Mannheim. „Derzeit wird die einvernehmliche Rückabwicklung der Verträge mit dem bisherigen Investor verhandelt.“ Mit diesem schlichten Satz beantwortet das Wirtschaftsdezernat im Rathaus die Anfrage des „MM“, wie es auf dem brachliegenden Glückstein-Baufeld 112 weitergeht. Die Familienheim Rhein-Neckar bestätigt Gespräche zur Rückgabe des von ihr bereits 2016 gekauften Areals in Nachbarschaft des Viktoria-Turms. Hintergrund: Wegen Bauuntätigkeit ist die Stadt vom Verkaufsvertrag zurückgetreten.
Keine klare Aussage vom Rathaus
Bereits Anfang des Jahres fragte der „MM“ nach, warum sich auf dem Grundstück am Lindenhof-Platz nichts tat. Außerdem sickerte damals durch, dass es just aus diesem Grund hinter den Kulissen mächtig Zoff gab. Allerdings äußerte sich das Rathaus gegenüber dieser Redaktion ausweichend. Und von der Baugenossenschaft war lediglich zu hören, man sei mit der Kommune im Austausch. Der Paukenschlag kam am 1. Februar: Die Stadt erklärte öffentlich, dass sie sich den Klageweg offen halte, falls die Familienheim das brach liegende Areal nicht zurückgebe.
Fortan herrschte nach außen Funkstille, beide Parteien verschanzten sich hinter vertraulichen Vertragsklauseln. Zu hören war lediglich, dass Bürgermeister Michael Grötsch und der neue Familienheim-Vorstandsvorsitzende Thomas Glatte Gespräche führten.
Mächtig verärgert
Dass die Stadt über die Bauuntätigkeit auf dem Glückstein-Areal schräg gegenüber vom neuen Technischen Rathaus, das davor seinen Sitz im Bürokomplex des Collini-Centers hatte, mächtig verärgert ist, davon kündete dies: Der Rücktritt vom Kaufvertrag erfolgte im letztjährigen Oktober gewissermaßen vorsorglich. Die nach der beurkundeten Auflassung des Grundstücks vereinbarte Frist von 30 Monaten zur Fertigstellung des Großprojekts lief nämlich noch bis Ende April 2023. Allerdings war schon damals klar, dass die Bauverpflichtung nicht mehr eingehalten werden kann.
Die Vorgeschichte reicht mehr als sieben Jahre zurück: Sie begann nämlich Mitte April 2016
Die Vorgeschichte reicht mehr als sieben Jahre zurück: Mitte April 2016 gab die Stadt bekannt, dass die Baugenossenschaft Familienheim Rhein-Neckar samt ihrer facettenreichen Immobiliengruppe den Hauptsitz von M7,24 beziehungsweise vom Exerzierplatz in das neue Glückstein-Quartier verlegen will. Einige Tage zuvor hatte der Gemeinderat dem Verkauf des 3200 Quadratmeter großen Grundstücks zwischen Meerfeldstraße, Carl-Metz-Straße sowie Glücksteinallee zugestimmt. Nach Informationen des „MM“ wechselte das Areal für knapp 2,8 Millionen Euro den Eigentümer.
Familienheim plante Entwurf mit Kindertagesstätte
Weil damals auf einer Teilfläche noch die Feuerwache-Mitte lag, sollte entsprechend einer Bedingung der Stadt die Zeit bis zum Umzug ins neue Domizil am Neckarauer Übergang für einen Gestaltungswettbewerb genutzt werden. Anfang 2018 präsentierte die Familienheim den Siegerentwurf des renommierten Stuttgarter Büros Wittfoht mit einem repräsentativen, aber nicht protzigen Komplex für Mehrfachnutzung, nämlich für Büros und Wohnungen. Für positive Schlagzeilen sorgte 2019, dass außerdem eine Kindertagesstätte einschließlich Krippe für 80 bis 100 Sprösslinge untergebracht werden sollten.
Aus dem für das Jahr 2021 angekündigten Spatenstich wurde allerdings nichts. Und als die Familienheim Rhein-Neckar 2022 ihren 75. Geburtstag feierte - und damit auch ihre Erfolgsgeschichte „vom Flüchtlingshelfer zur Immobiliengruppe“, wie der „MM“ titelte - war ohnehin nicht mehr von einer neuen Unternehmenszentrale im inzwischen mächtig gewachsenen Glückstein-Quartier die Rede. Bei einem Gespräch mit dem „MM“ erklärte im letztjährigen September die neue Führungsspitze: Die Familienheim betreibe das Projekt zwar „auf kleiner Flamme“, habe aber das Mannheimer Bauunternehmen „Diringer & Scheidel“ ins Boot geholt, um den Siegerentwurf des Gestaltungswettbewerbs „pragmatisch weiterzuentwickeln“.
Eigentlich sei man mit der modifizierten Planung inzwischen „weitgehend fertig“, kommentiert aktuell Thomas Glatte, der vor einem Jahr als BASF-Immobilienmanager zu der Baugenossenschaft wechselte, die regional vielfältig aktiv ist, auch im neuen Mannheimer Stadtteil Franklin. Von den Rückgabeforderungen der Stadt, so der Vorstandsvorsitzende, sei man überrollt worden.
Immobiliengruppe hält an Bauvorhaben fest
In den seit Wochen geführten Verhandlungen gehe es für die Familienheim auch darum, dass in das Glückstein-Projekt bereits viel investiert worden sei. Vorstandsvorsitzender Glatte: „Eine Rückgabe des Baufeldes muss für uns wirtschaftlich vertretbar sein.“ Aber eigentlich sei die Familienheim nach wie vor bereit, auf dem 2016 erworbenen Areal zu bauen. Allerdings scheint es mit dem Rathaus kein Einvernehmen bei den vom einstigen Siegerentwurf abweichenden Planungen zu geben.
Pläne der Stadt für das Areal könnten keine Einrichtung vorsehen, die Kleinkinder betreut
Was die Stadt vorhat, wenn das Grundstück gegenüber vom markanten Südausgang des Hauptbahnhofs wieder in ihr Eigentum übergehen sollte, darüber hüllt man sich derzeit in Schweigen. Möglicherweise sieht das von einem anderen Investor in Abstimmung mit der Kommunalpolitik entwickelte Bauvorhaben dann gar keine Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder mehr vor.
Schließlich hat die Sparkasse Rhein-Neckar Nord (wie berichtet) einen Architekturentwurf für einen Kita-Neubau auf dem Gelände ihrer leerstehenden Lindenhof-Filiale zwischen Emil-Heckel- und Schwarzwaldstraße präsentiert. Und damit gibt es angesichts des Mangels an frühpädagogischen Plätzen im Stadtteil zumindest einen konkreten Lösungsvorschlag.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheimer Glückstein-Quartier: droht noch mehr?