Verkehr

So begründet Bürgermeisterin Pretzell die Schließung des Fahrlachtunnels

Die Wiedereröffnung des Fahrlachtunnels verschiebt sich auf das erste Quartal 2023. Im Ausschuss wird nicht nur der Grund dafür bekannt - auch zahlreiche Missstände in den Tunnel-Röhren werden angesprochen.

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Sebastian Koch
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Befahren verboten: Frühestens im ersten Quartal 2023 soll der Fahrlachtunnel wieder nutzbar sein. Bis dahin müssen noch zahlreiche Mängel beseitigt werden. © Christoph Blüthner

Mannheim. Man möchte sich nicht ausmalen, was passiert wäre, hätte es vor dem 3. August 2021 im Fahrlachtunnel etwa einen Brand gegeben. „Die Selbstrettung aus dem Tunnel wäre aktuell nicht möglich gewesen“, fasst die zuständige Bürgermeisterin Diana Pretzell am Dienstag im Ausschuss für Umwelt und Technik die bisherigen Erkenntnisse der Task Force zu den Zuständen im Fahrlachtunnel vor dessen Schließung im Sommer zusammen. Nach der Vollsperrung habe ein Brandrauchversuch Mitte November die Defizite des Tunnels „deutlich gezeigt“, erklärt Alex Stork, Abteilungsleiter für Ingenieurbau und Straßentechnik.

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Ein Resultat: Rauch hätte von der einen Röhre auf die andere übertreten können, wenn Fluchttüren geöffnet worden wären. „Die Ergebnisse der Tests waren relativ ernüchternd“, bilanziert der städtische Projektkoordinator Fahrlachtunnel, Alexandre Hofen-Stein. Schließlich sollte die Röhre, die zur Rettung genutzt wird, rauchfrei sein. „Das war nicht der Fall“, sagt der Koordinator. „Wir haben festgestellt, dass der Zustand des Tunnels ein ganzes Deut schlechter ist als erwartet.“

Um eine Grundsicherheit in den Röhren zu gewährleisten, sind diese vollgesperrt - und werden das auch noch einige Zeit bleiben. War die Stadt bislang noch davon ausgegangen, dass der Tunnel zumindest für Pkw auf einer Spur in beide Richtungen noch in diesem Sommer wieder geöffnet werden kann, muss Bürgermeisterin Pretzell diesen Zeitplan am Dienstag korrigieren: Erst im ersten Quartal 2023 soll die Wiedereröffnung erfolgen.

Vor allem Probleme bei der Lieferung der für die sogenannte Notertüchtigung benötigten Materialien sind demnach für die Verschiebung verantwortlich. „Der Fahrlachtunnel ist diesbezüglich ein Abbild der weltpolitischen Lage“, sagt die Grünen-Politikerin. So mache etwa die Lockdown-Politik im Hafen von Shanghai den Verantwortlichen zu schaffen. Außerdem - „das hat uns auch überrascht“, sagt Hofen-Stein - ist die Ukraine für Deutschland der drittgrößte Lieferant von Ausrüstung für die Elektrizitätsverteilung außerhalb der EU. Wegen des Kriegs würden deshalb benötigte Kabel verzögert geliefert werden.

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Nicht-digitalisierte Baupläne, eine zu spät reagierende Sensorik, 117 veraltete, mitunter in Beton verarbeitete Kabel oder für Rettungswege ungeeignete Türen - die Liste der Mängel und Herausforderungen zur Instandsetzung des Tunnels ist umfangreich und teilweise langwierig. So müssen etwa Kabelschächte geschaffen werden, weil in den veralteten kein Platz mehr für neue Leitungen ist, informiert Hofen-Stein. Die Lage des Tunnels mache das Installieren neuer Türen kompliziert: „Wenn man im Tunnel bohrt, kann es sein, dass das Grundwasser einläuft.“ Die Lösung: Statt dreier Fluchttüren soll zunächst nur eine geschaffen werden, die bei Öffnung mit Gegendruck den Rauch fernhalten soll. „Die eine Tür ist regelkonform und die Minimalvariante.“ Über Mehrkosten könne Hofen-Stein zum jetzigen Zeitpunkt keine „seriöse“ Schätzung abgegeben.

Indes merkt Pretzell an, dass man zwar alles daran setze, die Notertüchtigung bis zur Bundesgartenschau umzusetzen, aber „wir bislang hinsichtlich des Fahrlachtunnels kein Verkehrschaos erlebt haben“. Dies hätten unter anderem Zählungen im Vorfeld des Verkehrsversuch gezeigt, erklärt die Bürgermeisterin.

"Erhebliche Verkehrsmehrbelastung“ aufgrund des gesperrten Tunnels

CDU-Stadtrat Thomas Hornung erkennt an, dass die Task Force für die Lieferverzögerungen keine Verantwortung trage und sie die Komplexität des Themas mit Mindeststandards zu reduzieren versuche. Er verweist aber auf eine „erhebliche Verkehrsmehrbelastung“ aufgrund des gesperrten Tunnels, die sich auf den Verkehrsversuch und die Lebensqualität in der Innenstadt auswirke. „Wir sprechen zwar nicht von einem Chaos, aber von einer erheblichen Belastung für die Bevölkerung.“ Auch Volker Beisel (FDP), Christopher Probst von der Mannheimer Liste oder der SPD-Fraktionsvorsitzende Thorsten Riehle stellen eine deutliche Mehrbelastung durch den Verkehr fest. Grünen-Fraktionsvize Gerhard Fontagnier stimmt ebenfalls zu, „dass neue Straßen mehr belastet werden als vor der Schließung“. Allerdings: „In den Quadraten können wir keine zusätzliche Belastung feststellen“, sagt er.

Probst und Li.PAR.Tie-Fraktionschef Dennis Ulas stellen indes unter anderem Fragen, wie der Tunnel überhaupt 28 Jahre lang Überprüfungen standhalten konnte. „Das hätte man viel früher merken müssen“, sagt Ulas. „Es ist wesentlich, dass wir aufarbeiten, warum es zu dieser Situation gekommen ist“, fordert Probst und verweist auch auf die Infrastruktur von Brücken.

Hofen-Stein erklärt unterdessen, der Brandrauchversuch im November sei „der erste gewesen, der in diesem Tunnel jemals durchgeführt worden ist“. Aus diesem Grund habe man über die Zustände der fehlerhaften Brandschutztüren zuvor nichts wissen können.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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