Kommentar Bauernproteste in der Region: Die Macht der Bilder

Bernhard Zinke warnt vor den politischen Folgen des landwirtschaftlichen Protestes. Kern des Problems ist eine ganz andere Frage: nämlich die des Preises, den Landwirte am Markt für ihre Produkte erzielen

Veröffentlicht
Kommentar von
Bernhard Zinke
Lesedauer

Mannheim/Rhein-Neckar. Mit ihrem flächendeckenden Protest haben die Bauern am Montag vor allem eines gezeigt: Sie haben demonstriert, wie gut sie organisiert sind. Traktoren tuckerten über die Autobahnen, blockierten Auffahrten und den Mannheimer Ring, versammelten sich um das Gelände rund um die Ludwigshafener Eberthalle. Es war eine Demonstration der Macht der Landwirtschaft. Sie war eindrucksvoll und politisch absolut legitim.

Ob sie letztendlich in dieser Dimension nötig war oder vor allem dem Selbstzweck diente, wirkmächtige Bilder zu erzeugen und auch die eigenen Reihen zu schließen, sei dahin gestellt. Denn die Bundesregierung ist inzwischen zumindest teilweise zurückgerudert und hat die Kfz-Steuer-Pläne für landwirtschaftliche Fahrzeuge wieder kassiert.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.

Klar ist: Die politische Großwetterlage im Lande steht auf Protest. Es herrscht breiter Widerstand gegen jede Änderung, und sei sie – aus Klimaschutzgründen – noch so gerechtfertigt. Natürlich ist es klimapolitisch unsinnig, Diesel steuerlich zu begünstigen. Aber das gilt auch für den Umgang mit Diesel generell, nicht nur für die Landwirtschaft. In einer solchen aufgeheizten Stimmung sachlich zu diskutieren, erscheint kaum möglich. So wollte Robert Habeck mit den aufgebrachten Bauern vor seiner Urlaubsfähre die Problematik diskutieren. Die haben das bekanntlich abgelehnt.

Mehr zum Thema

Traktoren-Demo (mit Video und Fotostrecke)

So lief der Bauernprotest in der Mannheimer Innenstadt

Veröffentlicht
Von
Steffen Mack
Mehr erfahren
Kundgebung (mit Fotostrecke)

Bauernproteste in Ludwigshafen: Beeindruckende Bilder und heftige Kritik

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren
Demos (mit Fotostrecke)

Bauernproteste: Weniger Verkehrsbehinderungen in der Region als erwartet

Veröffentlicht
Von
Bernhard Zinke und Michaela Roßner
Mehr erfahren

Dabei sollten die Landwirte genau schauen, mit wem an ihrer Seite sie nach Neuwahlen rufen und der Ampel das Totenglöcklein läuten. Die Prognose bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, dass die AfD bei der nächsten Wahl große Stimmenzugewinne und zweistellige Ergebnisse einfahren wird. Sie bedient schließlich sehr geschickt das Potenzial der Unzufriedenen. Und die wollen, dass alles wieder so wird, wie es auch früher nie war. Aber ausgerechnet jene AfD postuliert in ihrem Grundsatzprogramm, Subventionen zu streichen und den Wettbewerb zu fördern. Die Landwirtschaft muss sich fragen, ob sie das ernsthaft will.

Metropolregion

Eindrücke vom Bauernprotest in der Metropolregion

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
22
Mehr erfahren

Kernproblem der Bauern sind stattdessen die Preise, die sie für ihre Produkte am Markt erzielen und die in Teilen tatsächlich wirtschaftlich kaum mehr darstellbar sind. Deshalb sollten alle, die am Montag die Traktorenkonvois mit fröhlicher Huperei begrüßt und die Daumen nach oben gereckt haben, sich selbst hinterfragen: Bin ich bereit, für meine Lebensmittel im Supermarkt einen gerechten Preis zu bezahlen? Wenn es darüber einen gesamtgesellschaftlichen Konsens gibt, dann ist die Dieselbesteuerung das geringste Problem.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

VG WORT Zählmarke