Traktoren-Demo (mit Video und Fotostrecke)

So lief der Bauernprotest in der Mannheimer Innenstadt

Rund drei Stunden sind Landwirte mit insgesamt rund 350 Fahrzeugen am Montag durch die Mannheimer Innenstadt gezogen. Die positive Resonanz am Straßenrand hat sie freudig überrascht

Von 
Steffen Mack
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Der Traktor-Konvoi in der Augustaanlage. Auf die eigentlich genehmigte Umrundung des Wasserturms verzichten die Fahrer, weil sie schlicht zu viele sind. © Michael Ruffler

Mannheim. Gegen halb drei fährt vor der SAP Arena eine Polizei-Staffel mit sieben Motorrädern vor. Die Beamten sollen den Bauern-Protestzug am Montagnachmittag durch die Mannheimer Innenstadt begleiten. Wartende Traktoren stehen in einer schier endlosen Reihe, die um die Kurve bis auf einem riesigen, gerammelt vollen Parkplatz geht. 70 bis 100 hatten die Organisatoren vorher erwartet. Nun sind es sehr viel mehr, auch einige Lastwagen, Kleintransporter und Pkw. Später wird die Polizei von rund 350 Fahrzeugen sprechen.

An der SAP Arena hat sich der Protestzug um 15 Uhr formiert. Statt der erwarteten 70 bis 100 Traktoren spricht die Polizei am Ende von insgesamt rund 350 Fahrzeugen, darunter auch einige Lkw, Kleintransporter und Pkw. © Michael Ruffler

Auf Plakaten steht etwa „Ist der letzte Bauer erst ruiniert, werden Lebensmittel nur noch importiert“ oder „Die Ampel muss weg“. Dass man sich nicht politisch vereinnahmen lassen will, zeigen indes auch auf einigen Traktoren angebrachte Schilder mit der Aufschrift: „Landwirtschaft ist bunt, nicht braun.“

Unterschiedliche Anliegen

Dass hier nicht alle Teilnehmer nur gegen das von der Bundesregierung beschlossene stufenweise Auslaufen der Subventionen für Agrar-Diesel sind, wird ebenfalls gleich deutlich. Eine Frau hat auf ein Plakat geschrieben, man solle den „grünen Komposthaufen entsorgen“. Sie sagt, es könne nicht sein, dass die arbeitende Bevölkerung „einen Haufen Steuern abgezogen“ bekomme und Bürgergeld-Empfänger immer mehr fürs Nichtstun bekämen. Die Frage, ob sie in einer Partei sei, verneint die Frau ebenso wie die anderen in ihrer Gruppe. Kurz danach räumt indes ein junger Mann etwas verschämt ein, in der CDU zu sein.

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Spricht man mit Bauern, machen sie schnell deutlich, sich nicht vor anderer Leute Karren spannen zu lassen. So beklagt Holger Riffel, der in Sandhofen Mais und Getreide anbaut, eine große Benachteiligung der deutschen Landwirte in mehrerlei Hinsicht. Das gehe schon seit vielen Jahren so. „Wenn ich 70 Kilometer nach Frankreich fahre, dürfen die dort Heizöl tanken.“ Die Bundesregierung und die EU müssten endlich für Gerechtigkeit sorgen.

Kurz nach 15 Uhr setzt sich der Konvoi in Bewegung. Hermann Michl, einer der Organisatoren, nimmt den „MM“-Reporter in seinem Traktor mit. Als der Blick auf die hochmoderne Ausstattung mit Bordcomputer und Bildschirm fällt, hat sich die Hoffnung auf eine Heizung offensichtlich erfüllt. Michl lacht, als er das hört: „Das hier ist ein moderner Arbeitsplatz.“

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Vor und hinter uns fahren noch andere Traktoren vom Spargel- und Erdbeerhof des Seckenheimers. „Schauen Sie auf das Kennzeichen, wir haben alle MA-MI.“ Die Buchstaben drei und vier, man ahnt es, stehen für den Familiennamen.

Schon im ersten Kreisverkehr am Flughafen, das wird auf der rund zweieinhalbstündigen Fahrt überall so sein, stehen freundlich winkende Menschen mit erhobenem Daumen. Michl grüßt begeistert zurück. „Das ist wie Fasnachtsumzug“, lacht er.

Weil die Traktoren hier nach und nach in die Seckenheimer Straße einfädeln, hat sich stadtauswärts ein Stau bis fast zurück zum Carl-Benz-Stadion gebildet. Dann geht es über die Augustaanlage zum Wasserturm. Eigentlich hätten sie die Genehmigung, den einmal zu umrunden, sagt Michl. Aber mit so vielen Fahrzeugen wären ihnen die Verkehrsbehinderung nun zu groß.

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Einige Pkw drängen hinein

Über die Freisprechanlage telefoniert Michl viel mit anderen Fahrern, die ersten sind schon über den Neckar auf der B 44. Auf dem Ring reißt der Konvoi dann immer mehr auseinander, weil einzelne Pkw dazwischendrängen. Aber auch hier sieht man nur freundliche Gesichter am Straßenrand. Auf der Jungbuschbrücke wartet ein Passant mit einem Pappschild. Darauf hat eine Ampel gemalt und durchgestrichen.

Über die positive Resonanz ist Michl sehr glücklich: „Sie müssen bedenken: In ganz Mannheim gibt es nur noch 30 landwirtschaftliche Betriebe.“ Er hoffe sehr, dass sich die Aufmerksamkeit für ihre Lage nicht nur auf diesen Tag beschränke.

Auf der Zielgeraden bei Sandhofen gibt es wieder Verkehrsbehinderungen in beiden Richtungen. Auch Traktoren aus der Pfalz und Südhessen stoßen dazu, man sieht sogar ein Main-Taunus-Kreis-Kennzeichen.

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Großes Feuer zum Abschluss

Auf Feldern zwischen Mannheim und Lampertheim ist die Abschlusskundgebung. Gegen 18 Uhr entfachen die Bauern ein großes Feuer mit eingesammelten Weihnachtsbäumen. Ordnungsbürgermeister Volker Proffen hält eine kurze Rede mit Megafon. Der Christdemokrat gratuliert zu den gut organisierten, friedlichen Protesten und äußert Verständnis für den Unmut. Wichtig sei allerdings, sich nicht von Rechts vereinnahmen zu lassen.

Aus dem Gemeinderat sind auch Proffens Parteifreundin Marianne Seitz, die Grünen Gabriele Baier, Chris Rihm und Matthias Pitz sowie Jörg Finkler aus der AfD-Fraktion gekommen. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen ist auch da. Eisig kalt ist es mittlerweile.

Am Ende ist der Bauernverband-Kreisvorsitzende Wolfgang Guckert, sehr froh, sowohl über die Teilnehmerzahl als auch über die vielen klatschenden Menschen. „Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und wir werden weiterkämpfen.“

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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