Mannheim. Am Ende äußert Christian Specht eine klare Einschätzung. Nachdem der Islamische Arbeiterverein rund eine Stunde lang im Stadthaus sein Vorhaben in Käfertal-Süd präsentiert und viele, teils kritische Fragen dazu beantwortet hat, sagt der Mannheimer Oberbürgermeister: Aus integrationspolitischer Sicht komme die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass die geplante neue Moschee „als Chance und weniger als Risiko“ zu beurteilen sei. Die Stadt wolle diese Gemeinde weiter auf dem Weg gegenseitiger Verbindlichkeit und Vertrauensbildung begleiten, bei Bedarf auch kritisch.
Schon zu Beginn der Ausschusssitzung hat der städtische Integrationsbeauftragte Claus Preißler Verständnis für das Anliegen des Vereins gezeigt. Der wolle statt seiner bisherigen „Hinterhofmoschee“ - dem Omar-Al-Faruq-Center in der Neckarstadt-West - nun eben ein großzügigeres Gemeindezentrum bauen. Dabei gehe es ja auch darum, „wie gern man Gäste empfängt“.
Islamischer Arbeiterverein Mannheim laut Specht „keine konkrete Bedrohung“
Preißler spricht gleich an, dass jener Verein lange „begründet“ vom Verfassungsschutz beobachtet worden sei - und das auch noch werde. Mit dem Landesamt in Stuttgart sei man sich nun jedoch in der Beurteilung einig, dass von der Islam-Gemeinde keine Bedrohung ausgehe.
Grünen-Stadtrat Chris Rihm zitiert indes die Auskunft, die der Verfassungsschutz am 11. Oktober dem „Mannheimer Morgen“ gab: „Das bisherige Omar-Al-Faruq Center ist nach wie vor Anlaufstelle in Mannheim für Personen, die mit salafistischem Gedankengut sympathisieren.“ Specht sagt, sie hätten intensive Gespräche mit Verfassungsschützern geführt. Es gebe keine konkrete Bedrohung.
Islamischer Arbeiterverein hat sich von früherem Imam getrennt
Khalil Khalil vom Vorstand des Islamischen Arbeitervereins erklärt, zum Beten kämen ganz unterschiedliche Menschen zu ihnen. Denen könne man nicht allen „in den Kopf gucken“. Doch habe sich eine Vereinsversammlung im Juli einstimmig von Extremismus in jeder Form distanziert. „Und wenn etwas aus dem Ruder läuft, greifen wir ein.“ Khalil erwähnt auf Nachfrage auch einen früheren Imam, der als Hauptverantwortlicher für radikale Tendenzen galt. Von dem hätten sie sich daher 2017 getrennt. Seinerzeit habe man auch das Grundstück in Käfertal-Süd erworben und beschlossen, eine offene Gemeinde zu werden.
Khalil ist im Migrationsbeirat der Stadt und organisatorischer Leiter des Arbeitskreises Islamischer Gemeinden. Der verurteilte am 12. Oktober die Eskalation im Nahen Osten und gedachte - anders als weltweit viele andere muslimische Vertreter - sowohl der Opfer in Palästina als auch ausdrücklich der in Israel.
Angesichts dieses Konflikts nennt Heidrun Deborah Kämper, SPD-Fraktionsvize und Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, die geplante Moschee jedoch ein „Projekt in schwieriger Zeit“. Das müsse man sorgfältig prüfen. Stadtrat Wolfgang Taubert (Mittelstand für Mannheim) sagt, in seinem Umfeld hätten viele Menschen für ein neues islamisches Zentrum kein Verständnis.
Tolle Arbeit bescheinigt
Migrationsbeirätin Zahra Alibabanezhad Salem gibt daraufhin zu bedenken: Gerade die gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Moschee-Gemeinden habe in Mannheim in den zurückliegenden Wochen verhindert, dass Kundgebungen wie in anderen Städten eskaliert seien. Khalil weist auch darauf hin, die bisherigen pro-palästinensischen Demonstrationen hätten nur junge Männer angemeldet. Und gerade für Jugendliche sei sein Verein eine wichtige Anlaufstelle. Wie viel in dieser Hinsicht im Omar-Al-Faruq-Center unternommen werde und wie wichtig dafür jetzt größere Räume seien, hat zuvor Gül Kilic erläutert. Sie ist mit Khalil zur Vorstellung des Projekts gekommen.
Auch Migrationsbeirätin Fouzia Hammoud, Leiterin des Arabischen Hauses, bescheinigt dem Verein „tolle Arbeit“. Er sei ein wichtiges Bindeglied zwischen Stadt und Migranten. Zumal er Menschen erreiche, die sie nicht erreichen könne.
Rihm fragt noch nach dem Namen Omar Al Faruq. So hieß ein 2006 getöteter Al-Kaida-Terrorist. Doch Khalil erklärt, die Gemeinde habe sich nach einem Kalifen aus dem siebten Jahrhundert benannt. Der Name bedeute übersetzt sinngemäß: „Der, der zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann.“
Linken-Stadträtin Nalan Erol will wissen, ob man sich nicht mit anderen Islam-Gemeinden zusammentun und bestehende Moscheen nutzen könne. Dafür reichten die Plätze nicht aus, sagt Khalil. Es gebe da auch theologische Unterschiede.
OB Specht mit Diskussion im Integrationsausschuss zufrieden
Specht zeigt sich mit der Diskussion sehr zufrieden. Er habe bewusst entschieden, die Anträge von vier Fraktionen auf Aufklärung im Integrationsausschuss zu behandeln. Auch baurechtlich sei die Moschee möglich. Die Pläne müssten aber noch im Detail geprüft werden. Das werde dann auch im Ausschuss für Umwelt und Technik debattiert.
Christiane Fuchs von der Mannheimer Liste kündigt an, dort werde ihre Fraktion beantragen, in der Neustadter Straße weiter keinerlei religiösen Einrichtungen zuzulassen. Auch zur Verkehrsproblematik gibt es einige kritische Nachfragen.
Gegen Ende meldet sich noch ein erfreutes Geburtstagskind, Gerhard Fontagnier. Der habe sich an diesem Mittwoch ausdrücklich eine Integrationsausschusssitzung gewünscht, scherzt Specht. Der Grünen-Stadtrat dankt dem Islamischen Arbeiterverein dafür, so ausführlich über das Projekt informiert zu haben. Das sei sehr wichtig in diesen Tagen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Moschee-Neubaupläne sind nicht verwerflich