Bürgerbeteiligung

Straßennamen-Abstimmung in Mannheim: Wahlkampf auf Hochtouren

Seit Montag und bis 17. März können 283 000 Mannheimerinnen und Mannheimer über vier neue Straßennamen in Rheinau-Süd abstimmen. Derzeit ist also Halbzeit. Wie viele sich bislang beteiligt haben, ist noch nicht bekannt

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Konstantin Groß
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283 000 Mannheimerinnen und Mannheimer sind noch bis zum 17. März aufgerufen, vier neue Straßennamen für Rheinau-Süd auszuwählen. © Konstantin Groß

Mannheim. Ludwig M. ist genervt. „Der Einstieg, um online abzustimmen, ist so kompliziert, dass ich davon ausgehe, dass man nicht abstimmen soll“, klagt der Mann aus Rheinau-Süd: „Entweder wird das Abstimmungsverfahren einfacher oder die Abstimmung findet ohne mich statt.“

Eine Änderung ist aber nicht zu erwarten, denn der Prozess in vollem Gange. Seit Montag sind 283 000 Mannheimerinnen und Mannheimer aufgerufen, bis 17. März neue Straßennamen in Rheinau-Süd auszuwählen. Sie sollen jene ersetzen, die bislang nach den Kolonialverbrechern Leutwein, Lüderitz und Nachtigal sowie dem Hitler-Anhänger Sven Hedin benannt sind.

Bürgerbefragung: Waren mehrfache Abstimmungen möglich

An diesem Samstag ist also so etwas wie Halbzeit. Doch wie viele sich bisher beteiligt haben, das ist nicht bekannt. „Wir veröffentlichen keine Zwischenergebnisse“, sagt Adnan Werning, Büroleiter des zuständigen Dezernenten Ralf Eisenhauer: „Das wäre nicht aussagekräftig.“

Kommentar Zwiespältige Halbzeitbilanz der Mannheimer Straßennamen-Abstimmung

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Und das liegt am Verfahren und der notwendigen Überprüfung der Stimmabgaben. Teilnehmende hatten berichtet, sie hätten, um die Validität des Verfahrens zu testen, versucht, mehrmals abzustimmen - unter wechselnden Namen, Postanschriften und E-Mail-Adressen. Und seien damit erfolgreich gewesen, erhielten die automatische Nachricht, ihre Stimmabgaben seien registriert.

So wird die Stimme bei der Bürgerbefragung ungültig

„Das ist richtig“, bestätigt Werning. Zunächst erscheine diese Meldung, aber lediglich automatisiert. Am Ende erfolge jedoch anhand der Meldedaten eine genaue Prüfung, ob die Person überhaupt existiere oder mehrmals abgestimmt habe. Daher wird die Ergebnis-Ermittlung auch länger dauern als bei Wahlen.

Übrigens: Wer mehr als vier Namen nennt, dessen Stimmabgabe ist ungültig. Weniger als vier kann man jedoch problemlos angeben.

Immer mehr Werbung für die einzelnen Vorschläge

Der Arbeitskreis Kolonialgeschichte will mit der Neubenennung ein bewusstes politisches Zeichen gegen Kolonialismus und Rassismus setzen und wirbt daher für May Ayim, Rudolf Duala Manga Bell, Wangari Maathai und Miriam Makeba. Die Siedlergemeinschaft dagegen will im Sinne der Anwohner Namen, die leicht auszusprechen und zu schreiben seien: Isabelle Eberhardt, Georg Neumayer, Ida Pfeiffer, Marco Polo.

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In Geschäften in Rheinau-Süd hat sie Stimmzettel ausgelegt, auf denen „ihre“ vier Namen aufgeführt sind. Wer dies unterstützen will, kann den Zettel mit Absender versehen, unterschreiben und an die Stadt senden - was übrigens rechtlich korrekt ist, wie Werning versichert: Es wird „jedes eingegangene Schriftstück, sofern alle erforderlichen Information enthalten sind, berücksichtigt.“

Grünen unterstützen Arbeitskreis Kolonialgeschichte

Der Kolonial-Arbeitskreis seinerseits veröffentlicht auf seiner Website den Aufruf „Neue Straßennamen als Signal gegen Rassismus und für Vielfalt“. Getragen wird er von über einem Dutzend Organisationen, allen voran der Deutsche Gewerkschaftsbund, und mehr als 250 Einzelpersonen, darunter Repräsentanten des öffentlichen Lebens wie der Universitätsprofessor Philipp Gassert, die langjährige Bundestagsabgeordnete Konstanze Wegner sowie zahlreiche ehemalige und amtierende Mitglieder des Gemeinderates.

„Die Grüne Gemeinderatsfraktion unterstützt grundsätzlich das Anliegen des Arbeitskreises Kolonialgeschichte, die Straße nach Menschen zu benennen, die selbst von Rassismus und Kolonialismus betroffen waren“, begründet deren Fraktionsgeschäftsführer Alexander Mieske.

CDU steht an der Seite der Siedlergemeinschaft

„Diese Abstimmung ist ein wichtiger Schritt hin zu einem respektvollen und vielfältigen Stadtbild, das die Menschen aus der ganzen Welt, die in Mannheim leben, angemessen repräsentiert“, heißt es auch auf der Website der Mannheimer Linken.

„Wir stehen an der Seite der durch die Umbenennung der Straßennamen unmittelbar betroffenen Bürgerinnen und Bürger“, postuliert dagegen die CDU: „Dem demokratisch erarbeiteten Vorschlag der örtlichen Siedlergemeinschaft schließen wir uns an“, lässt Fraktionschef Claudius Kranz verlauten: „Wir empfehlen unseren Mitgliedern, entsprechend dem Vorschlag der Siedlergemeinschaft abzustimmen.“

„Wir haben von Anfang an deutlich gemacht, dass wir keine Umbenennung gegen die Betroffenen wollen“, erklärt Birgit Reinemund: „Von daher unterstützen wir die Auswahl der Anwohnerinnen und Anwohner“, betont die FDP-Stadträtin.

SPD hält sich bei Straßenumbenennung absolut neutral

„Wir sympathisieren mit den Vorschlägen der Siedlergemeinschaft“, bekennt die Mannheimer Liste, will dies aber bewusst nicht als Wahlempfehlung verstanden wissen, weil „die Bevölkerung von Mannheim dies entscheiden soll und deshalb grundsätzlich keine Einflussnahme erfolgen sollte“, erläutert Fraktionsgeschäftsführer Hartmut Beck.

Absolut neutral hält sich die SPD. „Jetzt sind die Bürgerinnen und Bürger am Zug“, lautet ihre Stellungnahme: „Deshalb gilt es für uns nun, ergebnisoffen das Meinungsbild über die Umbenennung der Straßennamen abzuwarten“, so Fraktionsgeschäftsführer Guido Bartscher. Erst nach der Ergebnisauswertung und dem Votum des Bezirksbeirates Rheinau „wird sich die SPD-Fraktion beraten, wie damit umzugehen ist.“

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