Die Audio-Stadtkarte „Mannheim Under Construction” stellt zivilgesellschaftliches Engagement vor - vom sozialen Projekt bis zur Kulturinitiative. Und zwar online, als interaktive Karte im Netz. „Under Construction“, heißt auf Deutsch „Bauarbeiten im Gange“. Das bedeutet, dass das Engagement ein Prozess ist. Der soll immer weitergeschrieben, -gedacht und -gesprochen werden. Wer eine Idee für ein Projekt hat, das dort erscheinen sollte, kann sich unter under-construction@bermudafunk.org melden.
Der „sprechende“ Ansatz
Der neuartige Stadtplan gewann den diesjährigen Demokratiepreis. Initiiert hat alles Literaturwissenschaftlerin Christina Gehrlein. Sie hat das Projekt auch mit einer 14-tägigen Radiosendung im Freien Radio Rhein-Neckar, dem bermuda.funk, begleitet. Mit ihrem Team hat sie die Karte möglichst nutzerfreundlich und barrierearm gestaltet.
Die Demokratiepreis-Jury befand über die „sprechende Karte“ mit Audio-Elementen: „Wie andere digitale Karten, hilft auch die ,Mannheim Under Construction’-Karte bei der Orientierung. Jedoch geht es nicht darum, eine Adresse zu finden, sondern soziale, zivilgesellschaftliche und kulturelle Initiativen, Aktivitäten, Angebote und Projekte.“ Die Formate umfassten unter anderem Projektvorstellungen, Interviews und Geschichten, „die zum Verweilen, Stöbern, Entdecken und Zuhören einladen“. Die Audio-Stadtkarte zivilgesellschaftlichen Engagements setze den gut gemeinten Rat „Tue Gutes und rede darüber“ digital in die Praxis um, so die Jury.
„Das Projekt holt Menschen, die Gutes tun, aus der urbanen Anonymität hervor und schenkt ihnen Gehör“, so die Juroren. So mache es Demokratie und alle, die daran arbeiten, sichtbar. „Und Demokratie sichtbar zu machen, ist eine Aufgabe, die in unserer Zeit nicht hoch genug geschätzt werden kann.“
Funktion als Archiv
An manchen Orten der Karte sind mehrere Beiträge zu hören, zum Beispiel an der Hildegard-Lagrenne-Straße oder der KZ-Gedenkstätte in Sandhofen. Aktuell finden sich auch viele Beiträge zum Thema „Koloniales Erbe Mannheims“ in der Audio-Karte - da können sich die User „einfach mal umgucken beziehungsweise -hören!“, so das Team.
In der Stadtkarte sind zudem Orte verzeichnet, die im öffentlichen Raum nicht mehr existieren: Das George-Floyd-Mural ist einer der temporären Stadtorte, die ebenfalls in der Karte zu entdecken sind. Auch längere Beiträge sind zu hören, zum Beispiel zu den rassistischen Ausschreitungen im Mannheimer Stadtteil Schönau und den Protesten dagegen.
„Die Idee der Karte kursierte schon länger“, sagt Christina Gehrlein, die beim bermuda.funk auch Aus- und Fortbildungskoordinatorin ist. Der Stadtplan, der nun seit 2021 online ist, wächst stetig. Ergänzend wurden seit April 2022 auch Spaziergänge entwickelt - und jetzt auch angeboten. Neben den Beiträgen schafften sie neben der „Online-Präsenz eine direkte Interaktion mit dem Stadtraum Mannheims“ , so die Organisatoren. So wurde etwa mit Gabriela Kühnhardt-Alvarez (Art Direction und Design) und Daniel Winzen (Entwicklung) an einem Spaziergang gearbeitet, der an verschiedenen Stationen im Mannheimer Stadtraum „Engagement vorstellt und gleichzeitig Archiv und Empowerment sein soll“.
Eine crossmediale Fusion
Die Umsetzung des Gesamtprojekts „Mannheim Under Construction“ konnte im Übrigen durch die Förderung des neuen städtischen Aktionsfonds „Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsradikalismus, Muslimfeindlichkeit, Antisemitismus und Antiziganismus“ gelingen.
Christina Gehrlein richtet derweil auch den Dank an die zahlreichen Initiativen und Projekte, die sich bereits auf der Stadtkarte finden. „Ohne diese Projekte wäre die Stadtkarte nicht das, was sie ist - und noch werden kann.” Das Team hoffe, „dass durch den Demokratiepreis die Stadtkarte noch bekannter wird, viele Menschen die Beiträge hören und zahlreiche weitere Markierungen hinzukommen”, so Gehrlein.
Wie klingt Beteiligung?
Und so hoffen sie und ihr Team auch, dass durch das Projekt die Karte weiter Wege weist - und zwar quer durch Aktivitäten der Zivilgesellschaft. Durch Berichte, Interviews, Geschichten und andere - auch experimentelle - Audio-Formen wird das in Mannheim zirkulierende Engagement so nachhaltig hör- und greifbar gemacht. „Dabei finden sich sowohl kurze, überblicksartige als auch längere Beiträge“, stellt Christina Gehrlein die Bandbreite der Audio-Beiträge vor.
Die das Projekt begleitende Radio-Sendung ist seit Mai 2021 on air und sendet aktuell zwei Mal im Monat, jeden 2. und 4. Mittwoch von 16 bis 17 Uhr im bermuda.funk. Nach jeder Ausstrahlung ist die Sendung eine Woche in der bermuda.funk-Mediathek nachhörbar. Der Hauptpreis beim Demokratiepreis war mit 2500 Euro dotiert. Beim bermuda.funk überlege man aktuell, auch neue Angebote zu Medienkompetenz im Audioformat zu gestalten, macht Gehrlein Lust auf mehr.
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