Mannheim. Über 163 000 Besucher und damit mehr als erwartet kamen bis Sonntagabend zur „Fun & Food“, der kleineren Ausgabe der Oktobermess unter Corona-Bedingungen. Daraus schöpfen die Schausteller nun neue Hoffnung. „Wir hoffen, dass auch Weihnachtsmärkte stattfinden können – mit so wenig Regeln wie möglich“, so Stephan Schuster, der Vorsitzende des Schaustellerverbandes. Die große Resonanz auf die „Fun & Food“ habe gezeigt, „dass die Leute froh und dankbar über dieses Angebot sind“, so Schuster. Vergnügungsmärkte seien „das größte und beste Antidepressiva“, meinte er.
Für ihn und seine Kollegen sei das spürbar gewesen. „Wir haben ganz oft gehört, dass die Leute sich gefreut habe, dass wieder etwas los ist“, so Schuster. „Die Leute waren viel freundlicher als sonst, weit über das normale Maß“, fiel auch Manuel Zinnecker von der Überkopf-Schaukel „Avenger“ auf: „Viele waren einfach froh, dass sie mal wieder ’raus und feiern durften!“
Markus Rick, Anbieter kandierter Früchte, hat sogar „noch nie im Leben so viel Trinkgeld bekommen wie hier“, bilanziert er die „Fun & Food“: „Daran merkt man die Dankbarkeit!“ Das ist ebenso Thorsten Goldbach von Goldbach’s Ringewerfen aufgefallen: „An den Gesprächen, den ganzen Reaktionen war spürbar, wie dankbar die Leute sind, dass wieder etwas läuft – sie waren viel zufriedener, weniger Genörgel, richtig gut“, so Thorsten Goldbach.
Auch wirtschaftlich war Goldbach „absolut zufrieden“ – eine Formulierung, die sehr vielen seiner Schaustellerkollegen ebenso über die Lippen kommt. „Grandios angenommen“ wurde laut Marco Schüßler der von ihm betriebene Biergarten: „Es war mega, sehr gut, tolle Stimmung“, schwärmt er, während hinter ihm gerade das Publikum eine Polonaise macht. „Sehr gut“ fällt auch die Bilanz von Justine Osthold vom Stand der Kartoffelspiralen von „Mr. Twister“ aus: „Man hat gespürt, wie froh die Leute waren, wieder Kirmesfeeling zu spüren“, berichtet sie.
Anfängliche Skepsis gesteht Marco Beinhorn vom Fahrgeschäft „Starlight“. „Ich hatte ja nicht geglaubt, dass es so gut angenommen wird, gerade wegen der Dauer von vier Wochen, ich war wirklich angenehm überrascht“. Er sei „sehr froh“, nach Mannheim gekommen zu sein: „Es hat sich in jedem Fall gelohnt“.
„Positiv überrascht“ – diese Formulierung wählt gleichfalls Ariane Haas vom Autoscooter. Dabei seien nicht nur die Umsätze gut gewesen. Sie habe im ganzen Jahr nur zwei Einsätze mit ihrem Autoscooter gehabt, „das setzt einem auch gefühlsmäßig zu“, sagt sie. „Es ist auch psychisch für uns alle wichtig, dass wir wieder arbeiten und Geld verdienen können – wir sind einfach gewohnt, unterwegs zu sein und etwas zu schaffen, nicht nur abzuwarten“, ergänzt Markus Rick. Daher seien die Schausteller der städtischen Tochtergesellschaft Event & Promotion „sehr dankbar, dass sie sich für uns ins Zeug gelegt hat, dass das hier möglich ist“, betont Ariane Haas.
So äußert sich auch Aaron Renz, der mit seinem Lachhaus sonst auf dem – nun abgesagten – Cannstatter Wasen steht und erstmals nach Mannheim kam. „Hut ab, dass Mannheim den Mut hatte, so eine Veranstaltung zu machen“, sagt er dankbar. Es sei „wunderbar gewesen, dass wir herkommen durften – und wir würden gerne wiederkommen“, ist er mit dem Mannheimer Publikum zufrieden.
„Sehr positiv“ lautet auch das Urteil von Schausteller Manuel Reif vom Kinderlaufgeschäft „Wild Kids“: „Als wir vor vier Wochen angefangen haben, hatte Mannheim eine höhere Coronainzidenz als heute – das zeigt doch, dass es an uns und unseren Veranstaltungen nicht liegt“, hofft Reif wie viele Kollegen, „dass nun weitere Veranstaltungen wie die Weihnachtsmärkte stattfinden“. Viele Schausteller, die Weihnachtsmärkte in Hessen, Nordrhein-Westfalen oder dem Saarland beschicken, haben auch längst ihre Zusagen – die Mannheimer nicht.
Wenig Besucher geimpft
Eine interessante Beobachtung machte Axel Ulitzka, Geschäftsführer vom Ricon Sicherheitsdienst, dessen Mitarbeiter für die Einlasskontrolle zuständig waren.
Zur Fun & Food durften nur Besucher, die geimpft, getestet oder genesen waren. Auffällig war, dass von den Mess-Besuchern – insbesondere den jungen Leuten – unter der Woche etwa die Hälfte, an Wochenenden gar 60 Prozent keine Impfung hatten, sondern Tests vorwiesen. „Viele waren auch genesen, teilweise ganze Familien“, so Ulitzka.
Sobald – seit einer Woche – die Tests kostenpflichtig waren, tauchten Besucher auf, die versuchten, mit gefälschten Impfbescheinigungen Einlass zu bekommen.
Seither habe es auch am Impfbus, der mehrfach zur Fun & Food kam, einen großen Andrang gegeben, „weil es die Leute jetzt am Geldbeutel merken, wenn sie nicht geimpft sind“.
Probleme oder Auseinandersetzungen habe es auf der Fun & Food kaum gegeben, „ab und zu eine kleinere Rangelei, mehr nicht“, so Ulitzka: „Bei der hohen Besucherzahl hat uns das überrascht, wir haben mit mehr gerechnet, aber es war sehr friedlich und harmonisch“, sagte er.
„Dabei haben wir gezeigt, dass wir es können“, hebt Markus Rick hervor, der mit seiner Schwester Melanie Rick-Schmidt sowie deren Mann Thomas den Märchenwald auf dem Paradeplatz ausrichtet. Wichtig sei, jetzt bald Planungssicherheit zu bekommen, weil man Personal und Ware disponieren müsse, so Thomas Schmidt: „Wir wollen wissen, woran wir sind. Und wenn es Auflagen gibt, dann welche – und dann werden wir gegenrechnen, ob sie wirtschaftlich machbar sind“, sagt er.
Doch das kann ihm Christine Igel, Geschäftsführerin der städtischen Tochtergesellschaft Event & Promotion, noch nicht sagen. „Es gibt noch keine Entscheidung“, so Igel. Weder seien die Vorgaben der Landesregierung endgültig klar noch deren Auslegung auf kommunaler Ebene.
Mit der „Fun & Food“ ist aber auch sie „sehr zufrieden“. „Ich bin ganz glücklich, dass das Konzept aufgegangen ist“, so die Geschäftsführerin. Alle Beteiligten seien „verantwortungsbewusst mit Corona umgegangen“ und die Schausteller hätten „gezeigt, dass sie verlässliche Partner sind“, sagt Igel. Die Johanniter hatten allle drei Tage sämtliche Schausteller und deren Personal auf Corona getestet – und in den vier Wochen keinen einzigen Fall entdeckt. Die vierwöchige Veranstaltung sei „wirklich rund“ gelaufen. Der stärkste Tag war der Samstag, 2. Oktober mit – über den Tag verteilt – 14 137 Besuchern. Die Obergrenze von 5000 Besuchern, die gleichzeitig auf dem Platz sein durften, wurde nur an einem Samstagabend zweimal kurz erreicht; dann war Einlassstopp, bis wieder Leute den Platz verlassen hatten. Im vergangenen Jahr waren in vier Wochen „Fun & Food“ 90 000 Besucher gekommen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Weihnachtsmärkte in Mannheim schnell genehmigen!