Mannheim. Sie ruckeln und zuckeln über die asphaltierten Wege, quälen sich in Parklücken und lassen beim Schalten den Motor aufjaulen. Am letzten Wochenende vor der Schließung des Verkehrsübungsplatzes nutzen zahlreiche Fahranfänger die Gelegenheit, sich mit dem Pkw vertraut zu machen, und die wichtigsten Verkehrssituationen in einem geschützten Bereich einzuüben.
Einige Besucher sammeln an diesem Tag erste Erfahrungen hinter dem Lenkrad, andere holen sich kurz vor der Führerscheinprüfung den letzten Schliff. Anfahren am Berg, Kuppeln, Bremsen und Fluchen - zwischen ersten kleinen oder großen Erfolgen und einer nervlichen Zerreißprobe ist hier vieles möglich.
Um Lösungen bemüht
Birgit und Hermann Vati betreiben den Platz seit rund 30 Jahren. Nun hat ihnen die Stadt zum Jahresende gekündigt. Im kommenden Jahr wird die Fläche als Parkplatz für die Bundesgartenschau benötigt. Wie es danach weitergeht, ist zunächst ungewiss. Die Stadt bemühe sich, Lösungen zu finden, erzählt Vati, „das Gespräch mit Oberbürgermeister Kurz am Donnerstag ist positiv verlaufen“. Er fragt sich, warum man den Platz nicht zumindest bis April geöffnet lassen könne. „Während der Bundesgartenschau kann man ihn uns in den Abendstunden überlassen“, schlägt er vor. Er und seine Frau wollen die Hoffnung nicht aufgeben. „Nach fast dreißig Jahren so rausgeschmissen zu werden, ist nicht schön“, meint der ehemalige Fahrschulbesitzer.
Seine Mitarbeiter Holger Köllner und Sascha Weiler verkaufen am Eingang die Tickets und erklären den Kunden die Platzregeln. Köllner bedauert das Ende des Übungsplatzes. Er erzählt, er habe als Jugendlicher hier selbst einige Runden gedreht. Auch sein Kollege Weiler muss sich nach einer neuen Tätigkeit umschauen. Die abwechslungsreiche Arbeit habe ihm immer Spaß gemacht. „Man hat mit den unterschiedlichsten Leuten zu tun“, meint er.
Großer Andrang an den Parkbuchten
Auf dem großen Gelände verteilen sich die Fahrzeuge ausgesprochen weitläufig. Wenig Gefahr also für den roten Corsa, der sich langsam einer Kreuzung nähert. Vorsichtig späht die Fahrerin nach rechts, bevor sie zögernd Gas gibt.
Bei den Parkbuchten herrscht großer Andrang. Kaum einer der Fahrschüler schafft es auf Anhieb, sein Auto rückwärts innerhalb der gekennzeichneten Areale zu platzieren. Loreen (19) hat bereits mehrere Versuche hinter sich, bevor der Wagen korrekt zwischen den Pylonen zum Stehen kommt. Ihr Vater Christian Kaschner ist aus dem Taunuskreis mit ihr hierhergekommen. „Es ist im ganzen Umland das einzige Übungsgelände“, meint er.
Auch Julia Heissler (23) hat noch Probleme, die Abstände einzuschätzen. Gestern habe sie ihre erste Fahrstunde gehabt und heute wolle sie in Begleitung ihres Freundes üben, erzählt sie. Beide haben erst heute von der Schließung erfahren und sind enttäuscht, in Zukunft keine Möglichkeit mehr zu haben, die Fahrpraxis zu verbessern.
Keine Angst vor schweren Unfällen
Nebenan setzt der sechzehnjährige Mert gekonnt den Familienkombi in eine Parklücke. „Ich komme später noch mal mit meiner Tochter hierher, solange es noch geht“, meint sein Vater Ergin Samli.
„Kupplung kommen lassen!“, schallt es vernehmlich aus einem grauen BMW. Auf dem Übungsgelände muss man zwar keine Angst vor schweren Unfällen haben, so manches lautstark knirschend Getriebe schadet aber doch dem Familienfrieden.
Ilmi Alibjro aus Weinheim ist sichtlich empört über die Schließung. „Ich bin Alleinverdiener und kann mir die teuren Fahrschulen für meine drei Kinder kaum leisten“, erklärt er verärgert. Durch die gemeinsamen Fahrstunden könne er viel Geld sparen.
Einparken kommt oft zu kurz
Markus Becker ärgert sich über das Vorgehen der Stadt. „Das muss man unbedingt verhindern, es gibt doch nichts Vergleichbares in der Nähe“, so der Mannheimer. Tochter Julia (18) pflichtet ihm sofort bei: „Wir üben hier Einparken, das kommt doch in der Fahrschule viel zu kurz“.
Die sechzehnjährige Finja Kiss aus Ludwigshafen hat bisher nur Theorieunterricht gehabt. Und, wie ist es bei ihr heute mit der Praxis gelaufen? „Am Anfang etwas holprig, aber dann hat es gut geklappt“, freut sie sich. „Wirklich sehr schade, dass Schluss ist“, betont ihr Vater Mihaly, der heute vorsorglich gleich zwei Stunden gebucht hat.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Schließung des Mannheimer Verkehrsübungsplatzes ist sehr schade