Projekt

So soll Mannheim grüner werden

Das Start-up Greenscape in Mannheim setzt sich gegen Versiegelung und für mehr Grünflächen ein, um das Stadtklima zu verbessern.

Von 
Kilian Harmening
Lesedauer: 

Mannheim. Dass Mannheim deutschlandweit die Stadt mit dem zweithöchsten Versiegelungsgrad ist, daran möchten die Wirtschaftsstudentinnen Tinh Tran und Helena Gottwald etwas ändern. Konkret: 66 Prozent der Mannheimer Stadtfläche sind mit Beton, Asphalt, Gebäuden oder anderen Materialien bedeckt, durch die kein Wasser mehr in den Boden versickern kann. Entsprechend wenig Grünflächen und natürliche Böden gibt es – das kann Hitze, Überschwemmungen und schlechte Luft verstärken. Zum Vergleich: In Berlin liegt der mittlere Versiegelungsgrad bei 47 Prozent.

Für die beiden Mannheimer Studentinnen, die sich bei der studentischen Initiative „Enactus“ engagieren, ist das der Grund, ihr Start-up-Projekt „Greenscape“ zu leiten und voranzutreiben. Ins Leben riefen sie es Ende 2023, gemeinsam mit einigen Mitstreitern an der Universität. „Greenscapes Mission ist es, prosperierende Städte und Ökosysteme durch mehr urbane Grünflächen zu schaffen“, sagt die 23-jährige Tinh Tran. „Dadurch werden die Temperaturen besser reguliert, Luftverschmutzung reduziert und Biodiversität gefördert.“

Vergangene Woche war es so weit: Auf einer lange brachliegenden, unauffällig umzäunten Fläche gegenüber dem Neuen Meßplatz trafen sich rund 50 Mannheimer Studentinnen und Studenten, um eine Begrünungsaktion zu starten. Zwischen zugewucherten Hügeln, wildgewachsenen Büschen und Überresten einer fast wieder Natur gewordenen Kompostkiste graben die ehrenamtlichen Helfer stundenlang Erde um, damit sie anschließend dort neue – bewusst ausgewählte – Saaten pflanzen können.

Pflanzen für Biodiversität, mehr Bienen, weniger Hitze

Die neuen Pflanzen sollen die Biodiversität fördern, zur Luftreinigung beitragen, insektenfreundlich sein – und klimaresilient. „Denn es wird schon enorm heiß in Mannheim. Das sage ich als jemand, der im fünften Stock wohnt“, meint Tran. Wilden Lavendel pflanzte sie, verschiedene Blüten, um Bienen anzuziehen, Kräuter wie Thymian, außerdem Flieder und selbst Himbeersträucher, möglichst durchmischt. „Wir wollen eine grüne Oase schaffen, die gut ist für die Stadt an sich und für das lokale Mikroklima“, erläutert die VWL-Studentin.

„Enactus“ steht für „entrepreneurial“, „action“ und „us“ und ist eine weltweite gemeinnützige Nichtregierungsorganisation. In Deutschland ist das Netzwerk an über 30 Hochschulen vertreten. Seit 2023 engagiert sich Tran beim studentischen Team in Mannheim, das derzeit zu den stärksten Standorten in Deutschland zählt. „Greenscape“ ist eines der rund zehn Mannheimer Projekte.

Mehr zum Thema

Klima

Mannheims Klimaschützer und ihre „Klagemauer“

Veröffentlicht
Von
Martin Geiger
Mehr erfahren
Internationaler Earth Day

Klimaschutz in Mannheim: 1000 blaue Schuhe setzen eindringliches Zeichen

Veröffentlicht
Von
Valerie Gerards
Mehr erfahren
Jugendliche gesucht

Was jüngere Menschen gegen Klimaangst tun können

Veröffentlicht
Von
Lea Seethaler
Mehr erfahren

Die Begrünungsaktion will auch mehr Wertschätzung für Natur wecken. „Wenn die Leute selbst anpacken, merken sie, wie viel Arbeit dahintersteckt“, sagt Tran. Helena Gottwald betont: Spaß an der gemeinsamen Sache soll im Vordergrund stehen.

Etwas, das Spanisch- und BWL-Studentin Maja Volkmann, eine der vielen Helferinnen und Helfer, gerne unterstützt: „Diesen Impact zu schaffen, die Stadt grüner zu gestalten, finde ich wichtig.“ Sie wünscht sich, dass das Projekt bis zu einer „Sonntagstradition“ heranwächst: „Dass man sagt: Wir gehen heute in den Park und bepflanzen ein paar Grünflächen. Auch für mehr Gemeinschaft in der Stadt, in der man lebt.“

Nur Ludwigshafen hat noch weniger Grün – bundesweit

„Eigentlich ist Luftverschmutzung bereits ein Problem, das 99 Prozent der Menschen betrifft“, weiß Tinh Tran. Jährlich sterben deshalb 10 Millionen Menschen verfrüht, in der EU starben im Jahr 2022 mehr als 200.000 Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung, insbesondere durch Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxid. Deutschlandweit ist mit 67 Prozent nur in Ludwigshafen der Anteil versiegelter Flächen noch höher als in Mannheim – in beiden Städten den vielen industriellen Flächen und dicht bebauten Vierteln geschuldet.

Ziel des jungen Start-ups „Greenscape“ ist jetzt, in Mannheim Fuß zu fassen und Erfahrungen zu sammeln, um später selbst an globalen Projekten mitzumischen. Ende Juni steht für die Studenten der National Cup von „Enactus“ in Deutschland an – wenn Tran, Gottwald und ihr Team dort gewinnen, reisen sie nach Bangkok, um sich dort mit der Mannheimer Idee „Greenscape“ neben den Projekten der weltweiten Initiative „Enactus“ zu behaupten und möglicherweise weitere Förderung zu gewinnen.

Derweil weiß Tinh Tran, wie wichtig ihr selbst Auszeiten in der Natur sind – die sie als Großstadtkind, aus Berlin stammend, vor allem bei ihren Großeltern im ländlichen Raum zu schätzen wusste. In Mannheim ist die Initiative auf Suche nach weiteren privaten oder gewerblichen Flächen, um diese begrünen zu können. „Wir suchen lokale Unternehmen, die auch einen Beitrag zur Verbesserung des Klimas leisten wollen“, so die Studentin.

Freier Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke