Mannheim. Es zischt. Die Rakete bahnt sich in immer kleiner werdenden Kreiseln den Weg in den Himmel. Dort explodiert sie in einem grün-roten Funkenregen.
Es ist kurz vor Mitternacht. Das neue Jahr steht kurz bevor – auch wenn am Wasserturm schon so viele Raketen und Böller gezündet werden, als sei es bereits das Jahr 2025.
Ein Viertel des Jahrhunderts ist geschafft. Viele Hoffnungen und Wünsche sind mit der kommenden Zeit verbunden. So zum Beispiel für Xemigin Demirel. Er wünscht sich, dass im Nahen Osten und auf der Welt im Allgemeinen die Kriege weniger werden. Er wünsche sich Frieden und Segen für die ganze Welt, meint er, und zeigt ein Peace-Zeichen in die Kamera. Privat nimmt er sich vor, das neue Jahr stressfreier zu begehen.
Auch Nalin Demirel hat große Wünsche fürs neue Jahr. Eine angenehmere Diskussionskultur wünsche sie sich, sagt sie. Dazu wolle sie auch ihren Beitrag leisten. Außerdem will sie mehr Sport machen.
Viele haben mehr Fitness als Vorsatz für das neue Jahr
Das Thema der Fitness steht bei vielen Menschen vor Neujahr auf dem Gute-Vorsätze-Programm. So zum Beispiel auch im Jungbusch, bei Svenja aus Karlsruhe. Die 31-Jährige nimmt sich vor, mehr für ihre Gesundheit zu tun. Für Silvester ist sie extra nach Mannheim gekommen, um ihre Freundin Louisa zu besuchen. Die 30-Jährige kommt zwar ursprünglich aus Mannheim, lebt aber mittlerweile in Köln. „Wir sind nur zum Feiern hier“, erklären die beiden.
„Mannheim ist besser als Karlsruhe“, betont Svenja lachend. Zumindest, was das Feiern angehe. „Aber schlechter als Köln“, fügt ihre Freundin augenzwinkernd hinzu. Den Countdown wollen die beiden im Kiezkönig herunterzählen und dort auf das neue Jahr anstoßen. Sie wollen drinnen sein, wenn das Geböllere losgehe. „Wir mögen kein Feuerwerk“, sagen die beiden.
Da wären die Freundinnen am Wasserturm tatsächlich falsch aufgehoben. Schon nach kurzer Zeit ist das Mannheimer Wahrzeichen von den Planken aus nicht mehr zu sehen, zu dicht ist der Feinstaub durch das Feuerwerk. Auch die aktuelle Wetterlage trägt dazu bei. Inversionswetterlage heißt die. Das bedeutet, dass eine Sperre in der Atmosphäre den Austausch der unteren und oberen Luftschicht verhindert. Der Deutsche Wetterdienst schätzt jedoch ein, dass sich die Feinstaubschicht auch zügig wieder verzieht.
Funken in allen Farben erhellen den Staub, der durch sie zum Leuchten gebracht wird. Fast sieht es so aus, als würden Polarlichter am Himmel erstrahlen. Immer wieder zischt und knallt es, bevor sich der Goldregen über der Menschenmenge ergießt, die gebannt ihren Blick gen Wasserturm gerichtet hält.
Doch neben den schönen Funken geht auch immer wieder Pappe und anderer Dreck vom Himmel auf die Menschenmenge hinab. In den Fensterscheiben der Häuser spiegeln sich die bunten Sterne. Den vielleicht besten Blick haben die Menschen, die sich rechtzeitig einen Sitzplatz im Burger King am Wasserturm gesichert haben. Von dort lässt sich das Farbenspektakel auch ganz ohne Feinstaubbelastung genießen.
Raketen zischen und Batterien knallen
Der Managementstudent Finn ist mit seinen Freunden aus der Universität unterwegs. Insgesamt seien sie zu zehnt, erklärt er. Sie schauen sich gemeinsam das Spektakel an, wie die Raketen nach oben zischen, wie die Batterien vor sich hinknallen. Auch er hat sich Vorsätze für 2025 gesetzt. „Ich will weiter durchziehen“, sagt er. Er habe einen Youtube-Kanal, den er weiter ausbauen wolle. Außerdem will auch er mehr Sport treiben. Nach dem Feuerwerk will er mit seinen Freunden weiter ins Chaplin ziehen.
Vor dem Wasserturm versammeln sich viele verschiedene Menschen. Es stehen Familien mit ihren Kindern da, die gebannt nach oben schauen. Freundesgruppen warten gespannt auf den Countdown, mit der Sektflasche in der einen und Wunderkerzen in der anderen Hand. Eine Gruppe hat palästinensische Flaggen dabei, die sie in den Nachthimmel strecken. Und die Polizei steht in ihren Kastenwagen bereit und beobachtet die Lage. Sie wird im Laufe der Nacht noch einiges zu tun haben.
Auch kurz vor 0 Uhr bahnen sich noch dutzende Menschen den Weg nach vorne Richtung Wasserturm. Sie sind bepackt mit zahlreichen Feuerwerkskörpern, bereit, sie in die Freiheit loszulassen.
Mit dem neuen Jahr verknüpfen sich viele Hoffnungen und Wünsche, aber auch Sorgen und Ängste. An Silvester scheint wieder vieles möglich zu sein, ein Neuanfang sozusagen – loslassen von den Lastern des alten Jahres.
So auch bei Jonathan und Carlos im Jungbusch. Die beiden wollen weiter an sich arbeiten, im neuen Jahr, sagen sie. Jonathan feiert auf einer Privatveranstaltung ins neue Jahr. 2025 will er mehr Urlaub machen, er freue sich schon auf seine Reise nach Mexiko, die er jedes Jahr macht. Mit auf dem Zettel stehen wie bei so vielen die Themen Fitness und Abnehmen. Er will seine beruflichen Ziele steigern, er arbeite als Bauleiter, erzählt er.
Doch nicht alle feiern nach 0 Uhr im Club oder auf einer Party weiter. Mustafa im Jungbusch will entspannt daheim ’reinfeiern, sagt er. Und auch die Demirels wollen nach dem Feuerwerk am Wasserturm nach Hause gehen und Zeit zusammen mit der Familie verbringen.
Neujahr mit Sekt und Umarmungen
Der große Sekundenzeiger schiebt sich auf dem Ziffernblatt immer weiter in Richtung 0 Uhr. Die Menschen zählen im Sekundentakt ’runter, dann, um Mitternacht, bricht der Jubel aus. Der Himmel erstrahlt in vielen verschiedenen Farben, es knallt und zischt mittlerweile überall. „Frohes Neues“, hört man aus allen Ecken. Die Menschen liegen sich in den Armen, Sektgläser und -flaschen klirren beim Anstoßen. Einige Menschen stehen auf den Ampeln vor dem Wasserturm und strecken Flaggen in den Himmel.
Die Menge schaut weiter bei eisigen Temperaturen dem Treiben am Himmel zu. Nach ungefähr einer Viertelstunde verziehen sich die Ersten dann wieder – in Richtung Club, Privatparty oder in das eigene, warme Zuhause. Doch auch um ein Uhr wird am Wasserturm noch fröhlich weiter geböllert.
Und auch auf den Planken ist längst noch keine Ruhe eingekehrt. Einzelne Menschen zünden die Überreste der Raketen und Böller an, wärmen ihre Hände am Feuer. Währenddessen hat ein Mann seine Karaokemaschine vor einem Geschäft aufgebaut und begleitet die in der Kälte vorbeieilenden Gestalten musikalisch. Doch auch der ein oder andere Schuss aus Schreckschusspistolen zerreißt die Luft.
Im Jungbusch ist von Feierabend ebenfalls noch nichts zu spüren. Vor den offenen Bars haben sich Schlangen gebildet, viele Menschen wollen offenbar nach null Uhr weiterfeiern. Und wo kann man das nur besser als in Mannheim?
Deutlich mehr Feuerwehr-Einsätze als 2023/24
Und auch die Feuerwehr und der Rettungsdienst hatten keine ruhige Nacht. In Mannheim gab es zum Jahreswechsel deutlich mehr Einsätze der Feuerwehr als 2023/24. 36 mal mussten die Feuerwehrleute in den ersten zwei Stunden des neuen Jahres ausrücken, auch vor Mitternacht gab es bereits sechs Alarme.
Der Rettungsdienst war in den ersten zwei Stunden des neuen Jahres ebenfalls stark gefordert. Zwischenzeitlich waren sämtliche Rettungswagen und Notärzte im Einsatz, obwohl die Zahl der Fahrzeuge aufgestockt worden war.
Im Bereich des Wasserturms kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen bei denen die Einsatzkräfte eingreifen mussten. Im weiteren Verlauf kam es hierbei auch zum Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray. Die damit einhergehenden Strafverfahren wegen Widerstand wurden eingeleitet.
4 Polizeibeamte wurden in der Silvesternacht im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen leicht verletzt.
Im Laufe der Nacht wurden innerhalb der Waffen- und Messerverbotszone Mannheim neun Schreckschusswaffen sichergestellt. Die Besitzer sehen nun Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz bzw. gegen die Waffen- und Messerverbotszone entgegen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Jahreswechsel in Mannheim: Zu viele Einsätze