Vereinsleben

So steht es um die Förderung des Ehrenamtes in Mannheim

Mannheimer Vereinsvorsitzende beklagen hohe Gebühren, bürokratische und starre Regeln – loben aber auch manche Ämter der Stadt

Von 
Peter W. Ragge
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Die Gebühren sind gestiegen: Volksradfahren (hier 2022) des Motorsportclubs „Solidarität“ Wallstadt, desen Vorsitzende Manuela Müller die bürokratischen Hürden von Veranstaltungen beklagt. © Christoph Blüthner

Mannheim. Die Politik verspricht es immer – die Förderung des Ehrenamtes. Aber wie sieht die Realität aus? Wir haben eine Zufallsauswahl an Vereinsvorsitzenden gefragt, quer durch die Stadtteile, von Sport über Musik bis zur Fasnacht.

Dieter Kern Vorsitzender Gesangverein „Teutonia“ Feudenheim

„Super“ nennt Dieter Kern die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt während der Corona-Pandemie: „Die haben immer gut erklärt, was wir machen können.“ „Hervorragend“ sei auch die Kooperation mit der städtischen Tochter Veranstaltungen– Tourismus – Marketing (VTM) in Sachen Plakatierung. Dagegen habe es ein halbes Jahr gedauert, bis nach der defekten Beleuchtung im Umfeld der Kulturhalle Feudenheim eine Notbeleuchtung installiert wurde. „Das war sehr träge, sehr zäh“, und die Wege für die Besucher nicht nur seiner Singstunden, sondern aller Abendveranstaltungen lagen lange völlig im Dunklen. Wünschenswert sei generell ein „zentraler Ansprechpartner bei der Stadt, den man auch erreicht“ und Besprechungen „nach 17 Uhr, damit auch Berufstätige teilnehmen können“. Viele Regelungen und Richtlinien der Stadt gingen „schlicht an der Praxis vorbei“. Zudem fände es Kern „sehr hilfreich“, wenn Vereine einen Ansprechpartner bei der Rechtsabteilung der Stadt hätten, um die Haftungsrisiken zu erörtern und dort auch eine Rechtsberatung erhalten könnten oder wenn die Stadt eine Haftpflichtversicherung für alle Ehrenamtliche abschließen würde. Wachsende Haftungsrisiken führten immer mehr dazu, dass Aktivitäten nicht stattfinden, „da die Verantwortlichen sich unsicher sind“, beklagt Kern.

Rolf Braun Präsident Neckarauer Narrengilde „Pilwe“

„Grundsätzlich gibt es an den Mitarbeitern bei der Stadt nichts auszusetzen“, sagt Rolf Braun, dienstältester Präsident in der Mannheimer Fasnacht. Doch ihn stören „die jährlich steigenden Auflagen und die damit verbundenen steigenden Kosten“. So habe der von ihm organisierte Fasnachtszug in Neckarau vor der Pandemie 1800 Euro Kosten verursacht, zuletzt aber 6800 Euro Kosten. Skeptisch ist er auch wegen der strikten Vorgaben für das neue Budget der Stadt zur Förderung von Vereinsveranstaltungen: „Für den neuen Vereinstopf soll ich Kosten anmelden, die ich noch nicht kenne. Mal sehen, was wir aus dem Topf erhalten können“, so Braun.

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Manuela Müller Vorsitzende Motorsportclub Wallstadt, zudem über 30 Jahre in der Interessengemeinschaft Wallstadter Vereine aktiv

„Die Hürden der Genehmigungen sind einfach zu hoch“, kritisiert Manuela Müller. „Niemand ist mehr bereit, etwas zu entscheiden, ohne sich nach allen Seiten abzusichern“, hat sie beobachtet. Die meisten Vereine seien weder zeittechnisch, finanziell und personell in der Lage, alle Auflagen zu erfüllen, was alle Fachbereiche der Stadt ebenso wie das Finanzamt betreffe. „Die Vereine sind zum Teil durch die Auflagen nicht in der Lage, ihre Traditionsveranstaltungen weiter auszurichten“, bedauert sie und nennt als Beispiel die Gebühren für das Volksradfahren oder die Motorradausflugsfahrt ihres Vereins, die so gestiegen seien, dass sie nicht mehr auf die Teilnehmer umgelegt werden könnten. Allerdings lobt Müller, dass zuletzt Genehmigungen schneller bearbeitet und zugestellt würden.

Jürgen E. Wolf Vorsitzender Gemeinnützige Bürgervereinigung Sandhofen

Wolf beschreibt die Zusammenarbeit mit den Ämtern der Stadt bei der Vorbereitung großer öffentlicher Veranstaltungen „im Wesentlichen als durchaus positiv“. Allerdings ärgert er sich über die Gebühren. „Die erschweren die Durchführung von Veranstaltungen, wir erwarten hier allerdings Entlastungen durch das neue Vereinsbudget der Stadt“, so Wolf. Dabei betrachtet er es aber als „Ärgernis, dass die Bürgerschaft für die Nutzung öffentlicher Plätze, deren Errichtung sie selbst bezahlt hat, für die Durchführung der dem Allgemeinwohl dienenden Veranstaltungen auch noch Gebühren zahlen muss“. Auch wenn dies nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“ künftig durch das Vereinsbudget ausgeglichen werden solle, sei das „eine schwer zu ertragende Tatsache“, da sei sich sein ganzer Vorstand einig. Auch bei Genehmigungsverfahren sieht er Verbesserungsbedarf. So würde er sich über den jetzt geplanten neuen Vereinsbeauftragten hinaus eine Stelle bei der Stadt wünschen, wo man die Veranstaltung anmelde und die dann selbst alle Beteiligten wie Ordnungsamt, Verkehr, Feuerwehr, Polizei in eigener Regie anspreche und dann die Genehmigung erteile.

Dominik Mondl Vorsitzender Turnverein Käfertal

Großes Lob äußert Mondl über den Fachbereich Sport und Freizeit der Stadt. „Man hat das Gefühl, auf Augenhöhe zu arbeiten und die gleichen Ziele im Fokus zu haben – im Rahmen, was rechtlich und organisatorisch machbar ist“, sagt er und denkt dankbar and die Unterstützung der Faustball-WM 2023 zurück. Das bezieht er aber nicht auf alle Ämter. Ein großes Problem sieht er darin, dass die Hallenkapazitäten generell zu knapp und die Bedingungen zu unflexibel seien. So dürfe man Hallen erst betreten, wenn die Überlassungszeit beginnt. „Beim Kinderturnen, was von 17 bis 18 geht, heißt das in der Praxis, dass die Stunde frühestens um 17.15 Uhr beginnen kann, bis sich die Kinder umziehen, noch mal aufs Klo gehen“. Er würde sich „eine Aufweichung der starren Zeiten, etwa zehn Minuten früher in die Umkleidekabinen, wünschen: „Da schlägt die Bürokratie die Sinnhaftigkeit“. Selbst Bundesligateams müssten ihr Training früher beenden, „andernfalls macht die Schließanlage nicht mit“. Auflagen und Anträge würden immer mehr, zudem stellten die finanziellen Herausforderungen das größte Problem dar, weil viele Vereine eine alte Bausubstanz hätten, „deren Instandhaltung immer größere Lücken in den Haushalt frisst“. Zwar gebe es Zuschüsse, aber man müsse lange in Vorleistung gehen. Um mehr Ehrenamtliche zu gewinnen, hat Mondl eine Idee: „Die Vier-Tage-Woche wäre ein großer Schub“, und vielleicht könne die Stadt Vorreiter sein und diese Möglichkeit für die Mitarbeiter anbieten, welche sich ehrenamtlich engagieren.

Hansheinrich Beha Vorsitzender DJK St. Pius Neuostheim- Neuhermsheim

Beha kann „von keinen negativen Erfahrungen“ mit Behörden berichten. „Die Beantragung von Veranstaltungen, die Vergabe von Hallenzeiten und dauerhaften Hallenbelegungen läuft, wenn man sich an die von der Stadt vorgegebenen Fristen hält, problemlos“, sagt der Sportvereinsvorsitzende. Manchmal dauerten Anfragen aus der Sicht der Vereine zu lange, „was aber auch der Ungeduld eines Ehrenamtlichen und der Unkenntnis der Abläufe bei den Behörden geschuldet ist“, meint er. Er fühle sich „unterstützt und anerkannt und habe „in persönlichen Kontakt bisher alles klären können“, so Beha zufrieden.

Redaktion Chefreporter

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