Geld

Sozialverband sieht Versorgungssicherheit der Mannheimer bedroht

Mehr als 50 Sozialorganisationen in Mannheim schlagen Alarm. Sie fordern, den sozialen Bereich aus Kürzungen im städtischen Haushalt herauszunehmen.

Von 
Lea Seethaler und Timo Schmidhuber
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Nicht nur im Mannheimer Haushalt gibt es Einsparungen: Auch bundesweit wird gegen Kürzungen im Sozialen demonstriert. © picture alliance/dpa

Mannheim. Die sozialen Organisationen in Mannheim sorgen sich sehr wegen der von der Stadtverwaltung angekündigten Sparmaßnahmen. So steht es in einer Mitteilung des Mannheimer Kreisverbands des Paritätischen über dessen jüngste Jahresmitgliederversammlung. Unter dem Dach des Paritätischen Mannheim befinden sich rund 50 Mitgliedsorganisationen, und es werden stetig mehr. Neu hinzugekommen sind aktuell etwa der Badische Blinden- und Sehbehindertenverein und der Verein Ausweg Rhein Neckar, der in der Neckarstadt-West armutsbetroffene Menschen im Blick hat.

„Die massiven Einsparungen im sozialen Bereich drohen den Rückbau sozialer Angebote und den Verlust von Trägerstrukturen zu beschleunigen und die gesamte soziale Infrastruktur zu gefährden“, wird Manuel Cronau vom Vorstand des Paritätischen Mannheim in der Mitteilung zitiert. „Wir sehen daher die Stadtverwaltung in der Verantwortung, zeitnah ein Konzept für den sozialen Bereich vorzulegen. Wir brauchen Sicherheit, um weiter für und mit den betroffenen Menschen arbeiten zu können.“ Der Paritätische fordert aus diesem Grund, „den sozialen Bereich aus den Kürzungen herauszunehmen. Denn Kürzungen in dem Bereich weisen hohe Folgekosten in der Zukunft auf, da die Versorgungssicherheit der Menschen nicht mehr gewährleistet werden kann“.

Wir brauchen Sicherheit, um weiter für und mit den betroffenen Menschen arbeiten zu können.
Manuel Cronau Vorstand des Paritätischen Mannheim

Die Finanzlage der Stadt Mannheim ist aktuell wie in vielen Kommunen in Deutschland extrem schwierig. Die Ausgaben steigen, etwa durch höhere Baukosten. Gleichzeitig entwickeln sich die Steuereinnahmen wegen der lahmenden Wirtschaft nicht so wie erwartet. In Mannheim kommt die Sondersituation dazu, dass die Stadt in den vergangenen acht Jahren rund 250 Millionen Euro aufwenden musste, um die Verluste des städtischen Klinikums auszugleichen.

Um bei den Finanzen sozusagen wieder in die Spur zu kommen, hat das Karlsruher Regierungspräsidium der Stadt deshalb die Auflage erteilt, bis zum Jahr 2028 rund 57 Millionen Euro pro Jahr einzusparen. Die Stadtspitze arbeitet daher unter dem Titel „Mannheimer Zukunftshaushalt“ an einem umfangreichen Sparkonzept. Unter anderem soll darin erörtert werden, wie die Verwaltung effizienter und damit kostengünstiger arbeiten kann - und welche städtischen Leistungen künftig vielleicht gestrichen oder preiswerter bereitgestellt werden können.

Kleine Mannheimer Sozialträger in „prekärer wirtschaftlicher Situation“

Das Konzept liegt aktuell noch nicht vor. Deshalb ist es im Moment auch noch unklar, wie sich die Sparpläne konkret auf die Sozialorganisationen auswirken werden und um welche Summen es gehen wird. Bereits fürs laufenden Jahr 2025 haben die fünf Dezernate im Rathaus den Auftrag, jeweils zwei Prozent weniger auszugeben. Die Zuschüsse an die sozialen Organisationen sind hier allerdings explizit ausgenommen. Doch mit Blick auf die Zukunft ist die Angst groß.

Mannheimer Sozialverbände wie der Paritätische Wohlfahrtsverband sehen durch die Haushaltseinsparungen im Sozialbereich den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährdet. © Harald Oppitz/KNA

Denn die finanzielle Situation der Sozialträger sei schon heute „schwierig“, wie es in der Mitteilung des Paritätischen heißt. Die Verhandlungen mit der Kommune bei Anpassungen der Tagessätze oder Fachleistungsstunden würden „härter“. Gleichzeitig zahle die Stadt bereits bewilligte finanzielle Mittel „erst mit großen Verzögerungen“ aus. Das bringe insbesondere kleinerer Träger „in eine prekäre wirtschaftliche Situation“.

Haushalt Mannheim: Streichungen bei allen Generationen wären die Folge

Die Mittelkürzung würde in Mannheim weitreichende Folgen haben. Beispielhaft haben dieser Redaktion Akteure berichtet, was diese für sie bedeuten würde. So könnte etwa der begleitete Umgang von Kindern mit Elternteilen, das Kernprojekt des Kinderschutzbundes – oft Auflage des Jugendamts und aus pädagogischen Gründen notwendig – fast nicht mehr stattfinden.

Der Verein Antidiskriminierungsbüro (Adb) sprach indes von einer „existenzvernichtenden Mittelkürzung“. Mannheimern sowie Organisationen – kleinen und größeren – und Unternehmen würde damit eine verlässliche Anlaufstelle beim Thema Diskriminierung genommen, so das Adb.

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Auch die AWO-Seniorenberatungsstelle ist in Gefahr – sie müsste eventuell eingestellt werden. Folgen hätte die Mittelkürzung auch für den zur AWO gehörenden Mannheimer Lehrgarten: Er erhält aktuell einen Betriebskostenzuschuss, der in die natur- und umweltpädagogische Arbeit vor Ort investiert wird. Würde dieser Zuschuss reduziert, müsste auch das Angebot für Kindergärten, Schulen und andere Besuchergruppen eingeschränkt werden. Zudem steht die Streichung der Förderung der psychologischen Beratung für queere Erwachsene bei PLUS, der Psychologischen Lesben- und Schwulenberatung, sowie die fehlende Förderung der Arbeit mit queeren Geflüchteten im Raum.

Bereits Anfang des Jahres waren viele Menschen bei einer Demo des Bündnisses „Solidarität statt Privilegien“ auf die Straße gegangen: Das Bündnis aus Vertretern des Kultur- und Sozialbereichs protestierte sofort nach Bekanntwerden gegen die Etatkürzungen.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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