprobe für das Akademiekonzert sollen bei einem wissenschaftlich begleiteten Test zeigen, dass und wie wieder Kultur- und Kongressveranstaltungen mit Besuchern möglich sind.

Test im Rosengarten

So könnten Veranstaltungen während Corona aussehen

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„Ein besonderer Tag, nach 365 Tagen gefühltem Berufsverbot für unsere Branche“, so Fiedler. „Super Mannem – das ist ja nur einen Steinwurf von meiner Heimat Stuttgart entfernt“, formuliert es der aus Berlin zugeschaltete Rapper Smudo, bekannt von den „Fantastischen Vier“.

Smudo ist Mitinitiator der Luca-App, die wiederum ein wichtiger Baustein des Rosengarten-Konzepts darstellt. Wer die Anwendung auf sein Handy heruntergeladen hat, kann leicht bei Veranstaltungen registriert werden. Kommt es zu Infektionen, lässt sich so viel leichter nachverfolgen, wer wo war.

„Viel besser als eine Kiste mit Zetteln, wie wir es aus vielen Restaurants kennen“, lobt Peter Schäfer, Leiter des Gesundheitsamtes. „Wir brauchen die Daten digital, das ist ganz zentral, denn Geschwindigkeit ist wichtig bei der Nachverfolgung der Kontakte von Infizierten, und wegen der Mutationen brauchen wir das noch schneller“, so Schäfer. Sein Amt sei darauf vorbereitet, Daten der Luca-App zu verarbeiten, „damit können wir rasante Infektionsketten kappen“, so Schäfer. Wenn sein Team heute jemanden sage, dass er infiziert sei, „kriegt es kaum jemand hin, zu sagen, wann er wo in den letzten 14 Tagen war – geschweige denn, dass wir die Menschen alle informieren können“, so der Amtsleiter.

Konzert und Publikum

  • Die Testveranstaltung fand zur Generalprobe vom Akademiekonzert statt. Es wurde dann am Montagabend live aus dem Rosengarten übertragen und ist bis einschließlich Mittwoch, 10. März im Internet auf der Seite www.musikalische-akademie.de/digital abrufbar. Einzeltickets für den Livestream kosten 15 Euro, Abonnenten erhalten den Link kostenlos.
  • Unter Leitung von Alexander Soddy spielt das Orchester mit Herbert Schuch Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr.1 in C-Dur. Auf das Klavierkonzert folgt Richard Strauss’ Der Bürger als Edelmann op. 60.
  • Das Test-Publikum kam von der Dualen Hochschule, der Musikhochschule, der m:con und dem Veranstaltungsbereich, dazu Puppe „Oleg“ vom Fraunhofer Institut, die aus Mund und Nase genau definierte Mengen Aerosole und CO2 „ausatmete“.

Doch es zeigt sich an dem Nachmittag, dass fünf Orchestermitglieder keine so modernen Handys haben, mit der sie die Anwendung herunterladen können – und bei Besitzern einiger modernerer Geräte klappt es ebenso nicht. „Wir brauchen also einen Plan B“, so Fiedler – den der Rosengarten hat, weil er über auch ein eigenes System zur Besucherregistrierung verfügt.

Doch genau darum geht es Fiedler auch: „Wir wollen Erfahrungen sammeln“, begründet er die von der Baden-Württemberg-Stiftung unterstützte Testveranstaltung. „Wichtige Erkenntnisse“ erwartet ebenso Bürgermeister Michael Grötsch als Aufsichtsratsvorsitzender der m:con: „Wir wollen zeigen, auf welche Art und Weise eine Rückkehr zu Events möglich ist – natürlich mit entsprechendem Sicherheitsaufwand, der sinnvoll, notwendig und nützlich ist.“ Daran könnten sich „auch andere ein Beispiel nehmen, und das können wir in die Politik in Stuttgart und Berlin einspielen“, so Grötsch.

Nach Ansicht von Fiedler müssen neben Inzidenzen und der Zahl belegter Intensivbetten „auch Abstands- und Hygienekonzepte entscheidend sein“, um „Kultur und Erwachsenenbildung“ wieder zuzulassen. Die Lüftungsanlage im Rosengarten etwa sei sicher „der einen oder anderen Schule überlegen“, denn sie tauscht die Luft im Mozartsaal zwölf Mal in der Stunde aus.

Zudem entscheidend seien, so Gesundheitsamtschef Schäfer, „niederschwellige Tests“. Die auf molekularbiologischen Verfahren beruhenden PCR-Tests seien zwar „der Goldstandard“ – aber eben aufwendig und teuer, so Michael Neumaier, Direktor des Instituts für Klinische Chemie am Universitätsklinikum.

Bei den Antigen-Schnelltests, der per Abstrich in der Nase erfolge, gebe es gleich mehrere Defizite. Einmal bleibe eine Unsicherheit, ob jemand infiziert oder auch infektiös sei. Zudem würden ihn „viele Leute als unangenehm empfinden“, was der Akzeptanz schade und bei Selbsttestungen zu Qualitätsverlusten führe, weil sich keiner gerne ein Stäbchen tief in die Nase einführe oder einführen lasse. „Daher suchen wir ein Verfahren für eine angenehmere Probeentnahme“, verwies er auf die Kautests: „Die sind wie ein Lolly, sicherer als sich selbst in der Nase zu bohren“, so Neumaier. Entwickelt haben sie er und sein Team auf der Basis von Stäbchen, wie sie in der Intensivmedizin für die Mundhygiene verwendet werden. Entscheidend sei neben der Akzeptanz, so Fiedler, auch die Schnelligkeit – und auch hierfür sollte die Testveranstaltung Hinweise liefern.

Redaktion Chefreporter

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