Mannheim. Als „nette Alternative“ zu den übrig gebliebenen Parkplätzen und den neuen Außenbereichen von Cafés, aber auch als „Verschlechterung hohen Grades“ haben Händlerinnen und Passanten die Sport-Parklets in der Kunststraße bewertet. Der Großteil der Menschen, die die mit blauen Wänden eingerahmten Sportgeräte passiert, belächelt sie allerdings nur. Viele nutzen die Fitnessbänke als normale Sitzbänke, ohne die vorgeschlagenen Übungen zu machen, oder um ihre Einkaufstaschen darauf abzustellen. Die Diskussion um das Angebot reißt nicht ab.
Wenn die Geräte tatsächlich genutzt werden, dann von Kindern, die nach meist einigen Sekunden weitergehen. Dieses Bild ergab sich an drei sonnigen Tagen, an denen sich der „Mannheimer Morgen“ die Situation vor Ort angeschaut und Bürgerinnen und Bürger sowie umliegende Händlerinnen dazu befragt hat. Die Stadt Mannheim reagiert auf Anfrage auf die Kritik so: „Eine längere Nutzung ist eher selten und war auch nicht vorgesehen, die meisten Personen nutzen das Angebot rund eine Minute lang, etwa auf dem Weg zum Arbeitsplatz.“ Bemängelt worden sei weniger die Grundidee der Sportgeräte, sondern eher die Durchführung – beispielsweise wegen der blauen Sicherheitstrennwände zur Straße, die laut Händlerinnen und Händlern die Sicht auf die Schaufenster behindern.
Die Kommentare in sozialen Netzwerken ergeben ein anderes Bild. „Das ist städtebaulich so lächerlich“, kommentiert Stefanie Mehr. Sie hält es für einen Fehler, dass Parkplätze für kurze Einkäufe von der Stadt gestrichen werden. Der Mehrpreis für Parken in Tiefgaragen oder den öffentlichen Personennahverkehr lohne sich in Mannheim nicht, da es an Kultur, Sehenswürdigkeiten oder kleinen Boutiquen fehle, die dem Bummel durch die Stadt einen Mehrwert gäben.
Anfrage im Gemeinderat
Christina Weber findet: „Vielleicht für Jugendliche oder Kinder interessant… mir käme eher weniger in den Sinn, mich da vor Publikum zu ertüchtigen.“ Erhan Hakan Uysal stimmen 126 weitere Menschen per Reaktion auf seinen Kommentar zu. Er sagt: „Ich zähle 3-4 Parkplätze je ,Sportlet’, die geopfert wurden, damit Besoffene im Delirium Spaß haben. Nüchtern nutzt das niemand.“
Dieselben Beobachtungen, die der „MM“ vor Ort gemacht hat, haben auch andere Menschen gemacht. „Ich habe noch niemanden gesehen“, sagt Angelo Anselmo. Wolfgang Müller fügt an: „Ich sehe da nur Leute essen.“
Nicht nur im Netz, sondern auch im Gemeinderat wird das Thema nun aufgegriffen. Matthias Sandel, Fraktionsgeschäftsführer der CDU in Mannheim, teilte dieser Redaktion mit, dass die Fraktion bei der kommenden Sitzung einen Antrag bezüglich der Sport-Parklets stellen werde. In der Begründung des Antrags, der der Redaktion vorliegt, heißt es, dass der Wegfall der Parkplätze in der Kunststraße zugunsten der Sport-Parklets „weder inhaltlich noch finanziell in der Beschlussvorlage zum Verkehrsversuch (530/2020) enthalten“ sei.

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Unter anderem möchte die CDU wissen, wie viel die Sport-Parklets gekostet haben und mit welchen Mitteln sie bezahlt wurden. Auch nach verlässlichen Daten zur Nutzung der Geräte und zur Höhe des Einnahmeausfalls durch die Aufgabe der Parkplätze erkundigt sich die CDU in ihrem Antrag. Einige dieser Fragen hat die Stadt dem „Mannheimer Morgen“ bereits beantwortet.
„Ziel war es, zu experimentieren, wie neue Bewegungsangebote in der Stadt angenommen werden“, teilte eine Sprecherin mit. Im Rahmen des Projekts „Neue Wege – mehr erleben in der City“ sollen Menschen durch die Sport-Parklets „unterschwellig mit dem Thema Bewegung in Berührung kommen“, heißt es weiter. So soll auch ein Anreiz dafür geschaffen werden, sich anschließend in einem Verein sportlich zu betätigen. „Es benötigt auch eine gewisse Eingewöhnungszeit, bis man ein genaueres Bild haben kann“, sagte die Sprecherin, dass noch keine Ergebnisse zum Erfolg des Angebots vorliegen. Aber Kritik an der Stadt wegen der Parklets gibt es auch vonseiten der Händlerinnen und Händler. Die Verwaltung reagiert: So soll die derzeit blaue, undurchsichtige Abtrennung zur Straße hin, die den Blick auf die Schaufenster blockiert, durch durchsichtige Wände ersetzt werden, teilte die Stadt mit.
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Die Inhaberin von Betten Knoll, Rosy Knoll, beschwerte sich, dass das Gerät vor ihrer Tür massiv Lärm verursache. Eine alternative Anordnung der Sportgeräte innerhalb der Parklets werde derzeit geprüft, so die Stadt. Die Parklets an anderen Stellen aufzustellen, wie es eine Händlerin im Gespräch mit dem „MM“ vorgeschlagen hat, sei zwar möglich, laut Stadt aber nicht geplant.
Umsetzung nicht geplant
Angeschafft hat die Stadt die Parklets mit den Mitteln des Stadtraumservice für Projekte unter dem Motto „Verkehrswende mit Mut; Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur“ und in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Sport und Freizeit. Gekostet haben die Sportgeräte einen Betrag im mittleren fünfstelligen Bereich. „Dies entspricht dem marktüblichen Preis“, so die Sprecherin weiter.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bei Sport-Parklets in Mannheim das Potenzial verschenkt