Mannheim. Fanfaren ertönen, und kaum steht er im Scheinwerferlicht auf der Bühne, gibt es nicht nur Beifall. Mit Johlen und Jubel wird Jochen Braxmeier beim „Weißen Ball“ im Rosengarten begrüßt. Kaum vom Feuerio zum Prinz Jochen I. von Mannem Vorne inthronisiert, erweist sich der 43-jährige Hotelkaufmann und Feuerio-Gardist als redegewandter Regent mit sympathischer wie selbstsicherer Herzlichkeit.
„Du kannst auftreten, machst das mit Herzblut“, freut sich Feuerio-Präsident Bodo Tschierschke, nachdem sich Jochen I. mit seinem Motto, teils in Mannheimer Dialekt gesprochen, vorgestellt hat. „Der Tradition einerseits verpflichtet, awwer wer mich kennt, der wees, e bissl bunt soll´s fer misch schun soi“, ruft er drei donnernde „Ahoi“ aus und macht auch ein bisschen Werbung für die von ihm ins Leben gerufene und vermarktete neue Sektmarke „Mannem Vorne“. „Sie steht für Mannem, genauso wie ich, denn die k´hert beim Feiern ganz äfach uff de Disch“, so der neue Prinz.
Prächtiger Blumenschmuck
„Ein ganz toller Prinz“, äußert sich Stadtprinzessin Larissa I., bereits im November von den „Löwenjägern“ inthronisiert, ganz glücklich. „Ich bin überwältigt von diesem Moment“, schwärmt sie: „Es ist märchenhaft, hier stehen zu dürfen“, sagt sie beim Blick in den Saal.
Der sieht traumhaft aus. 3000 frische Blumen hat das 15-köpfige Team von Otto Blumen unter Leitung von Bernd und Julian Otto für die prachtvolle Dekoration verarbeitet. Weiße Gladiolen, Schleierkraut und Amaryllis sind zu sehen, am Saalhimmel haben die Floristen freischwebende Chrysanthemen-Arrangements drapiert und auf den Tischen sprießen aus meterhohen Glasvasen schneeweiße Rosenenzianblüten, von Schleierkraut und Eukalyptus umspielt. Im Foyer stehen Lorbeerbäume und Aucuben.
Tschierschke dankt daher den Otto-Floristen wie dem Team der Feuerio-Technik unter Leitung von Michael Baake. Dabei darf das Team, weil im Mozartsaal nur wenige Stunden für Auf- und Abbau zur Verfügung stehen, gar nicht sein ganzes Können zeigen. Die Bühne bleibt daher traurig-kahl, statt der gewohnten Pracht gibt es nur Vorhänge, auf die – oft verschwommen und zeitverzögert – von der Rosengarten-Technik ein Teil des Bühnengeschehens per Video projiziert wird. „Etwas anders, etwas moderner“ wolle man damit sein, sagt Feuerio-Vizepräsident Stefan Hoock dazu – doch diese Neuerung kommt nicht gut an.
Aber das ist die absolute Ausnahme an diesem sonst durchweg sehr gelungenen Abend. Hoock, der ihn galant-charmant moderiert, äußert sich „glücklich über den voll besetzten Saal“ – einschließlich vieler Tische auf den Balkonen. Das Tief im vergangenen Jahr, als in Folge der Corona-Pandemie viele Plätze leergeblieben waren, ist klar überwunden, das Programm, die Band „Soundexpress“ und die Stimmung deutlich besser. Das liegt auch daran, dass die Dorint-Gastronomie wieder genügend Servicekräfte aufbietet, die sich sehr bemühen, freundlich und schnell zu servieren.
Schon bei der Eröffnung klatscht das Publikum gleich im Rhythmus mit. Flotte Tänzerinnen in bunten und glitzernden exotischen Kostümen sowie zwei Akrobaten mit rasanten Salti der Viva Brasil Dance Show begeistern die Ballgäste und sorgen sofort für ansteckende Lebensfreude – ein guter Einstieg!
Mahnung an Politiker
Zunächst gilt es, Abschied zu nehmen. Das, so Bodo Tschierschke, wunderschöne, goldige Prinzenpaar“ der vergangenen Kampagne darf noch mal auf die Bühne. „Es waren die vier schönsten Monate in meinem Leben“, dankt „Pilwe“-Prinzessin Daniela II.. „Auch wenn ich diese Bühne heute verlasse, freue ich mich, was die Bühne des Lebens für mich bereithält“, sagt Ben I. Doch dann gehört die Bühne den neuen Regenten – und der Politik. Die ist so stark wie selten vertreten. Die Grünen sind mit 14 Politikern und Kandidaten da, die SPD hat einen ganzen Tisch, von der CDU sind viele Vertreter im Publikum verstreut. Oberbürgermeister Christian Specht wird von den Bürgermeistern Michael Grötsch und Volker Proffen sowie dem künftigen Kulturdezernenten Thorsten Riehle begleitet. „Absoluter Rekord“, hebt Tschierschke hervor, wobei Specht mit sehr viel Jubel und auch Grötsch als – wie der Präsident sagt – „Lieblingsbürgermeister des Feuerio“ besonders herzlich begrüßt werden.
Der Feuerio-Präsident schreibt den Politikern gleich ins Stammbuch, was das Besondere an dem Abend ist. Immerhin werde der letzte große Ball als glanzvollstes Ereignis der Stadt rein ehrenamtlich organisiert – und angesichts enormer fünfstelliger Kosten für Saalmiete, GEMA und Gagen sei das immer schwieriger, trotz einiger Sponsoren wie Oguzhan Alan, Paul Knupfer, Diringer & Scheidel, Odenwald Quelle oder Kurfürstenparfümerie.
Mitreißende Powerfrau
„Der Ball muss weitergehen“, entgegnet OB Specht und dankt dem Feuerio „für das großartige Event“. „Es ist wichtig, dass es diesen Ball gibt“, bekräftigt auch Grötsch. Allerdings widerspricht der lachend, dass er nur deshalb in Pension geht, um danach mal Prinz sei zu können, wie Specht im Spaß vermutet. Schließlich hat der frühere Oberbürgermeister Peter kurz mal den Spruch geprägt, die SPD stelle den OB, die CDU die Prinzen. „Es ist anders gekommen“, sagt Specht süffisant. Und der neue Prinz ist in der ML . . .
Specht gratuliert dem, wie er sagt, „prickelnden Prinzen“ im Namen der Stadt. Dass Jochen I. aus der Prinzengarde kommt, die ihr 125-jährigen Bestehen feiert, sei ebenso ein Beweis für die Bedeutung von Jugendarbeit und Ehrenamt in der Fasnacht wie die Stadtprinzessin, die in der „Löwenjäger“-Garde tanzt.
Noch vor dem Ehrentanz des Prinzenpaars gibt es ihm zu Ehren einen grandiosen Schautanz der Feuerio-Garde. Mit der „Tina T. Tribute Show“ erlebt der „Weiße Ball“ dann einen der besten Showacts der vergangenen Jahre. Sängerin Barby Hess, eine echte Powerfrau, ihre Band und ihre Tänzerinnen interpretieren die größten Hits von Tina Turner so so leidenschaftlich und mitreißend, dass die Gäste sie erst nach zwei Zugaben gehen lassen und alle sich einig sind: „Simply the Best“ – das gilt auch wieder für den „Weißen Ball“. Der endet aber erst gegen 2.30 Uhr, als dann auch „Amokoma“ im Foyer verstummt.
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