Podcast „Mensch Mannheim“

Wie teuer wird die Sanierung des Mannheimer Nationaltheaters?

Kulturdezernent Thorsten Riehle und Intendant Tilmann Pröllochs sehen die Kosten eher sinken. Am Termin der Wiedereröffnung im Herbst 2028 halten sie fest.

Von 
Florian Karlein und Timo Schmidhuber
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Im neuen unterirdischen Orchesterprobensaal des Nationaltheaters kommen die Bauarbeiten derzeit gut voran. © Pressefotoagentur Thomas Tröster

Mannheim. Hat sich die Stadt Mannheim mit der Sanierung des Nationaltheaters übernommen? Immerhin liegen die kalkulierten Kosten mit allem Drum und Dran – also inklusive Baukosten und Mieten für die Ersatzspielstätten – derzeit bei rund 390 Millionen Euro. „Ganz klares Nein“, sagt Kulturdezernent Thorsten Riehle (SPD) in der aktuellen Folge des Podcasts „Mensch Mannheim“. Darin spricht er gemeinsam mit dem Geschäftsführenden Intendanten des Nationaltheaters, Tilmann Pröllochs, über die Sanierungskosten und die Kritik, dass die große Summe andere Ausgaben im Haushalt blockiere.

Zuletzt hatte Politikwissenschaftler Thomas König im Gespräch mit dem „MM“ bemängelt, dass sich Kommunen zu sehr auf Prestigeobjekte stürzten und dadurch die Erledigung der Daseinsvorsorge vernachlässigten. Als Beispiel nannte er die Sanierung des Nationaltheaters. „In einem Punkt irrt er“, sagt Riehle. Eine Stadt müsse mehr bieten als bloße Daseinsvorsorge. „Es glaubt doch niemand, dass sich eine Stadt, die sich nur auf ihre Kernaufgaben, auf ihre Pflichtaufgaben zurückzieht, erfolgreich sein kann.“ Das gelte insbesondere für einen Industriestandort wie Mannheim.

Kann bei der Sanierung des Mannheimer Nationaltheaters noch gespart werden?

Und wie steht es um die Sanierungskosten für das Theater? Im Dezember wurde bekannt, dass die um 62,5 Millionen auf dann rund 390 Millionen Euro steigen. Doch die Mehrkosten, erklärt Pröllochs, setzen sich aus verschiedenen Positionen zusammen: Ein mit 21 Millionen Euro großer Anteil kommt aus Angeboten, die etwa durch Baupreissteigerungen teurer geworden seien als geplant. Darüber hinaus seien weitere mögliche Preissteigerungen für die kommenden zwei Jahre eingeplant (8,5 Millionen) sowie zusätzliches Geld für eine verbesserte Planung, damit die Bauzeit auch eingehalten werde (4,7 Millionen). Nichtsdestotrotz seien auch für eine mögliche Verlängerung der Bauzeit noch sechs Millionen Euro reserviert. Darüber hinaus habe man für die klimagerechte Umgestaltung des versiegelten Goetheplatzes mit mehr Grün zehn Millionen Euro vorgesehen.

Bei den Mehrkosten sei also sehr viel Puffer enthalten, betont der Geschäftsführende Theater-Intendant. „Der Wunsch war, nicht in einer Salami-Taktik immer nochmal, nochmal, nochmal zu kommen.“

Das wir die Kosten so im Griff haben, das ist ein Erfolg.
Thorsten Riehle Kulturdezernent zur Sanierung des Nationaltheaters

Durch den Verzicht auf das mit 23 Millionen Euro veranschlagte Kulissenlager im Hafengebiet müssen von den Mehrkosten noch 39,5 Millionen gedeckt werden. „Wir werden nicht am 1. August 40 Millionen haben müssen. Aber wir müssen ein Konzept erarbeiten, wie wir weiterbauen können und wie wir die Probleme, die dann jeweils da sind, lösen.“

Pröllochs und Riehle sind aber optimistisch, dass gar nicht die vollen kalkulierten Mehrkosten auf Stadt und Theater zukommen – unter anderem weil man eben damit rechne, wie geplant fertig zu werden und deshalb den Puffer für ein weiteres Baujahr gar nicht zu brauchen. Und sie gehen auch davon aus, dass es für den Umbau des Goetheplatzes Fördermittel von Land und EU gibt.

Diskutierten intensiv über die Sanierung des Mannheimer Nationaltheaters: Timo Schmidhuber (v.l.), Tilmann Pröllochs, Thorsten Riehle und Florian Karlein. © Florian Karlein

Und wird man mit den Baukosten hinkommen? Sie am Ende – wie erhofft – gar vielleicht noch senken können? Auf diese Frage antwortet Pröllochs: Wenn er Firmenpleiten ausschließen könne, „dann würde ich sagen ja. Aber es kann immer was dazwischen kommen. Aber sie sehen mich hier heute sitzen und ja, wir schaffen das für 390 Millionen und wir schaffen das bis 2028. Dafür bin ich da, und dafür arbeite ich jeden Tag.“ Er gehe davon aus, dass „wir im Herbst 2028 wieder mit Spielbetrieb eröffnen können“. Und Riehle sagt: „Dass wir die Kosten so im Griff haben und dass wir auch die Bauzeiten so im Griff haben, das ist ein Erfolg.“

Ticketpreise für das Nationaltheater sollen erhöht werden

Riehle betont, dass es keine andere sinnvolle Möglichkeit gebe, als das Theater fertig zu sanieren. Man könne jetzt keine „Reißleine“ mehr ziehen. „Das würde bedeuten, dass wir spätestens nach drei Monaten schadensersatzpflichtig wären gegenüber den Bauunternehmen, mit denen wir Verträge geschlossen haben. Wir haben mittlerweile deutlich über 80 Prozent der Bausummen, die wir ausgeschrieben haben, vergeben. Wir haben also nur noch einen kleinen Teil übrig, über den wir theoretisch sprechen könnten.“ Außer dem Schadensersatz müsste die Stadt auch die insgesamt 120 Millionen Euro Förderung an Bund und Land zurückzahlen. „Wir wären also im dreistelligen Millionenbereich. Demgegenüber stehen maximal 39 Millionen Euro, die wir brauchen zum Fertigbauen.“ Nicht weiterzubauen, wäre „kaufmännisch völlig irre“. Und im Falle eines Baustopps wäre noch nicht einmal die Frage geklärt, was man dann mit der angefangenen Baustelle mache.

Einst die „modernste Bühne“

  • Es ist ein modernistisches Gebäude, mit einem Haus für das Schauspiel und einem für die Oper: Das Mannheimer Nationaltheater am Goetheplatz wurde 1957 eröffnet .
  • Gebaut wurde es nach den Plänen des Architekten Gerhard Weber , einem Schüler des berühmten Architekten Mies van der Rohe.
  • Die Wochenzeitung „Die Zeit“ schwärmte bei der Eröffnung des Gebäudes von Deutschlands „modernster Bühne“.
  • Im Jahr 1986 wurde das Gebäude als Kulturdenkmal ausgewiesen, zehn Jahre später als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ ins Denkmalbuch des Landes Baden-Württemberg aufgenommen und steht entsprechend unter Schutz.
  • Zum Schutzstatus erklärt das Landesamt für Denkmalpflege auf „MM“-Anfrage: Der Schutzstatus meine „nicht unbedingt jedes Türblatt, jedoch grundsätzlich alles, was dem Bauwerk von 1957 original zu-zurechnen ist. Sprich: Das Gebäude steht als Ganzes unter Denkmalschutz “. Grundsätzlich gebe es da allerdings „Spielräume“. Und das zeige die aktuelle Sanierung ja auch. Denn dort gebe es „Maßnahmen in erheblichem Umfang, die alle aus den Nutzungsanforderungen beziehungsweise durch andere baurechtliche Auflagen bedingt sind und keine Forderungen des Denkmalschutzes sind“. imo

In der Podcast-Folge sprechen Pröllochs und Riehle auch darüber, wie die Ersatzspielstätten im Alten Kino auf Franklin und der Oper am Luisenpark (OPAL) von den Theatergästen angenommen werden und wie sich die Abozahlen seit der Corona-Pandemie entwickelt haben. Und sie erklären, wie das Theater selbst dafür sorgt, Geld für die Sanierung einzuwerben. Dazu gehört auch eine Erhöhung der Ticketpreise in der kommenden Spielzeit, wie Pröllochs ankündigt. Er betont aber, dass es das 13-Euro-Ticket für die Oper auch weiterhin geben werde.

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Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

Thema : Mensch Mannheim - Interview-Podcast

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