Mannheim. Mila und Moana sind beste Freundinnen seit der ersten Klasse. Sie teilen Lollis und Lakritzschnecken, Gedanken und Geheimnisse und alles, was sie auf Social Media posten. Die Hausaufgaben machen sie zusammen über Facetime. Seit Schuljahresbeginn ist Alina in der Klasse. Mila findet sie super, Moana mag sie gar nicht. So ist aus dem festen Zweier-Team eine bröselige Dreier-Konstellation und damit ein Problem geworden. Das bleibt auch der Klassenlehrerin nicht verborgen und sie schlägt den Mädchen eine Mediation bei SiS (Seniorpartner in School) vor.
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Seniorpartner in School ist ein bundesweit tätiger Verein für Mitglieder ab 55 Jahren, der ehrenamtlich Mediationen für Schulkinder anbietet. Mit den Mitteln gewaltfreier und wertschätzender Kommunikation sollen diese lernen, Konflikte selbstständig zu lösen.
Schüler lösen Konflikte im Ping-Pong-System
Harry Köhler, seit zwei Jahren im Ruhestand, bildet mit Monika Broska ein Tandem, das derzeit an der Wilhelm-Wundt-Realschule in Neckarau tätig ist. Einen Vormittag in der Woche sind sie im Sanitätszimmer, dem „Raum der guten Lösungen“, anzutreffen, mit einem offenen Ohr für alle Themen und viel Zeit im Gepäck. Die Schüler und Schülerinnen kommen innerhalb der Unterrichtszeit, entweder allein, zu zweit oder zu mehreren, oft auf Hinweis der Lehrer, aber stets freiwillig.
Seniorpartner in School
- SiS bietet Schulkindern Mediationen, Einzelbetreuung und Hilfe zur Selbsthilfe bei Mobbing und Ausgrenzung.
- Ehrenamtlich tätige Senioren durchlaufen eine professionelle Ausbildung zu Schulmediatoren. Finanziert wird der Verein über die Beiträge von 50 Euro pro Jahr, Spenden und öffentliche Gelder.
- Wer sich für SiS interessiert, kann sich über seniorpartnerinschool.de informieren. Außerdem ist SiS am 6. Juli beim Lanz-Park-Fest im Lindenhof mit einem Infostand vertreten.
- Die nächsten Ausbildungsblöcke sind im September, November und Dezember.
Auf dem Tisch steht eine Plüschgiraffe. Sie symbolisiert den Blick aus höherer Warte, der bei Krisenbewältigung angezeigt ist. Nach der Vorstellung werden die Spielregeln geklärt. Dazu gehört, dass nur einer redet, Unterbrechungen nicht erlaubt, Schimpfwörter tabu sind und dass es nicht laut werden darf. Die Redezeit bestimmen die Mediatoren. Das Gespräch verläuft abwechselnd im Ping-Pong-System. Am Ende wird ein Vertrag geschlossen, der von allen zu unterschreiben ist. Der Text wird gemeinsam formuliert.
„Wir lassen die Schüler Kärtchen auswählen, auf denen verschiedene Gefühle dargestellt sind, um ihre Emotionen für sie selbst und für die anderen klarzumachen. Es gilt hier, die Bedürfnisse des Einzelnen herauszufinden und zu mitzuteilen“, erläutert Monika Broska. Köhler ergänzt: „Dabei hören die Streitparteien oft erstmals, was die andere Partei umtreibt und verstehen so die persönliche Bedeutung des Konflikts.“
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Er erklärt das Ziel der Mediation: „Wir bieten keine Beratung, keine Empfehlung und keine Lösung. Wir geben Denkanstöße, denn die eigene Lösung ist immer die beste. Am Ende sollte kein Kompromiss stehen, sondern ein Konsens, idealerweise eine Win-win-Situation. Die Schüler müssen nach dem Gespräch oder auch nach einem zweiten oder dritten nicht als Freunde fürs Leben auseinandergehen, aber friedlich koexistieren.“
Matthias Nuß, Schulleiter der Wilhelm-Wundt-Realschule, findet SiS „toll“. Er meint: „Das ist ein gutes Instrument. Die Schüler und Schülerinnen nehmen das Angebot an, vor allem in den Klassen 5 bis 7, aber auch die Achtklässler. Da ist manches Problem ganz schnell aus der Welt und es gibt keinen Alltagsstress. Ich hoffe, SiS bleibt uns erhalten, auch wenn wir ab nächstem Schuljahr einen Sozialarbeiter mit einer halben Stelle bekommen sollen."
Seniorpartner in School Baden-Württemberg verfügt über mehr finanzielle Mittel
Das Tandem-Team will auf jeden Fall dabeibleiben und meint: „Wir freuen uns, wenn die Kinder sich nach der Mediation wieder besser auf das Lernen konzentrieren können und außerdem wissen, wie man mit Konflikten in Zukunft besser umgehen kann. Solche Erfolge zu sehen und positive Rückmeldungen zu bekommen, ist eine sehr schöne Entlohnung für unseren Einsatz.“
Der Weg zum Mediatoreneinsatz führt über eine Ausbildung. Die Interessenten, die häufig, aber nicht zwingend pädagogische Erfahrung mitbringen, durchlaufen drei viertägige Schulungen, in einem Abstand von etwa vier Wochen. Später müssen sie an regelmäßigen Supervisionen und Fortbildungen teilnehmen. Sie werden Mitglied und müssen sich verpflichten, zwei Jahre als Mediatoren aktiv zu sein.
Doris Steger, Vorsitzende des SiS -Landesverbandes Baden-Württemberg freut sich, dass man nun wieder mehr finanzielle Mittel zur Verfügung hat und mehr Mediatoren ausbilden kann. Sie sagt: „Der Bedarf an den Schulen ist da.“
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