Verkehrsversuch

Sport-Parklets in Mannheim: Viel belächelt, wenig genutzt

Leibesübungen statt Parken: In der Mannheimer Kunststraße gibt es seit einigen Wochen Fitnessgeräte am Straßenrand. Geschäftsleute können dem Versuch wenig abgewinnen

Von 
Julius Paul Prior
Lesedauer: 
Parklets in der Kunststraße. Passanten belächeln die Möglichkeit, vor aller Augen Sport zu treiben. © Julius Paul Prior

Mannheim. Vor etwa zwei Monaten wurden Sport-Parklets in der Kunststraße aufgestellt. Verschiedene Geräte und Übungen mit den Namen „Wellenlaufen“, „Kniebeuge Wackelplatte“ oder „Schwebende Plattform“ sollen für Kraft-, Koordinations- und Geschicklichkeitsübungen genutzt werden. Die Meinungen zu Sinn und Art der Parklets an der Stelle mitten in der Innenstadt gehen auseinander. Eins stellt sich jedoch an diesem sonnigen Donnerstagnachmittag heraus: Wirklich Sport wird mit den Geräten bisher nicht getrieben.

„Das wird nur zur Belustigung benutzt“, sagt Ivonne Kraljevic, Inhaberin des Nähzentrums Pfaff. Direkt vor ihrem Geschäft steht eines von drei Parklets. Sie habe bisher nur negative Erfahrungen bezüglich der Sportmöglichkeiten gemacht. „Das ist eine Verschlechterung hohen Grades“, findet sie im Gegensatz zu den Kurzzeitparkplätzen, die von dem Parklet abgelöst wurden.

"Rettungsgsassen können nicht mehr gebildet werden"

Zum einen, sagt die Geschäftsinhaberin, habe sie Kundinnen und Kunden verloren. Die hätten sie angerufen und ihr gesagt, dass sie wegen der schlechten Parkmöglichkeiten nicht mehr kommen würden. Zum anderen beobachte sie, dass deutlich mehr Müll vor ihrem Geschäft liegengelassen werde. „Den macht auch keiner weg“, sagt sie. Drei Tage hätten Essensreste auf einer der Fitnessbänke gelegen. Die habe sie dann selbst weggeräumt, bevor Ratten angelockt würden.

Mehr zum Thema

Kommentar Mannheimer Flussufer - Da geht noch was!

Veröffentlicht
Kommentar von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren
Bauen und Wohnen

26 neue Wohnungen am Park in Edingen

Veröffentlicht
Von
Hans-Jürgen Emmerich
Mehr erfahren

Nicht nur bezüglich ihres Geschäfts sieht Kraljevic Probleme. Auch die Breite der Straße sieht sie nun als zu eng an. „Rettungsgassen können nicht mehr gebildet werden.“ Wenn Autos nicht nach vorne ausweichen können, gebe es kein Durchkommen für die Rettungskräfte. „Das sieht gemeingefährlich aus“, bewertet sie Durchfahrten der Feuerwehr an dieser Stelle.

Melanie Zunzunegui und ihre Tochter Sofia Lerch stehen den neuen Sportmöglichkeiten positiv gegenüber. „Für die Kinder ist es toll“, sagt Zunzunegui, die in der Nähe wohnt. Auch sie selbst könne sich vorstellen, nach dem Laufen herzukommen und einige Übungen zu machen. „Das ist eine gute Tagesbeschäftigung“, wirft ihre Tochter ein, die eine der Fitnessbänke in Beschlag genommen hat.

"Brauchen eben auch Platz zum Parken"

Als Nachteil sieht Zunzunegui eher, dass es im Gegensatz zu ähnlichen Anlagen in der Natur viele Beobachterinnen und Beobachter gibt. „Normalerweise machen die anderen auch Sport“, sagt sie. Mitten in der Innenstadt sei das nicht der Fall. „Da muss man sich aber vielleicht einfach dran gewöhnen“, schließt sie an. Im Vergleich zu den Parkplätzen sieht sie die Sport-Parklets als Verbesserung an. Ebenfalls gut findet sie, dass sich an dieser Stelle kein Café breitgemacht hat: „Das ist eine ganz nette Alternative.“

Dieser Meinung ist auch Turgay Tirpanci. Er hat kein Verständnis dafür, wenn Parkplätze für Sitzmöglichkeiten von Cafés aufgegeben werden. „Wir brauchen eben auch Platz zum Parken. Und in den Parkhäusern wird es immer teurer“, findet er. „Für Sport finde ich es aber nicht schlecht“, zeigt er sich den Parklets gegenüber nicht negativ gestimmt - auch wenn durch sie Parkplätze weggefallen sind.

Ob sich durch die Parklets die Lebensqualität in den Quadraten verbessert hat, könne Zunzunegui nicht direkt bewerten. „Prinzipiell ist alles, was weniger Autos bedeutet, besser“, sagt sie - gibt aber zu, nicht in der Kunststraße parken zu müssen.

Ausruhen auf den Fitnessbänken

Passantinnen und Passanten, die an den Sportgeräten vorbeilaufen, belächeln sie eher. Einige nutzen die Fitnessbänke als Gelegenheit, sich auszuruhen. Andere, um ihre Einkaufstaschen abzustellen. Die Reaktionen reichen von Desinteresse über Ignoranz bis hin zu Kopfschütteln. Allein Kinder laufen über die Parklets und testen kurz die Geräte. Keine Minute später geht es jedoch bereits weiter, den Eltern hinterher, die nur kurz stehengeblieben sind.

Auch vor Betten Knoll steht ein Parklet. Hier ist das Gerät zum „Wellenlaufen“ aufgestellt, das bei der Benutzung viel Lärm verursacht. „Es hilft auch nicht, die Tür zu schließen“, sagt Inhaberin Rosy Knoll. Sie sei nicht glücklich über die Situation, habe sich jedoch damit abgefunden. „Ich gehe nicht auf die Barrikaden“, betont sie. Kundschaft habe sie nicht verloren. „Wer zu mir will, kommt trotzdem“, erklärt sie.

Ehemalige Mitarbeit

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen