Branchenlage nach multiplen Krisen

So steht es um das Fleischerhandwerk in der Region Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald

Wie viele Metzgereien gibt es noch in Mannheim? Wer bildet in der Region Fachverkäuferinnen aus? Und wie viele Leute machen hier überhaupt noch eine Ausbildung zum Fleischer?

Von 
Lea Seethaler
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Knacker werden in einer Fleischerei in die Räucherei geschoben. © Robert Michael/dpa

Mannheim. „Fleischereibetriebe, aber auch Bäckereien und das gesamte verarbeitende Handwerk stehen vor schweren Herausforderungen“, sagt Rolf Koch, Leiter des Geschäftsbereichs Wirtschaftsförderung bei der Handwerkskammer (HWK) Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald. Sie alle benötigten zur Produktion sehr viel Energie und das in allen Energieformen: Die bis zur Verzehnfachung gestiegenen Energiepreise belasteten das Handwerk sehr, zumal der Preisanstieg „nicht annähernd an die Kunden weitergegeben werden kann“, sagt Koch.

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Als Folge werde eine „ohnehin schon enge Gewinnmarge weiter reduziert und sogar ins Minus gekehrt“, betont er. Es sei für das Handwerk wie etwa Fleischereibetriebe deshalb „überlebenswichtig, dass die von der Politik angedachten Maßnahmen zur Energiekostenentlastung schnell und unbürokratisch in den Betrieben ankommen“. Die Handwerkskammer helfe mit gezielten Beratungen zu Kostensenkungen im Energiebereich bereits seit vielen Jahren, betont er: „Auch jetzt bieten wir Beratungen an, um Betriebe darin zu unterstützen, einen möglichen Liquiditätsengpass zu überstehen.“

„Bei Azubis Nachfolger suchen“

In Mannheim gibt es laut HWK noch 30 familien-, beziehungsweise inhabergeführte Fleischerbetriebe. Koch betont: Oft wird es schwierig, einen Nachfolger zu finden, wenn es in der Familie niemanden gibt, der den Betrieb übernimmt. „Wir kennen dieses Problem schon seit Jahren. Deshalb raten wir den Handwerksunternehmern, so früh wie möglich innerhalb der Belegschaft, angefangen bei den Azubis, nach einem potenziellen Nachfolger zu schauen und diesen für die Übernahme zu gewinnen.“

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Die Statistik der letzten Jahre zeigt indes einen Rückgang bei den Ausbildungsabschlüssen zum Fleischer und zur Fleischerin, erklärt Claudia Orth, Leiterin Geschäftsbereich Berufliche Bildung bei der Kammer. Zum 30. November eines Jahres waren im Kammerbezirk bei den Neuverträgen im Jahr 2018 zum Beispiel 16 Fleischer und 17 Fachverkäufer eingetragen. Im Jahr 2022 waren es dann noch fünf Fleischer und fünf Fachverkäufer.

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„Ausbildungsbetriebe tun sich schwer, Nachwuchs zu finden. Manche suchen auch vergebens nach Auszubildenden“, sagt auch Orth. „Dazu kommt, dass es im Kammerbezirk der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald nur noch einen Schulstandort, nämlich in Buchen, gibt. Die Möglichkeit zum Schulbesuch besteht für die Auszubildenden also entweder im Odenwald oder aber in Karlsruhe-Durlach“, betont sie.

Pro regionales Qualitätsfleisch

Und konnten die Kampagnen, etwa die Plakate, die zuletzt auch in Mannheim für das Handwerk warben, irgendwie wirken? „Wenn Sie nach einem messbaren Erfolg fragen, dann können wir mitteilen, dass wir aktuell im positiven Bereich liegen, was neu abgeschlossene Ausbildungsverträgen betrifft“, sagt Orth. Für 2022 prognostizierte die Kammer im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs von mehr als zwei Prozent. Aber Orth bleibt realistisch: Weil die Ausbildungszahlen im Fleischerhandwerk in den vergangenen Jahren weiter zurückgingen, werde auch das immer schwieriger. „Unser Appell richtet sich daher auch an die Verbraucher und ihr Qualitätsbewusstsein. Echte Leistung, regionale Produkte, Hochwertigkeit in der Verarbeitung und Erzeugung müssen wertgeschätzt werden.“ Man hoffe, dass Kunden ihr Verhalten ändern, nicht nur industriell hergestellte Fleisch- und Wurstprodukte kaufen, sondern auf regional erzeugte, biologisch und handwerklich einwandfreie Qualitätsware zurückzugreifen.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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