Mannheim. Der Mädchentreff im Jungbusch feiert in diesem Jahr sein 35-jähriges Bestehen. Das Jubiläum wird am 19. Juli mit einem Fest in der Jungbuschstraße 19 gefeiert, das ab 17 Uhr für alle offen sein soll. Aber warum wurde der Mädchentreff vor 35 Jahren überhaupt gegründet und was sind die Ziele der Initiative?
Der Mädchentreff, erklärt die Geschäftsführerin des Stadtjugendrings, Karin Heinelt, ist aus dem Stadtjugendring entstanden, der 1948 gegründet worden war, um eine demokratische, selbstorganisierte Jugendarbeit zu fördern. 1971 wurde wegen einer erhöhten Nachfrage dann eine Hausaufgabenbetreuung gerade für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund eingeführt, weil sie Probleme beim Lernen hatten. Dabei sei schließlich vermehrt aufgefallen, sagt Heinelt, dass die Mädchen ab dem Eintritt in die Pubertät der Hausaufgabenhilfe fernblieben. Deshalb entstand eine Hausaufgabenhilfegruppe speziell für türkische Mädchen.
Räumlichkeiten in der Jungbuschstraße zu klein
Diese Initiative entwickelte sich immer mehr zu einer Gruppe, in der man nicht nur die Hausaufgaben machte, sondern sich langsam ein immer breiter werdendes Angebot etablierte - für Mädchen mit und ohne Migrationshintergrund. 1989 erhielt der Mädchentreff seine aktuellen Räumlichkeiten und feiert dort nun sein 35-jähriges Bestehen, erzählt Heinelt.
Die Grundideen des Mädchentreffs sind die folgenden: Mädchen aus Zuwandererfamilien sollen speziell unterstützt werden und dadurch die Möglichkeit erhalten, einen gefestigten Platz in der Gesellschaft zu finden. Die Mädchen können sich dort treffen und sollen einen Raum zum Wohlfühlen und Entfalten finden. Es gibt zahlreiche Angebote: vom Kochen bis hin zu Kreativangeboten und der Unterstützung bei Hausaufgaben.
Die Rückmeldung sei positiv, sagen die Organisatorinnen: „Die Mädchen benötigten einfach diesen Raum, der abgetrennt ist von ihren Geschwistern, um auch mal Probleme ohne Scham thematisieren zu können“, so Paula Dünnwald, die beim Mädchentreff als Pädagogin arbeitet. Gerade die Trennung der Geschlechter ist für viele Eltern eine Möglichkeit, ihr Kind in den Treff gehen zu lassen. Das sei wichtig, weil bis zu „98 Prozent der Zielgruppe Mädchen mit Migrationshintergrund sind, die sich oft in prekären wirtschaftlichen Lagen befinden und denen es oft an einem eigenen Zimmer fehlt“, erläutert Heinelt.
„Ehemalige berichten immer von ihren positiven Erfahrungen. Gerade Ausflüge bleiben ihnen stark in Erinnerung, was natürlich einen gewissen erlebnispädagogischen Mehrwert bietet“, sagt Nur Bilir, die ebenfalls als Pädagogin im Mädchentreff arbeitet. Der Treff wird von Mädchen von acht bis 18 Jahren besucht.
Es gibt die sogenannten offenen Beratungen, aber Mädchen können auch untereinander, zum Beispiel beim gemeinsamen Kochen, über das sprechen, was sie beschäftigt. „Von der Schule bis zu Beziehungen ist alles dabei“, sagt Dünnwald.
Die offenen Beratungen aber stehen vor einem Problem: In der Jungbuschstraße gibt es zu wenig Platz, um die Mädchen einzeln beraten zu können. Die räumliche Situation sei generell schwierig, weil auch ein Außengelände für Aktivitäten fehle, sagen die Organisatorinnen.
Dennoch erfülle sie ihre Tätigkeit mit den Mädchen beruflich enorm, weil jeder Tag unterschiedlich sei, sagt Bilir. Man ermutige Mädchen, sich weiterzuentwickeln und biete ihnen die Möglichkeit, sich voll zu entfalten. „Das feministische Empowerment, das hier geleistet wird, erfüllt meine Tätigkeit“, erzählt Dünnwald. Außerdem kommt die Dankbarkeit der Mädchen hinzu. „Egal, wie schlecht der Tag gewesen ist: Sobald man die Zeit mit den Mädels verbringt, verbessert sich direkt meine Laune“, erzählt sie.
Der Mädchentreff als sogenannter dritter Ort der Entwicklung
Besonders bei sensiblen Gesprächsthemen ist es den Pädagoginnen wichtig, sich an dem zu orientieren, was die Mädchen von sich aus mitbringen. Es sei dabei zentral, Themen aus ihrer Schambehaftung zu befreien und sie aus der Tabuzone herauszuholen, sagen die Organisatorinnen. Gespräche über sexuelle Aufklärung etwa seien kein „klassischer Aufklärungsunterricht“, sondern würden diesen eher ergänzen. Für die Mädchen sei dabei wichtig, sich in einer Gruppe Gleichgesinnter austauschen zu können, in der Themen besprochen werden können, die aber unter ihnen bleiben. So sei der Mädchentreff zu einem sogenannten dritten Ort geworden, der für die Entwicklung junger Menschen neben der Schule und dem Elternhaus zentral sei, sagt Heinelt.
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