Mannheim. Das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) und das Uniklinikum Heidelberg haben eine große Studie zur sogenannten Erhaltungs-Elektrokonvulsionstherapie (EKT) gestartet. Bei der EKT wird mit Hilfe eines Sekunden andauernden Stromimpulses eine kurze Übererregung auf Nervenzellebene im Hirn ausgelöst. Die Behandelten merken davon nichts, da die Behandlung unter Kurznarkose durchgeführt wird. Durch die EKT werden im Gehirn verschiedene Botenstoffe freigesetzt und in bestimmten Gehirnbereichen das Wachstum von Nervenzellen angeregt.
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Ziel der Studie ist es, die Wirksamkeit der EKT bei den Patienten zu untersuchen, die auf Antipsychotika nicht ansprechen. Obwohl die vielen Patienten helfen, sprechen rund 15 bis 30 Prozent nicht auf sie an - auch nicht auf Clozapin, ein Antipsychotikum, das als beste Behandlungsoption gilt.
Diese Betroffenen erleben teils schwere Beeinträchtigungen, unter anderem eingeschränktes Denk- und Sprachvermögen, Halluzinationen oder Wahnvorstellungen, so die Experten des ZI. Für diese besonders schwer zu behandelnde Patientengruppe gebe es bisher keine ausreichenden evidenzbasierten Therapiealternativen.
Neuer Ansatz für Schizophrenie-Behandlung mit weitreichenden Folgen für klinische Praxis?
Doch: „Sollte die Studie unsere Hypothese bestätigen, dass Erhaltungs-EKTs die Behandlungsergebnisse bei Clozapin-resistenter Schizophrenie signifikant verbessern, könnte dies weitreichende Folgen für die klinische Praxis haben“, sagt Alexander Sartorius, Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI. Die Ergebnisse könnten eine Änderung der internationalen Behandlungsleitlinien anstoßen und breitere Anwendung der EKT bei Schizophrenie fördern, so der Wissenschaftler. „Das wäre ein großer Fortschritt für Patientinnen und Patienten, die bisher nur unzureichend behandelt werden konnten.“
„Die begleitenden Befragungen der Betroffenen und ihrer Angehörigen helfen uns zudem, Erwartungen, Hoffnungen, aber auch mögliche Vorbehalte gegenüber der EKT besser zu verstehen“, so Robert Christian Wolf, Stellvertretender Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Psychiatrie am UKHD.
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Durch die Therapie sollen Rückfälle verhindert werden. Gefördert wird die Studie mit zwei Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium, unterstützt durch das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit und unter Einbeziehung von Patientenvertretern. „Wesentlichen Einfluss auf die Lebensqualität schizophren Kranker haben auch die Haltung und das Verhalten ihrer Umwelt“, betont indes das Robert Koch-Institut. Betroffene würden in der Öffentlichkeit und den Medien häufig stigmatisiert und diskriminiert, so das Institut.
„Das verbreitet nicht oder nur bedingt vorhandene Wissen über Ursachen, Symptome, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung“: Auch fehlender Kontakt zu Erkrankten führten zu „falschen Vorstellungen der Krankheit und distanzierten, misstrauischen bis ablehnenden Einstellungen.“
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