Kommentar Mannheimer Glückstein-Quartier: droht noch mehr?

Waltraud Kirsch-Mayer fragt sich angesichts des Streits über die Brache im Glückstein-Quartier und der Entwicklung in der Branche, ob noch weitere wichtige Bauprojekte in Mannheim wackeln

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Mannheim. Der Rechtsstreit mit angedrohter Klage ist ungewöhnlich und mutet auch etwas kurios an: Die Stadt Mannheim fordert ein vor sieben Jahren an die Familienheim Rhein-Neckar verkauftes Grundstück zurück. Wegen Bauuntätigkeit der Baugenossenschaft. Der Konflikt hat Brisanz, weil es sich nicht um irgendein Areal handelt. Vielmehr befindet sich das Baufeld in Nachbarschaft des Lindenhöfer Viktoria-Turms und gegenüber vom Südausgang des Hauptbahnhofs – und damit im Glückstein-Quartier, das auch gern als „neue Visitenkarte von Mannheim“ bezeichnet wird. Da leuchtet ein, dass das Rathaus mit allen (juristischen) Mitteln eine unschöne Brache verhindern will.

Allerdings verwundert, dass mit der Familienheim keine Lösung gefunden wird. Obwohl diese nach eigener Aussage mit der Überarbeitung des einstigen Siegerentwurfs aus dem von der Stadt geforderten Gestaltungswettbewerb „weitgehend fertig“ ist. Klar soll an exponiertem Standort kein Gelände mit kniehohem Unkraut hinter einem Metallzaun ungenutzt prangen, obendrein am Entrée des Prestigequartiers. Gleichwohl dürfte der Verkauf an einen anderen Investor bis hin zur baulichen Umsetzung nicht von heute auf morgen vor sich gehen.

Ob die Verhandlungen zwischen Stadt und Familienheim ergebnisoffen sind, weiß niemand. Beide Parteien berufen sich auf die Vertraulichkeit von Klauseln, die in einem Nachvertrag von 2020 festgezurrt worden sein dürften.

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Unabhängig von dem Konflikt drängt sich die Frage auf, ob die beanstandete Bauuntätigkeit eine deutschlandweite Entwicklung spiegelt. Bekanntlich hat der Wohnungsbaukonzern Vonovia im Februar mit der Ankündigung geschockt, wegen massiv gestiegener Baukosten sämtliche Projekte einzufrieren. Und vor einigen Tagen erklärte die Verbandsdirektorin von Wohnungsgenossenschaften in Niedersachsen, dass sie 2024 bei Neubauten „mit dem Absturz rechnet“, weil Vorhaben mit bezahlbaren Mieten kaum noch möglich seien.

Angesichts solcher Hiobsbotschaften geht einem durch den Kopf: Ist nach einem in Mannheim heiß diskutierten Abriss des Collini-Bürokomplexes noch realistisch, dass der Investor, die Deutsche Wohnwerte, ihren 2020 prämierten Wettbewerbsentwurf wirtschaftlich umsetzt. Und zwar mit der kommunalen Vorgabe, dass ein knappes Drittel der Wohnungen eine Sozialquote erfüllt. Falls dies nicht mehr möglich sein sollte, dann könnte eine andere Brache drohen. Diesmal im Herzen der Stadt.

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