Überraschende Kehrtwende

So könnte eine Waffenverbotszone in Mannheim aussehen

Die Stadt Mannheim spricht sich nun doch für eine Waffenverbotszone aus. Im Mai war ein Antrag noch abgelehnt worden. Am Freitag will die Stadt über Details informieren - erste Pläne sind aber bereits öffentlich

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Sebastian Koch
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Mannheim. Die Verwirrung in der Kommunalpolitik ist hörbar. Das soll keinesfalls abwertend, schon gar nicht hämisch verstanden werden - die Ankündigung der Stadtverwaltung einer Pressekonferenz an diesem Freitag hat schließlich auch in dieser Redaktion zu Gesprächsbedarf geführt. „Einladung: Pressekonferenz zur Einführung einer Waffenverbotszone“ ist jene Mail überschrieben. „Nach der Detailauswertung der Polizei ist die Einrichtung einer Waffen- und Messerverbotszone in Bereichen der Mannheimer Innenstadt erforderlich, um die Sicherheit für alle Besucherinnen und Besucher zu erhöhen“, heißt es darin. Die Polizei habe einen „deutlichen“ Anstieg schwerer Straßenkriminalität festgestellt. „Letztlich geht es darum, schwere Straftaten, die mit Messern begangen werden, zu verhindern und die Menschen zu schützen.“

Eine überraschende, fast eine spektakuläre Kehrtwende. Schließlich hatte die Verwaltung noch im Mai empfohlen, einen Antrag der Grünen abzulehnen, der die Einführung von Waffenverbotszonen vorgeschlagen hatte. Am Freitag will der erst vor wenigen Wochen gewählte neue Sicherheitsdezernent Volker Proffen (CDU) nun mit Polizeipräsident Siegfried Kollmar über „den aktuellen Stand der Planungen“ informieren, heißt es. Und auch über die Gründe der Kehrtwende?

Ausnahmen zur Berufsausübung

Die Verwaltung will am Donnerstag jedenfalls keine näheren Informationen zu Gründen und Lage der Zonen geben. Eine Sprecherin verweist auf Anfrage am Morgen stattdessen auf die Pressekonferenz, auf der der Bürgermeister seine erste politische Duftmarke erklären will.

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Zumindest große Teile dieser Pläne sind aber schon am Donnerstagnachmittag in einer Vorlage öffentlich, die am 7. November im Hauptausschuss beraten und am 14. November im Gemeinderat entschieden werden soll. In den vergangenen Monaten seien in Teilbereichen der Innenstadt und angrenzenden Plätzen mehr Straftaten festgestellt worden, „bei denen Messer zum Einsatz kamen“, heißt es darin. So „ist die Einrichtung einer Waffen- und Messerverbotszone in Bereichen, in denen gehäuft Straftaten mit Messern begangen werden und in denen sich regelmäßig Menschenmengen aufhalten, geboten“.

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Laut Vorlage soll in weiten Teilen der Quadrate sowie am Alten Meßplatz, auf der Kurpfalzbrücke, an der Wasserturmanlage und am Bahnhofsplatz das Führen von Waffen und Messern mit einer feststehenden oder feststellbaren Klingenlänge von mehr als vier Zentimetern verboten werden. Das soll freitags bis samstags und samstags bis sonntags zwischen 20 und 6 Uhr sowie an Tagen vor Feiertagen von 20 bis 6 Uhr morgens gelten. Waffen, die in dieser Zeit entdeckt werden, können nicht nur sichergestellt werden - ihr Mitführen kann bestraft werden. Die Vorlage weist Ausnahmen aus, etwa, wenn Messer und Waffen zur Berufsausübung benötigt werden.

Auch erteilt die Vorlage „keine Ermächtigungsgrundlage für anlasslose Kontrollen“. Die dürfen also nur auf Grundlage gesetzlicher Befugnisse durchgeführt werden. Eine Formulierung, die Befürchtungen entgegenwirken soll, die Zonen könnten Racial Profiling - also das Kontrollieren von Personen anhand stereotypischer Merkmale - fördern.

Laut Vorlage verzeichnet die Polizei für 2023 für Mannheim eine „deutlich verstärkte“ Tendenz bei Angriffen mit Messern und „schwerer Straßenkriminalität“. Konkrete Zahlen nennt die Vorlage nicht.

Kehrtwende auf der Breiten Straße

In die Zone fällt die Breite Straße. Am 2. Mai hatte der damalige Sicherheitsdezernent und jetzige Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) erklärt, in der Breiten Straße sei anhand der Zahlen keine Verbotszone nötig. Zudem gebe es die Videoüberwachung. „Wir würden von einer ausdrücklichen Ausweisung einer Waffenverbotszone in der Breiten Straße absehen.“ Zuvor hatte die Polizei die Straße zwar als Gebiet mehrerer Straftaten analysiert, von einer Verbotszone aber abgeraten.

Entsprechend überrascht äußert sich Christina Eberle. Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen hatte im Sommer den dann abgelehnten Antrag vorgestellt. „Mich hat die Ankündigung erstaunt und verwundert“, sagt sie am Donnerstag zu den Entwicklungen. „Die Verwaltung muss deutlich erklären, warum sich die Lage verändert hat.“ Auch Bernhard Boll, sicherheitspolitischer Sprecher der SPD, äußert sich in einer Mitteilung irritiert und nennt die „komplette Kehrtwende“ erklärungsbedürftig. Ihm missfällt das Vorgehen. Es sei „mehr als ärgerlich“, dass der Ausschuss, der erst am 12. Oktober getagt hatte, über Planungen nicht informiert worden sei. Das sei „kein guter Umgang“ und „kein guter Start“ des neuen Dezernenten Proffen, kritisiert Boll.

CDU stellte neuen Antrag

Der SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch begrüßt den Schritt grundsätzlich. „Die Stadt sollte alle gesetzlich zulässigen Mittel nutzen, um die Sicherheit im öffentlichen Raum zu verbessern“, teilt er mit. „Es ist bemerkenswert, dass jetzt nach kurzer Zeit die Kehrtwende erfolgt - aber besser spät als nie.“ Weirauch hatte im November 2022 anhand von Zahlen, die er vom Innenministerium erhalten hatte, die Einführung der Zonen bereits gefordert.

Die CDU hatte einen neuen Antrag in den Gemeinderat eingebracht, der am Dienstag tagte. „Die Situation von Raubüberfällen und Messerattacken mit beinahe tödlichem Verlauf haben im vergangenen halben Jahr insbesondere im Bereich der Mannheimer Innenstadt deutlich zugenommen“, teilte Fraktionschef Claudius Kranz dazu mit und bekräftigt das auch im Gespräch am Donnerstag. Die Verwaltung verwies den Antrag in den Sicherheitsausschuss - der aber erst wieder am 28. November tagt.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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