Mannheim. Die Durchfahrtsmöglichkeit in Fressgasse und Kunststraße unterbrechen, um den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt zu halten und stattdessen mehr Platz zum Flanieren schaffen - das ist die Idee hinter dem seit März laufenden Verkehrsversuch in der Mannheimer City. Das Projekt hatte der Gemeinderat mit breiter Mehrheit beschlossen, doch seit dem Start gibt es immer wieder Kritik, vor allem vom Handel, der sich um die Erreichbarkeit der City sorgt. Jetzt hat die Verwaltung erstmals seit dem Beginn Verkehrsdaten vorgelegt. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Welche Daten wurden an welcher Stelle erhoben?
Ein Ingenieurbüro hat laut Stadtverwaltung jeweils an einem Donnerstag und an einem Samstag im Juli an vier Stellen gemessen: An der Kreuzung Fressgasse/Erbprinzenstraße sowie an der Kreuzung in der Marktstraße vor dem Beginn der Fahrradstraße zwischen E1 und E2. Darüber hinaus wurde an zwei weiteren Stellen gemessen: in der Kunststraße zwischen O3 und N3 und in der verlängerten Breiten Straße zwischen C1 und N1. Verglichen wurden die Ergebnisse mit eigenen Messungen der Stadt aus vorigen Jahren. Außerdem gab es aktuelle Erhebungen auf dem Luisenring, denen Daten aus dem Jahr 2019 gegenübergestellt wurden.
Wie sehen die Ergebnisse in der Fressgasse aus?
Der Verkehr hat dort deutlich abgenommen. Waren es an der Kreuzung Fressgasse/Erbprinzenstraße im Juli 2021 rund 8100 Fahrzeuge, sind es in diesem Juli nur noch rund 3500. Gleichzeitig zeigen die Messungen an dieser Stelle auch die von vielen Anwohnern beklagte stärkere Belastung der Erbprinzenstraße. Während im Juli 2021 an dieser Kreuzung lediglich rund 1500 Fahrzeuge in die Erbprinzenstraße abbogen, sind es ein Jahr später mit rund 3300 mehr als doppelt so viele. Was den Radverkehr in der Fressgasse angeht, verzeichnet die Messung übrigens ebenfalls eine deutliche Zunahme im Messzeitraum - von rund 800 Radlern auf knapp 1850.
Und welche Ergebnisse gibt es auf dem Innenstadtring?
Dort zeigt die Erhebung nach den von der Stadt vorgelegten Zahlen einen deutlichen Rückgang. Wurden im Juni 2019 - also vor Corona, Hochstraßen-Sperrung in Ludwigshafen und der Sperrung des Fahrlachtunnels - rund 34 000 Fahrzeuge gemessen, waren es im Juli dieses Jahres lediglich rund 27 000 (jeweils in Richtung Kurpfalzkreisel). In die andere Richtung blieb die Zahl mit jeweils um die 16 000 Fahrzeuge weitgehend unverändert.
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Was sagt die Stadtverwaltung zu diesen Ergebnissen?
Verkehrsbürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) erklärt, man habe die erwartete Halbierung des Verkehrs in der Fressgasse erreicht und somit den Durchgangsverkehr herausbekommen. Gleichzeitig freut er sich über „deutlich mehr Radverkehr“.
Was sagen die Vertreter des Handels in der Innenstadt?
Für sie gibt es noch viele offene Fragen. Aus Sicht der Werbegemeinschaft City waren die Ergebnisse in den durchfahrtsgesperrten Straßen zu erwarten, wie ihr Vorsitzender Lutz Pauels erklärt. Dass auf dem Ring deutlich weniger Fahrzeuge unterwegs sind, überrascht ihn dagegen. Ein abschließendes Votum zum Verkehrsversuch gibt es bei der Werbegemeinschaft noch nicht. „Wir können uns derzeit noch nicht festlegen, ob wir die Verkehrsführung in der Innenstadt dauerhaft so haben wollen wie im Moment oder nicht.“ Man müsse nun die Ergebnisse der weiteren Messungen abwarten und auswerten. Nach Ansicht der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar (IHK) lässt sich aus den jetzt vorgelegten Daten nicht erkennen, ob der Verkehrsversuch einen Beitrag zur Verringerung des Durchgangsverkehrs leiste, so Präsident Manfred Schnabel. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, das eingebrochene Konsumklima und die vielen Baustellen und Sperrungen machten es schwer, „die Effekte des Verkehrsversuchs eindeutig zuzuordnen“.
Wie geht es nun weiter?
Geplant sind zwei weitere Messphasen: Jetzt im Herbst und dann nochmal Anfang 2023. Außerdem sollen Marktforscher Passanten, Anwohner und Gewerbetreibende zum Verkehrsversuch befragen. Im Frühjahr soll der Gemeinderat dann eine Entscheidung treffen.
Plant die Stadt noch mal bauliche Nachbesserungen?
Ja. In der Erbprinzenstraße will sie ab Ende September für Entlastung sorgen, indem sie durch die Wegnahme von Parkplätzen die Abbiegespur verlängert. Bei der Sparkasse zwischen D1 und C1 soll die Fußgängerfurt weiter eingeengt werden, damit Autofahrer dort nicht verbotenerweise in die Kunststraße fahren.
Verkehrszahlen unter bit.ly/3QVyNMj
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheimer Verkehrsversuch ist ein Projekt mit Widrigkeiten