Mannheim. Ging man hier ab und an einkaufen, ist es ein merkwürdiger Anblick. Der Netto-Markt in der Neustadter Straße wirkte nie groß, auf den Wegen zwischen Warenregalen passten kaum zwei Einkaufswagen aneinander vorbei. Jetzt dagegen, seit Jahresbeginn leergeräumt, sieht er riesig aus. Auf das, was hier in Käfertal-Süd nun entstehen soll, deutet nur ein Banner in der Ecke hin. Oben steht unter arabischen Schriftzeichen „Omar Al Faruq Center Mannheim“.
Darunter sind die Angebote aufgelistet: Gebetsraum, Freitagsgebet, Arabische Schule, Koranschule, religiöse Unterweisung, Frauentreff, Mädchentreff, Tag der offenen Moschee. Zudem wird auf die Mitgliedschaft im Arbeitskreis Islamischer Gemeinden (AKIG) sowie im Mannheimer Bündnis für ein Zusammenleben in Vielfalt verwiesen.
OB Specht sieht mehr Chancen als Risiken
Dieses Banner hätten sie schon bei mehreren Neujahrsempfängen der Stadt im Rosengarten gezeigt, beim nächsten solle es wieder stehen, erzählt Khalil Khalil. Der AKIG-Koordinator macht die Öffentlichkeitsarbeit für den Islamischen Arbeiterverein. Das heißt derzeit speziell, für das in Käfertal-Süd geplante Gemeindezentrum zu werben.
Zum Treffen mit dem „Mannheimer Morgen“ hat er Talal Birouk vom Vereinsvorstand, zuständig für die 2017 gekaufte Immobilie, sowie ihren Architekten Ahmed Ibrahim mitgebracht. Ihrem perfekten Deutsch ist kaum anzuhören, dass sie aus Syrien, Marokko und Ägypten stammen.
Die Drei kündigen an, diese Woche den Bauantrag zu stellen. Normalerweise sollte die Stadt darüber innerhalb von drei Monaten entscheiden. Zuletzt dauerte es manchmal sogar fast ein Jahr. Doch nachdem Oberbürgermeister Christian Specht im Integrationsausschuss erklärte, er sehe in der geplanten Moschee mehr Chancen als Risiken und sie sei baurechtlich im Prinzip zulässig, geht es womöglich schneller.
Sobald eine Baugenehmigung vorliege, würden sie direkt loslegen, sagt Ibrahim. „Alles ist vorbereitet.“ Sechs bis zehn Monate später soll alles fertig sein. Die Männer erklären, das Gemeindezentrum werde nur die Supermarkt-Räume umfassen. Die vier Mietwohnungen darüber sollten bleiben, auch wegen der Einnahmen. Vertragskündigungen oder Mieterhöhungen werde es - aus sozialen Gründen - nicht geben.
Gebetsräume jeweils für Frauen und Männer
Der Bereich zur Straße hin sei für die wachsende Zahl von Jugendlichen gedacht, so Khalil. Daneben entstünden eine Küche und Sanitärräume, auch für rituelle Waschungen. Dann komme ein großer Gebetsraum für 450 Männer, daneben ein kleinerer für 100 Frauen. Die hätten sie in der Pandemie leider etwas vernachlässigen müssen. Weil das Freitagsgebet für sie freiwillig und für Männer Pflicht sei, habe man das zeitweise nur denen in der engen bisherigen Moschee in der Neckarstadt-West anbieten können. Künftig hätten Frauen einen eigenen, zweigeschossigen Bereich zum Beten, so Ibrahim. Der Teil im bisherigen Keller werde durch einen neuen Souterrain-Glaspavillon aufgewertet und erleuchtet. Daneben sei der barrierefreie Eingang zum Gemeindezentrum geplant. Dieses solle mit einer Photovoltaikanlage und Fernwärmeanschluss emissionsneutral sein.
Gefragt nach Muezzin-Rufen lächeln die Männer. Das werde es ebenso wenig geben wie ein Minarett. Nur zum Freitagsgebet erfolge jeweils um 12 Uhr ein dezenter Ruf, der aber draußen allenfalls auf dem Parkplatz zu hören sein werde. Sie seien eine offene Moschee und wollten ein gutes Verhältnis zur Nachbarschaft, etwa gemeinsam Flohmärkte machen und Räume zur Mitnutzung für Veranstaltungen anbieten.
Dass es gleichwohl kritische Stimmen gibt, hängt in erster Linie mit dem Verfassungsschutz zusammen. Der hatte auf „MM“-Anfrage erklärt, das Omar-Al-Faruq-Center sei nach wie vor „Anlaufstelle für Personen, die mit salafistischem Gedankengut sympathisieren“. Specht betonte allerdings, die Stadt sei sich mit dem Landesamt in der Beurteilung einig, dass von der Moschee keine konkrete Bedrohung ausgehe.
„Für Vorbehalte haben wir natürlich Verständnis“, sagt Birouk. „Wir wollen Ängste abbauen.“ Daher seien sie zum Dialog und zur Transparenz bereit. Auch Khalil versichert erneut, sie hätten sich - nach der Trennung von einem Imam, der für frühere islamistische Umtriebe verantwortlich sein soll - seit 2017 zu einer offenen Gemeinde gewandelt, die sich vielfältig engagiere.
Unversehens kommt eine Mieterin hinzu. Sie klagt, der benachbarte Autohändler habe vorne wieder mehr zugeparkt als vereinbart. Biloul kümmert sich darum. Was hält die Frau von einem islamischen Gemeindezentrum unter ihr? „Ich lass mich überraschen. Und wenn es mir nicht passt, sag ich es.“ Sie wohne seit 35 Jahren hier und habe schon manches erlebt. So habe beim Netto mal die Eingangstür laut gequietscht. „Da hab ich gesagt: Macht das weg! Sonst steh ich jetzt Morgen um sieben bei euch auf der Matte.“ Birouk verspricht lachend, ihre Türen würden sicher nicht quietschen.
Als die Frau moniert, kürzlich habe unnötig Licht gebrannt, fragt Khalil, ob sie sich eine Hausmeister-Rolle vorstellen könne. „Keine schlechte Idee“, meint Birouk. Die Mieterin winkt ab: „Dafür bin ich zu alt.“ Für Beschwerden wolle sie eine Telefonnummer. Birouk sagt zu, ihr seine in den Briefkasten zu stecken. Am Ende wirken die Männer erleichtert. So harmonisch lassen sich Wogen wohl nicht immer glätten.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Moschee-Neubaupläne sind nicht verwerflich