Mannheim. „Seit drei Jahren beobachte ich als Bewohnerin der Vogelstang den Rattenbefall, der sich zur Rattenplage ausgewachsen hat“, teilte eine MM-Leserin dieser Redaktion mit. In der Stadtverwaltung ist das Problem nicht bekannt – zumindest nicht als spezifisches der Vogelstang. „Eine flächendeckende Statistik über Rattenpopulationen in einzelnen Stadtteilen kann nicht erstellt werden und ist nicht vorhanden“, erklärt Stadtsprecher Kevin Ittemann.
Besonders betroffen ist laut Beobachtungen der Leserin der Eisenacher Weg. „Ratten in großer Zahl kommen aus den Regenwasserabfluss-Öffnungen am Gehsteigrand und finden wenige Meter davon entfernt direkt in der Mülltonne Nahrung“, berichtet Helga Funke. Sie vermutet, dass die Bauarbeiten und Erderschütterungen in der Thüringer Straße sowie die Fließrichtung des Kanals die Entwicklung begünstigt haben könnten. Durch ein Bodenloch in der Mülltonne werde den Ratten der Zugang erleichtert, lange, herausgezogene Müllstränge aus dieser Öffnung würden täglich den Müllplatz verunreinigen. Die Leserin kritisiert das nicht ausreichende Engagement der Stadtverwaltung für die Bürgergesundheit.
Weggeworfene Lebensmittelreste locken die Nager an
Dabei sind Rattenplagen ist ein hausgemachtes Problem aller Bürger – nicht nur in Mannheim, sondern deutschlandweit: Wie das Bundesministerium für Landwirtschaft ermittelt hat, wird ein Großteil der Lebensmittel in privaten Haushalten weggeworfen. Rund 75 Kilo Lebensmittel pro Person und Jahr landen im Müll. Das ist nicht nur vermeidbare Lebensmittelverschwendung, sondern auch ein gefundenes Fressen für Ratten.
Auch wenn ein großer Teil der Lebensmittel in verschlossenen Mülltonnen landet, so bleibt doch immer noch eine gewisse Menge für Ratten erreichbar – sei es durch offenstehende Mülltonnen oder durch am Straßenrand weggeworfene Lebensmittelreste. Das nahezu unerschöpfliche Nahrungsangebot lockt die Tiere an und sichert auch die Versorgung ihrer Nachkommen. Je mehr Nahrung verfügbar ist, desto schneller vermehren sich die Tiere – ein Kreislauf, der sich nur schwer durchbrechen lässt. Die Verantwortung liegt dabei nicht allein bei den Behörden, sondern auch bei jedem Einzelnen.
Das Rattenproblem ist ein globales Phänomen. Es betrifft nicht nur deutsche Großstädte, sondern Metropolen weltweit. Ursachen für die steigende Zahl sind neben dem menschlichen Verhalten auch der Klimawandel und die zunehmende Urbanisierung. Eine US-amerikanische Studie zeigt, dass Ratten in wärmeren Städten aufgrund milderer Winter länger aktiv bleiben und besser überleben. Die Tiere finden in Städten ideale Lebensräume. Wärme, Nahrung und Verstecke sind im urbanen Raum reichlich vorhanden. Die Städte bieten den Nagern alles, was sie zum Überleben brauchen – und das nahezu ganzjährig.
In Mannheim treten Ratten laut Stadtsprecher Ittemann vor allem dort auf, wo sich viele Menschen aufhalten und Abfälle ansammeln. „Besonders betroffen sind oft öffentliche Plätze, Müllcontainerstandorte sowie Gebiete mit hoher Gastronomie-Dichte. Das Wegwerfen von Lebensmittelresten im öffentlichen Raum verschärft die Rattenproblematik zusätzlich“, betont er.
Solche Orte bieten den Tieren Nahrung und Unterschlupf – ideale Bedingungen für eine schnelle Vermehrung. Wo Essensreste achtlos entsorgt werden, lassen sich Ratten kaum fernhalten. Die Tiere sind anpassungsfähig, scheu und nachtaktiv – und deshalb schwer zu kontrollieren. Ihre Lebensweise macht es schwierig, sie frühzeitig zu entdecken und gezielt zu bekämpfen.
Das Füttern von Tauben ist ebenfalls Teil des Problems
Um das Problem in den Griff zu bekommen, bittet die Stadtverwaltung um die Unterstützung durch die Bevölkerung, indem Abfälle ordnungsgemäß entsorgt und Lebensmittelreste nicht offen liegen gelassen werden: „Abfälle gehören weder in die Toilette noch auf die Straße. Denn die Essensreste oder Lebensmittelverpackungen verstopfen nicht nur Kanäle und Pumpen, sondern locken auch Ratten an. Essensreste müssen immer über die Bio- oder Restmülltonne entsorgt werden. Keine Essensreste offen in den Hausmüll werfen. Die Deckel der Mülltonnen immer schließen, damit Ratten nicht hineingelangen können“, erklärt Ittemann.
Auch das flächendeckende Füttern von Tauben ist Teil des Rattenproblems. Was die Tauben nicht essen, holen sich die Ratten. Deshalb ist das Auslegen von Futter für Tauben und Ratten laut Polizeiverordnung verboten.
Andere Städte setzen auf unterschiedliche Strategien. Im südschwedischen Malmö werden speziell ausgebildete Jagdhunde eingesetzt, die Rattennester aufspüren. In New York wird seit Jahresbeginn die chemische Sterilisation eingesetzt. In Mannheim setzt der Stadtraumservice Köderboxen mit Fraßködern ein. Die Bauweise verhindert, dass andere Tiere, wie etwa Vögel, Wildtiere oder Haustiere, in Kontakt mit dem Köder gelangen können.
Doch besser als Bekämpfung ist noch immer die Prävention: Keine Essensreste über die Toilette in den Kanal spülen und nirgendwo Müll liegen lassen.
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